Taubenjagd: Jimmy Veeders Fiasko
meine persönlichen Geschäfte. Es würde sich auch negativ auf meine Beziehungen auswirken. Wenn sich rumspricht, dass meinetwegen die Oase dichtgemacht wurde, würde mich das einiges kosten.
Du kannst niemanden zu Hilfe rufen. Die Polizei nicht. La Migra nicht. Nichts. Niemanden. Wenn die hineingezogen werden, würde das nicht nur das Leben des Jungen gefährden, sondern auch meines. Viele Leute sind auf die Oase angewiesen, und die kennen keine Gnade.
Ich kann höchstens dafür sorgen, dass Alejandro auf dem Gelände bleibt. Es führt nur eine Straße hinein. Ich kann garantieren, dass Alejandro nicht aus den Dünen herauskommt. Aber deinen Bruder zurückzukriegen, das ist deine Sache.«
Als ich aus dem Fond des Geländewagens stieg, wandte ich mich noch einmal an Tomás.
»Dieser Typ«, sagte ich, »der, den du für diese Information gefoltert hast.«
»Was ist mit dem?«
»Du hast gelogen, oder?«
Tomás sagte nichts.
»Du wirst ihn umbringen, stimmt’s?«
»Nein«, sagte Tomás und sah auf seine Uhr. »Er ist schon tot.«
Bobby, Buck Buck und Snout eine Zusammenfassung der Ereignisse zu geben, dauerte nicht lange. Sie wieder nüchtern zu bekommen, war was ganz anderes. Wer war nur auf die glorreiche Idee gekommen, ihnen die Verantwortung für die Morales Bar zu überlassen?
Und so kam es, dass ich auf dem Beifahrersitz von Bobbys Ranchero saß und auf dem Highway 8 Richtung Yuma unterwegs war. Ich wäre lieber bis nach Yuma durchgefahren, als auf halber Strecke an einer Erdwärmeanlage voller Verbrecher Halt zu machen. Um sich innerlich auf das vorzubereiten, was uns bevorstand, machte Bobby heftige Headbanging-Bewegungen zu einem Song
von Molly Hatchet (aber nicht Flirtin’ with Disaster ). Ich hätte es gern leiser gemacht, aber ich wusste, die Original-Philco-Anlage in Bobbys Kutsche durfte ich nicht anrühren. Snout und Buck Buck fuhren in Buck Bucks Pick-up hinter uns her.
Ich hatte meine Gang dabei, und wir waren gut ausgerüstet. Wir hatten Anhänger mit zwei Quads und zwei Geländemotorrädern dabei. Auf der Ladefläche von Bobbys Ranchero lagen zwei große Taschen mit allen Waffen, die wir finden konnten. Wir waren bis an die Zähne bewaffnet mit allem, was schießt, sticht, explodiert und totmacht. In einer Tasche war sogar ein Schwert. Ein echtes Schwert, Mann! Wenn ich nicht vor lauter Angst so viel Adrenalin im Blut gehabt hätte, wenn dies nicht knallharte Realität gewesen wäre und wenn nicht das Leben eines kleinen Jungen auf dem Spiel gestanden hätte, dann wäre ich mir doch ziemlich lächerlich vorgekommen.
Es war kurz nach Mitternacht und der Mond nur eine ganz schmale Sichel. Ich schaute hinaus in die Wüste, die im schwachen Licht der Sterne lag. Die trockene Buschlandschaft wurde plötzlich von kahlen, geschwungenen Sanddünen abgelöst. Die Veränderung war nicht allmählich, sondern ganz abrupt. Selbst tagsüber gab es hier kein Anzeichen von Leben.
Als das Lied zu Ende war, drehte Bobby die Lautstärke zu einem leisen Dröhnen runter. Seine Hand zitterte leicht. Als er sah, dass ich es bemerkt hatte, machte er eine Faust und schlug mir sachte aufs Bein.
»Gib mir mal ne Kippe«, sagte er.
»Du rauchst doch gar nicht«, sagte ich. »Und schon gar nicht in deinem Baby.« Ich streichelte das Armaturenbrett.
»Halt’s Maul und gib mir eine.«
Ich schüttelte eine Zigarette aus der Packung und reichte sie ihm. Er rollte sie zwischen den Fingern und schnüffelte lange daran. Dann steckte er sie unangezündet in den Mund und sog daran.
Bobby lachte in sich hinein. »Weißt du noch, wie wir in der Junior-Highschool das Päckchen Nelkenzigaretten gefunden haben? Wir haben alle innerhalb von einer Stunde aufgeraucht. Ich
war nie mehr so high wie damals. Alles hat sich gedreht, und ich musste ständig kichern. Dann hat sich mir der Magen umgestülpt. Ich habe so lange gekotzt, bis nur noch Luft kam und irgendwas, das nach Pisse schmeckte. Danach habe ich nie wieder geraucht. Den Geruch von Nelken kann ich immer noch nicht ab. Wenn ich Kürbiskuchen nur rieche, wird mir schon schlecht.«
»Das ist ja der Sinn von Nelkenzigaretten«, sagte ich. »Die Zigarettenfee deponiert die so, dass dumme Jungs wie wir sie finden.«
»Wir haben so viel Mist gebaut. Wir haben so oft in Schwierigkeiten gesteckt. Wenn Leute von Erinnerungen reden, dann meinen die so was. Die ganzen Verrücktheiten. Mann, ich erinnere mich fast nur noch daran, dass wir die ganze Zeit gelacht haben. Wir
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