Taubenjagd: Jimmy Veeders Fiasko
sagte zehn Sekunden lang gar nichts und starrte mich nur an.
»Ich bin nicht mehr der kleine Junge von gegenüber, Jimmy«, sagte Tomás. Er sah mich ernst, aber immer noch freundlich an.
»Das habe ich mitgekriegt.« Ich hielt seinem Blick stand.
»Dann behandle mich nicht wie ein Kind. Du kommst zu mir und bittest mich um einen Gefallen, aber du traust mir nicht«, sagte er und wirkte beinahe verletzt.
»Ich muss einfach diese Yolanda finden. Es ist eine Privatangelegenheit. Ich könnte deine Hilfe gebrauchen, aber wenn du nicht willst, finde ich eine andere Möglichkeit. Ich hätte dich damit nicht behelligen sollen«, sagte ich und rutschte zum Rand der Sitznische.
»Ich habe nicht gesagt, dass ich dir nicht helfen will. Ich wollte nur nicht, dass du denkst, du kannst mir was vormachen. Es ist deine Sache. Das respektiere ich.«
»Kannst du sie finden? Ich bezahle dich auch dafür.«
»Ich will kein Geld. Ich höre mich um. Wenn sie in der Stadt ist, finde ich sie. Gib mir deine Telefonnummer. Ich rufe dich an, wenn wir sie gefunden haben.«
»Ich kann zahlen. Das kostet Zeit. Macht vielleicht viel Mühe.«
Tomás lächelte. »Sehe ich so aus, als bräuchte ich Geld?«
»Nein, aber du siehst so aus, als würdest du den Hals nicht voll kriegen.«
Tomás lachte und winkte die Mädchen zurück zu unserer Sitznische.
Acht
Tomás bestand darauf, dass ich blieb, noch etwas trank und mich mit einem der Barmädchen amüsierte. Auch wenn es nicht Yolanda war. Aber nach einigem Hin und Her konnte ich ihn davon überzeugen, dass es mir für den Abend reichte. Wir vereinbarten, was zu tun war, und Tomás versprach, mich anzurufen, sobald er etwas über Yolanda erfuhr.
Ich rutschte aus der Sitznische und beugte mich über den Tisch, um Tomás die Hand zu schütteln. Als ich an Little Piwi vorbeiging, sah ich ihn ganz böse an, was ihm nicht einmal ein Grinsen entlockte. Gleichzeitig betrunken und verkatert schleppte ich mich an Bobbys Tisch zurück.
Bobbys Gesicht war tief zwischen den üppigen Brüsten einer Neunzig-Kilo-Frau vergraben. Sein Lachen blubberte fast unhörbar in der Tiefe, während die mit einer platinblonden Perücke gekrönte Tänzerin ein echt klingendes Kichern hervorbrachte. Sie wand sich auf seinem Schoß und rieb sich spielerisch an ihm, was aber sicher wehtat. Ständig um Gleichgewicht und Halt bemüht, packte Bobby mit einer Hand ihren Hintern.
Ich stand am Tisch und wartete darauf, dass Bobby zu mir aufschauen würde. Tat er aber nicht. Ich trat ihm leicht vors Schienbein. Immer noch nichts.
»Es wird Zeit«, schrie ich über die Musik hinweg.
Bobby antwortete mit vom Fleisch der Frau gedämpfter Stimme. Es klang wie: »Willst du Wicht, dass wir dich zu Mus pürieren?« Aber ich bezweifelte, dass er das gesagt hatte.
»Was?«, schrie ich und wurde langsam sauer.
Bobby lehnte sich genervt zurück. »Ich hab gesagt: Siehst du nicht, dass wir uns amüsieren? Marguerita, Jimmy Vee. Jimmy Vee, Marguerita.«
»Komm schon, Mann. Ich bin fertig und ich stinke zum Himmel.«
»Du bist so eine Heulsuse. Ich brauche nicht mehr lange«, sagte er und kniff Marguerita in den Hintern. Sie ließ ein schrilles Kreischen hören.
Ich ging zum Ausgang und rief zurück: »Ich warte in deiner Karre auf dich.«
»Das ist ein Pick-up«, verteidigte Bobby automatisch seinen Ranchero, um sich dann wieder in den Busen der Frau zu vertiefen.
Als ich auf die Straße hinaustrat, zündete ich mir eine Zigarette an. Ich inhalierte tief und wünschte, es würde noch die gleiche Benommenheit verursachen wie damals, als ich angefangen hatte zu rauchen. Gnädigerweise hatte die Nacht die zermürbende Hitze der Wüste gelindert. Eine angenehme Brise wirbelte den Rauch um meinen Kopf. Ein Nickerchen auf der Ladefläche von Bobbys Ranchero schien gar keine so schlechte Idee.
Alejandro kam rüber und deutete mit dem Kopf auf die Zigarettenschachtel in meiner Hand. Das internationale Zeichen für: »Kann ich eine Kippe schnorren?«
Ich gab ihm eine Zigarette und Feuer.
»Ich wusste gar nicht, dass Tomás Freunde hat«, bemerkte er wie beiläufig, aber unterschwellig klang etwas Ernstes mit.
»Ich habe den Eindruck, er hat eine Menge Freunde.«
»Er kennt jeden, ja. Aber jemanden, dem er traut?«
»Okay …«, sagte ich.
»Ich habe euch beobachtet. Wie ihr euch unterhalten habt. Er vertraut dir.«
Mir gefiel die Richtung nicht, die das Gespräch nahm. Seine Stimme hatte etwas Drohendes an sich.
Dann sagte
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