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Taubenjagd: Jimmy Veeders Fiasko

Taubenjagd: Jimmy Veeders Fiasko

Titel: Taubenjagd: Jimmy Veeders Fiasko Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Shaw Johnny
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Pissbecken. So spät nachts waren nur wenige Leute in der Halle und die versuchten, dort zu schlafen. Außerdem standen in einer Ecke ein paar betrunkene Jugendliche, die lauthals Pornos miteinander verglichen, die sie irgendwo entdeckt hatten.
    Bobby und ich gingen quer durch die Halle zu einem langen Gang, der zur »Begrüßungsstelle« führte. Ich stützte mich mit einer Hand an der Wand ab und fuhr mit den Fingern an den Linien des unechten Mosaiks entlang. Ich konnte nicht ausmachen, was es darstellte. Einen Fisch vielleicht oder eine Schlange. Auf jeden Fall wirkte es in der Sterilität der Behörde vollkommen deplatziert. Es sah aus, als hätte der Mensch, der das Bilderbuch Die kleine Raupe Nimmersatt gezeichnet hat, sich an Quetzalcoatl versucht.
    Zwei Grenzbeamte hatten Dienst. Der Weiße am Schalter sah aus wie jemand, der drei Stunden täglich Gewichte stemmt und sich dabei unentwegt im Spiegel anschauen muss. Aufgepumpter Oberkörper mit Show-Muskeln. Der Latino hatte für sein Alter eine gewaltige Plauze. Um mit fünfundzwanzig schon so einen prallen, runden Bauch zu bekommen, muss man sich schon ganz besondere Mühe geben. Beide sahen gemein und dumm aus.
    Bobby setzte ein besonders dummes Grinsen auf. »Hallo Leute, wie geht’s? Sie würden jetzt bestimmt auch lieber einen trinken gehen, was?«
    Der Weiße sah uns beide an, musterte zuerst Bobbys Gesicht genau und dann meines. »Meine Güte, was ist Ihnen beiden denn
zugestoßen? Haben Sie einen Unfall mit einer Käsereibe gehabt?« Er klopfte seinem Kollegen auf die Schulter, der brav lachte.
    »Der war gut«, sagte Bobby. »Wir sind überfallen worden. Sie wissen ja, wie das ist. Sind runter nach Chicali, um was zu trinken. Ein paar Cowboys haben sich dran gestört, wie wir ihre chicas angeguckt haben.«
    »Können wir das bitte hinter uns bringen?«, fragte ich müde und genervt.
    Bobby stieß mich ganz leicht mit dem Ellbogen an. Aber da mein ganzer Körper ein einziger Bluterguss war, jaulte ich auf.
    »Wie Sie sehen, sind wir ziemlich fertig. Reif für die Koje«, sagte Bobby. Die beiden Grenzbeamten sahen einander an. Der Latino, der bisher nichts gesagt hatte, nickte ihm zu. »Können wir mal Ihre Pässe sehen?«
    Bobby nahm seinen aus seiner Gesäßtasche und gab ihn dem Mann.
    »Wo sind Sie geboren?«, fragte der Beamte. Er hielt den Pass hoch und sah zwischen dem Foto und Bobbys Gesicht hin und her.
    »Direkt hier in El Centro. Regionalklinik Imperial Valley heißt das jetzt. Damals war es einfach ›das Krankenhaus‹.«
    Der Beamte schüttelte mit dem Kopf und grinste. »In Ordnung, gehen Sie durch.« Dann wandte er sich mir zu: »Pass.«
    Ich griff in meine Gesäßtasche und dann fiel mir ein, dass mein Pass in meinem Stiefel steckte. Ich setzte mich auf den Boden, schnürte meinen Stiefel auf und zog daran, um meinen Fuß herauszubekommen. Der Pass war weg. Ich sah zu den Grenzbeamten und Bobby hoch. Alle schüttelten mit dem Kopf.
    »Sieh mal im andern nach«, sagte Bobby.
    Ich zog den anderen Stiefel aus und schüttelte ihn. Mein Pass fiel auf den Boden. Dann zog ich meine Stiefel wieder an. Ich hatte Mühe, den dünnen Pass von der glatten Fliese aufzuheben. Er rutschte immer wieder weg. Schließlich bekam ich einen Fingernagel darunter und überreichte ihn dem Beamten. Es kam mir vor, als hätte ich eine ganze schmerzhafte Minute gebraucht, um wieder aufzustehen.
    »Wo sind Sie geboren?«, frage der Beamte. Er kniff die Augen zusammen, als er das Foto betrachtete, und blätterte dann durch die hinteren Seiten mit ihrem Sammelsurium von Stempeln.
    »In Brawley, Kalifornien. Hier. Was soll das? Sie wissen doch, dass wir hier wohnen. Sie wissen, dass wir Amerikaner sind. Können wir nicht einfach zurück in unser Land?«
    »Sie reisen aber viel. Sie waren schon in vielen Ländern.«
    »Ja«, sagte ich und wurde noch ärgerlicher.
    »Haben Sie irgendetwas dabei, was Sie angeben sollten?«
    »Warum haben Sie ihn das nicht gefragt?«, fragte ich und deutete auf Bobby.
    Bobby rollte mit den Augen, um mir mitzuteilen, dass er mich für das dümmste Arschloch aller Zeiten hielt.
    »Haben Sie Drogen, Alkohol, Feuerwerkskörper, landwirtschaftliche Erzeugnisse oder irgendetwas anderes dabei, von dem ich wissen sollte?«
    »Landwirtschaftliche Erzeugnisse?«
    »Obst oder Gemüse.«
    »Ich weiß, was landwirtschaftliche Erzeugnisse sind. Nein, ich habe keine Drogen, Feuerwerkskörper oder landwirtschaftlichen Erzeugnisse bei mir. Aber Alkohol.

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