Taubenjagd: Jimmy Veeders Fiasko
aus einem Dorf im Süden nach Mexicali gekommen.
Hat einem Schleuser Geld gegeben, um in den Norden zu kommen. Wahrscheinlich alles, was sie je verdient oder geklaut hat. Der Schleuser hat sie in der Wüste zurückgelassen. La Migra hat sie zurückgebracht. Jetzt ist sie weit weg von zu Hause, in einer fremden, gefährlichen Stadt. Sie hat kein Geld, ist verzweifelt. Und da kann ich helfen. Sie besitzt marktfähige Aktiva, und ich habe den Markt. Sie arbeitet ein bisschen für mich, und ich helfe ihr, nach Los Angeles zu kommen. Zwischen den Dreharbeiten arbeitet sie hier für Kost und Logis. Ein eigenes Zimmer anstatt einer Hütte aus Pappe und Wellblech in einer colonia . So hat jeder was davon.
Ich habe über ein Dutzend Websites. Bezahlung per Kreditkarte. Jede Woche neue Filme. Ich habe einen Regisseur, der auf der UCLA-Filmhochschule war. Er arbeitet mit Beleuchtung und Sets und allem. Er sorgt dafür, dass alles gut aussieht. Ein guter Name ist das Wichtigste: Spanische Fliegen , Heiße Latino-Rhythmen , Tief in der Tortilla . Die beliebteste Website heißt Braune Beute . Gut, was? Da ist ein Kerl in Grenzeruniform, der gerade ein Mädchen erwischt hat, und er verspricht, sie laufen zu lassen, wenn sie’s mit ihm treibt. Dann tun sie’s, klar, und am Ende schiebt er sie trotzdem ab. Die Website hatte erst so richtig Erfolg, als wir dieses Ende erfunden haben. Den Kunden geht nur einer ab, wenn die Frau so richtig benutzt wird. Aber es ist alles nur Schauspielerei, also was soll’s? Gib den Leuten, was sie wollen. Auch wenn die Leute zum Kotzen sind.
Das wirft einiges ab. Little Piwi brauche ich nur, weil ich gern Cash mit mir rumschleppe, und es gibt jede Menge pinches ladrones in der Stadt. Viele Schurken, die den Unterschied zwischen Gut und Böse nicht kennen.«
Mehr wollte ich wirklich nicht hören. Hatte ich nicht gerade erst mit Bobby darüber geredet, dass ich diese ganze Scheiße nicht mehr mit ansehen wollte? Ich wusste, dass die Welt schlecht war, aber wenn einem das alles so genau vor Augen gehalten wird, ist es doch ein bisschen viel. Vor allem mit dem ganzen Alkohol, den ich im Balg und in meinen Klamotten hatte. Es war, als wäre jeder in
Mexicali entweder Täter oder Opfer oder beides. Ich wollte etwas sagen, musste mir aber immer wieder in Erinnerung rufen, dass ich selbst da war, um eine Prostituierte zu suchen, durfte ich also über andere urteilen? Ich wollte Pop ja glücklich machen, aber in dem Moment wollte ich nichts lieber, als mich zu Hause auf die hässliche, orangefarbene Couch zu knallen.
»Ich suche eine Prostituierte«, sagte ich, ohne eine Redepause abzuwarten.
Tomás hielt inne, verarbeitete, was ich gesagt hatte und lachte laut auf. Er sagte: »Du brauchst ein Mädchen? Darum bist du zu mir gekommen? Warum hast du das nicht gleich gesagt? Ich quatsche und quatsche, und du willst nur einen wegstecken. Such dir eine aus. Oder auch zwei.«
»Nein, so meine ich das nicht. Ich suche nicht irgendeine Prostituierte. Ich suche eine ganz bestimmte Frau. Sie hat mal für dich gearbeitet, glaube ich. Dein Großvater hat mir erzählt, dass du früher am Wochenende Mädchen in seinen Laden gebracht hast.«
Tomás lachte wehmütig. »Das mache ich schon lange nicht mehr selbst. Das war eine meiner frühen unternehmerischen Aktivitäten. Damit habe ich viele Leute glücklich gemacht. Heute kümmert sich Alejandro um die Mädchen. Sie haben Angst vor ihm. Das ist wichtig.«
»Meinst du, ich kann mal mit ihm reden?«
»Wir haben einen ziemlichen Verschleiß an Mädchen. Würde mich nicht wundern, wenn er sich nicht mehr an sie erinnern kann. Ein paar Jahre sind eine lange Zeit. Ganz besonders in Mexicali. Weißt du, ob sie noch hier ist?«
»Keine Ahnung«, antwortete ich. Ich hatte gar nicht daran gedacht, dass sie weggezogen sein könnte.
»Wie heißt sie?« Interessiert setzte Tomás sich auf.
»Yolanda. Den Nachnamen kenne ich nicht. Sie ist etwa fünfundzwanzig. Eins zweiundsiebzig bis eins fünfundsiebzig groß, also für eine Mexikanerin relativ groß. Sie hat lange, schwarze Haare und große, braune Augen, aber das wird dir auch nicht weiterhelfen. Links am Hals hat sie einen Leberfleck oder ein Muttermal,
so groß ungefähr«, sagte ich und beschrieb mit meinen Fingern einen Kreis von etwa zwei Zentimetern.
»Yolanda, groß, Muttermal, alles klar. Kommt mir bekannt vor. Warum suchst du sie?«
»Was glaubst du denn?« Ich beschloss, Pop außen vor zu lassen.
Tomás
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