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Taubenjagd: Jimmy Veeders Fiasko

Taubenjagd: Jimmy Veeders Fiasko

Titel: Taubenjagd: Jimmy Veeders Fiasko Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Shaw Johnny
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verdammte Schwerkraft machte mir auf Schritt und Tritt das Leben schwer.
    Wir brauchten fast zwei Stunden, um etwas über einen Kilometer zurückzulegen. Tomás’ Wegbeschreibung war perfekt wie immer. Wir folgten dem Gürtel des Orion oder wie die Sternengruppe links auch immer hieß (er hatte nur eine Zeichnung gemacht). Als wir den Gipfel einer besonders gemeinen Düne erreichten, konnten wir die Erdwärmeanlage endlich sehen. Scheinwerfer tauchten die Wüste ringsum in ein dunstiges, gelbes Licht.
    Wir setzten uns in den Sand und ließen uns vom unheimlichen Glühen der riesigen Anlage mit ihren etlichen Gebäuden hypnotisieren. Es war unmöglich, nicht an das zu denken, was uns bevorstand, und ich nahm an, auch die anderen waren in Gedanken damit beschäftigt. Durch die vielen Vorbereitungsarbeiten war ich gar nicht so richtig zum Nachdenken gekommen. Und das war wahrscheinlich auch gut so.
    Bobby unterbrach unser Schweigen: »Wir werden Alejandro wohl umbringen müssen.«
    Ich suchte panisch nach einem Gegenargument. Mir fiel aber nicht viel ein.
    Eine Minute lang sagte niemand etwas.
    Schließlich sagte Buck Buck: »Was sein muss, muss sein.«
    »Es muss doch eine andere Möglichkeit geben«, sagte ich.
    »Den wird niemand vermissen. Ohne ihn wäre die Welt sicher besser dran«, sagte Bobby.
    »Ist das beschlossene Sache?«
    »Jedenfalls für heute Nacht«, sagte Bobby.
    Ich saß im Sand und versuchte, mich mit dieser Tatsache auseinanderzusetzen. Solange es Alejandro gab, könnten Juan, Angie und ich niemals in Frieden leben. Er würde immer eine Bedrohung darstellen. Und jetzt, wo er Juan als Geisel hielt, war mir klar, dass er verschwinden musste.
    Ich grub meine Finger in den Sand und ließ die Körner über meinen Handrücken rieseln. Dann hob ich die Hand langsam
hoch und ließ den Sand hinunterrieseln. Ich ließ ein kleines Häufchen Sand auf meiner Hand und wischte es dann ab.
    Zehn Minuten lang saßen wir schweigend da, reichten einen Flachmann herum und starrten auf die Lichter der Oase. Ich zuckte vor Schreck zusammen, als Buck Buck die Stille unterbrach.
    »Ich habe so viel Sand in meiner Arschritze«, sagte er, »ich könnte eine Sandburg scheißen.«
    Snout lachte und sagte dann: »Ich habe so viel Sandburg in meiner Scheiße, ich könnte eine Arschritze versanden.«
    Es war egal, dass es nur wegen Angst und Erschöpfung so wirkte. Aber in dem Moment waren Buck Buck und Snout die witzigsten Menschen der Welt. Ich musste mitlachen und kurz darauf stimmte auch Bobby ein. Das Lachen war ansteckend. Nach kurzer Zeit wusste ich gar nicht mehr, worüber ich eigentlich lachte. Ich lachte über das Gelächter. Und immer wenn ich versuchte aufzuhören, immer wenn ich versuchte, Luft zu holen, wurde es noch schlimmer. Ich wurde von einem neuen Lachkrampf geschüttelt. Ich rollte fast von der Düne, so sehr lachte ich. Als ich versuchte, die Tränen wegzuwischen, rieb ich mir Sand direkt auf die Hornhaut. Es brannte wie verrückt, aber ich musste nur noch mehr lachen.
    Aber selbst mein hysterischer Lachanfall konnte mein ungutes Gefühl nicht vertreiben. Der große Lacher schien immer mit einer Tragödie einherzugehen.

Fünfundzwanzig
    Anscheinend gab es in einer stillgelegten Erdwärmeanlage nicht viel zu klauen. Jedenfalls vermittelten die dürftigen Sicherheitsvorkehrungen diesen Eindruck. Das Gelände war nur von einem Maschendrahtzaun umgeben. Sonst gab’s da nicht viel. Keinen NATO-Draht. Keine Hunde. Keine coolen, roten Laserstrahlen wie im Film. Nur ein armseliger Maschendrahtzaun wie an einem Schulhof. Da rüberzuklettern war kein Problem.
    Snout war sauer, denn er hatte die Bolzenschneider über die Dünen geschleppt.
    Wir konnten auf dem Gelände keine Bewegungen ausmachen. Nicht einmal Wind. Während der Dünenwanderung hatte ich mir so was wie ein Kriegsgefangenenlager im Film vorgestellt, wo Wachleute am Zaun entlang ihre Runden machen. In Wirklichkeit saßen die Wachleute wahrscheinlich besoffen in einem Büro herum und sahen sich Pornohefte an. Wenn sie überhaupt wach waren. Schließlich erwarteten sie uns ja nicht.
    Die fünf Hauptgebäude des Kraftwerks ragten nicht etwa bedrohlich in den Himmel, sondern lagen eher klotzig, aber niedrig vor uns. Drei kolossale, lagerhallenähnliche Bauten waren direkt an zwei extrem umfangreiche, aber kurze Schornsteine gebaut. Die Hallen verfügten über Laderampen und jeweils mehrere Türen.
Ich nahm an, dass dort die Generatoren untergebracht waren.

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