Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Taubenjagd: Jimmy Veeders Fiasko

Taubenjagd: Jimmy Veeders Fiasko

Titel: Taubenjagd: Jimmy Veeders Fiasko Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Shaw Johnny
Vom Netzwerk:
ein Hippie? Bist du denn, verdammt noch mal, für jedes hungernde Kind auf der Welt verantwortlich? Die sind da, auch wenn du sie nicht siehst. Was willst du denn dagegen tun? Willst du die ganzen kleinen Kiddies aufnehmen und retten? Willst du die ganze Welt retten?«
    »Nein, das ist es ja. Ich tue gar nichts. Ich versuche es nicht mal. Und deshalb fühle ich mich wie der letzte Arsch.«
    Bobby setzte sich auf. »Hör zu, Mexiko ist wie ein Haus, in dem ein Feuer ausgebrochen ist, und du als Amerikaner bist draußen. Du stehst davor, guckst zu, wie es brennt, und siehst drinnen Leute. Du siehst, wie die Leute bei lebendigem Leib verbrennen, aber du kannst sie nicht retten. Du kannst absolut nichts tun. Du hast zwei Möglichkeiten. Du kannst stehen bleiben und weiter zuschauen oder sagen: ›Das geht mir am Arsch vorbei‹, und weitergehen. Für die Leute in dem brennenden Haus ist das einerlei. Die sind sowieso am Arsch.«
    »Aber wir stecken doch mit drin. Ich bin hergekommen, um eine Nutte zu finden.«
    »Für einen guten Zweck«, warf Bobby ein. »Und erzähl mir nicht, du hättest noch nie eine mexikanische Muschi gehabt, wärst noch nie hier unten in den Puff gegangen.«
    »Ich bin nicht stolz drauf, aber ja, einmal. Aber als ich mit auf ihr Zimmer gegangen bin, aufs Zimmer, wo sie wohnte, wo sie schlief, wenn sie gerade nicht am Ficken war, und sie die Plüschtiere von dem Bett nahm, auf dem wir vögeln wollten, da wurde mir klar, wie beschissen das alles war … wie menschlich und verletzlich und tragisch das Mädchen war … wie ich sie benutzen würde … als wenn das der einzige Zweck ihrer Existenz wäre, da habe ich’s einfach nicht fertig gebracht.«
    »Mann, du machst mir ein schlechtes Gewissen, weil ich in einem Stripladen bin. Vergäll mir doch die Möpse nicht! Eher werde
ich Vegetarier, als dass ich mir von dir die Freude an Titten nehmen lasse. Dazu hast du kein Recht.«
    »Ich bin nicht mehr hier runtergefahren, weil ich nicht mehr mit ansehen wollte, wie Menschen benutzt werden. Jetzt, wo wir hier sind, sehe ich, dass sich nichts geändert hat.« Als ich mich selbst so reden hörte, fragte ich mich, seit wann ich so gefühlsselig und nachdenklich war, und dann fiel mir ein, dass ich schon zig Bier intus hatte.
    »Komm mir doch nicht mit der alten Leier von wegen: ›Wer nicht Teil der Lösung ist, ist Teil des Problems.‹ Ein toller Aufkleber für einen beschissen angemalten VW-Bus. Aber manchmal gibt’s einfach keine Lösung. Also viel Spaß mit dem Problem!
    Siehst du die jüngere Lady da drüben?« Bobby deutete auf ein Mädchen, das sich mit ein paar älteren Mexikanern an der Bar unterhielt. »Die lässt sich für Geld ficken, ob dir’s gefällt oder nicht. Sie könnte sich einen von den campesinos mit den rauen Händen da schnappen. Vielleicht hat sie aber auch Glück und findet so ein Sensibelchen wie dich, das Gewissensbisse hat und ihr all sein Geld gibt und in ihre Kissen heult, weil die Welt so schlecht ist. Auf jeden Fall ist sie am nächsten Abend wieder hier und bläst in einer dunklen Ecke irgendeinen Schwanz. Vielleicht ist das hier besser als die Hütte, in der sie aufgewachsen ist und wo ihr Vater sie dreimal am Tag vermöbelt hat.«
    »So lautet also deine These? Manche Leute sind einfach am Arsch?«
    »Und wenn du was anderes glaubst, bist du der naivste Schwachkopf, den die Welt je gesehen hat. Für einen Großteil der Bevölkerung in diesem Land ist der Strich ein sozialer Aufstieg. Hat der letzte Satz aus Chinatown dir denn gar nichts gesagt?«
    »Vergiss es, wir sind in Mexiko«, sagte ich lächelnd.
    »Genau, Jake. Also geh und rede mit Tomás und hör auf, dir über irgendeine Scheiße den Kopf zu zerbrechen, die du sowieso nicht ändern kannst.« Bobby kippte sich sein Bier in den Hals.
    Als ich mich Tomás’ Sitznische näherte, kam mir der Riese ein paar Schritte entgegen. Er hob seine Hand wie ein Verkehrspolizist.
Größer als ich und mit einer Figur wie das Michelinmännchen, wirkte er wie eine Wand.
    »Ich muss mit Tomás sprechen«, sagte ich lächelnd und versuchte, so harmlos auszusehen wie möglich.
    Mit ausdruckslosem Gesicht schüttelte er seinen Mammutkopf.
    »Ich kenne ihn. Und er kennt mich. Frag ihn!«
    Nicht einmal ein Kopfschütteln, er stierte mich nur gelangweilt an.
    »Hör zu, ich habe einen Scheißabend hinter mir. Verstehst du, was ich sage? Ich rieche nach Pisse und will eigentlich nach Hause. Aber ich bin in dieses Dreckskaff

Weitere Kostenlose Bücher