Taubenjagd: Jimmy Veeders Fiasko
gekommen, um mit deinem patrón zu reden, deshalb werde ich auch mit ihm reden. Geh mir aus dem Weg, cabrón !«, sagte ich, der gefährliche Schlägertyp.
Immerhin erntete ich dafür ein Lächeln.
»Hey, Tomás«, rief ich über die Schulter des Riesen hinweg. Als Tomás in der Dunkelheit zu mir hinüberblinzelte, stieß der Riese mir mit einer Hand gegen die Brust. Für ihn war es wahrscheinlich nur ein kleiner Schubser, aber ich stolperte rücklings und rutschte slapstickmäßig über den Tisch hinter mir, wild mit den Händen in der Luft herumfuchtelnd. Der Tisch kippte um, ich machte unfreiwillig einen Purzelbaum rückwärts und nahm drei leere Gläser mit. Um mich herum flogen die Scherben. Ich landete hart, war aber unverletzt.
Ich stützte mich auf ein Knie. Aus dem Augenwinkel konnte ich sehen, wie Bobby aufstand. Seine Augen fest auf den Riesen gerichtet. Ich gab einen lauten Pfiff von mir, und Bobby schaute mich an. Ich schüttelte nur den Kopf. Bobby setzte sich wieder hin, sichtlich widerwillig. Er zuckte mit den Schultern, lächelte und zog mit einem lauten Lachen eine Stripperin, die in der Nähe stand, auf seinen Schoß.
Ich stand auf und ging wieder zu dem Riesen zurück, der sich zu meiner großen Überraschung gar nicht bei mir entschuldigte. Hinter ihm sah ich Tomás, der mich anstarrte. Ich nickte ihm zu und rief: »Ich habe dir wohl zu viele Trollgeschichten vorgelesen, als du klein warst, und jetzt hast du dir selbst einen Troll zugelegt.«
Tomás’ Augen leuchteten auf, als er mich erkannte. Er drängelte das Mädchen aus der Sitznische, rutschte selbst heraus und stand auf, wobei er mich nicht aus den Augen ließ. Er lächelte. » Hijo de la chingada «, war sein erster Kommentar.
Er kam rübergeeilt und gab dem Riesen einen Klaps auf den Hinterkopf, nicht böse, sondern eher als Belehrung. Der Riese ließ sich nichts anmerken. Er ging zur Seite, sein Gesicht immer noch dieselbe ausdruckslose Maske.
Tomás kam mit offenen Armen auf mich zu. »Jimmy!«
Als ich auf ihn zuging, hielt er mich auf Distanz. »Du riechst nach Bierpisse.«
Tomás nahm mich mit zu seiner Sitznische. Der Cowboy stand am Rand der Nische. Sein türkises Seidenhemd hätte selbst an einem schwulen Jockey noch zu grell gewirkt. Aber ich ließ mich von der Kleidung nicht täuschen. Seine steinharte Schlägervisage drückte nur Verachtung aus. »Jimmy, das ist Alejandro. Und er ist tatsächlich so gemein, wie er aussieht.«
Alejandro nickte mir kaum wahrnehmbar zu. Ein Händeschütteln war in diesem Rahmen und zu diesem Anlass scheinbar zu viel verlangt.
Tomás schlug Alejandro auf die Schulter. »Geh und kümmere dich um das Zimmer!«
Obwohl er weggeschickt wurde, war in Alejandros Gesicht nur ein Hauch von Empörung zu sehen, bevor er ging.
Tomás und ich setzten uns. Ohne Anweisung oder Befehl rutschten die zwei Frauen zu beiden Seiten in die u-förmige Sitznische. Es war ziemlich eng und alle rutschten dicht zusammen. Das Mädchen neben mir legt mir ihre Hand in den Schritt.
»Schön, dich zu sehen, Jimmy«, sagte Tomás. »Es ist unheimlich lange her. Es ist schön, einen alten Freund wiederzusehen. In letzter Zeit hab ich nur neue Gesichter um mich.«
»Was ist mit Mr. Morales?«
» ¿Mi abuelito? Den besuche ich nicht so oft, wie ich sollte. Ich glaube, ihm gefällt nicht, wie ich lebe.« Tomás lächelte.
Ich ließ meine Augen durch den Laden schweifen, dann sah ich die beiden Frauen an und dann wieder Tomás. »Und wie genau lebst du?«
Tomás breitete seine Arme aus. »Das hier ist mein Leben, Jimmy. Oder zumindest ein Teil davon.«
»Gehört dir der Laden?«
»Nicht auf dem Papier. Nie auf dem Papier. Ich benutze ihn als eine Art Büro.«
»Und wie ist so ein Tag im Büro?«
»Als wäre man der Herrscher der Welt«, sagte Tomás und legte den Arm um das Mädchen neben ihm. Sie lachte pflichtschuldig.
Als er mit Alejandro und dem Riesen gesprochen hatte, hatte Tomás einen leichten mexikanischen Akzent gehabt. Aber als er mit mir sprach, merkte ich, wie der Akzent verschwand, außer wenn er hie und da im Tonfall eines Nachrichtensprechers ein spanisches Wort einstreute. Seine Stimme klang entspannt, aber er sprach kontrolliert. Jedes Wort wurde genau abgewogen und deutlich artikuliert.
»Damit gehörst du wohl der oberen Führungsebene an. Vielleicht weißt du das nicht, Tomás, aber die meisten Geschäftsleute, die mit Schlips und Kragen meine ich, die beschäftigen keine Schergen.« Ich
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