Taubenjagd: Jimmy Veeders Fiasko
Verdammt, ich habe zwei Kinder, auch wenn ich sie nie sehe. Die Kinder machen Gris mehr Angst als mein schlechter Ruf. Als sie das erste Mal hier war und die Bilder von mir mit den Mädchen gesehen hat, da wurde sie irgendwie komisch. Ich glaube, sie hat Angst, sich zu binden. Verdammt, ich mag sie. Ich hoffe, es klappt mit ihr. Aber bis jetzt war ich nicht gerade vom Glück verfolgt.«
Aus der Art, wie Bobby die Geschichte abgeschlossen hatte, folgerte ich, dass dieser Gesprächsfaden zu Ende gesponnen war. Ich nickte und gab ihm einen kameradschaftlichen Schlag auf die Schulter. Eine armselige Sympathiebekundung, aber mehr hatte ich nicht auf Lager.
Bobby musste nach seinen Feldern sehen, deshalb bat ich ihn, mich am Friedhof abzusetzen.
Ich hätte mir als letzte Ruhestätte einen anderen Friedhof als Terrace Park ausgesucht. Erstens kein Gras, zweitens keine Bäume und schließlich nicht einmal Blumen, außer einer knorrigen Oleanderhecke an der Nordseite. Terrace Park lag an einem überwucherten, vom Alamo geschaffenen Cañon und sah aus, wie der perfekte Ort, um eine Leiche loszuwerden, war aber ein eher seltsamer Ort für einen Grabstein. Eine moderne Totenstadt für Verstorbene, denen es eh egal ist, und Angehörige, für die der Besuch eine einmalige Angelegenheit ist.
Meine Hosenbeine fingen Staub, als der Bobcat-Bagger ein neues Loch in die harte, ausgedörrte Erde grub. Die unangenehmen
Scharrgeräusche hallten im flachen Cañon wider, bis die Schaufel endlich Halt fand und begann, Pops Grab auszuheben. Es war direkt neben dem meiner Mutter und ich betrachtete ihren Stein neugierig, aber mit gemischten Gefühlen. Barbara Veeder. Ich hätte gern mehr empfunden, aber ich hatte sie nie kennengelernt. Meine Mutter war nur ein Name und ein Foto an der Wohnzimmerwand. Keine Erinnerungen. Nur Geschichten. Wir hatten keine gemeinsame Vergangenheit, außer der Tragödie meiner Geburt.
Ich stand da mit vier Mexikanern, wir alle die Hände in den Taschen. Wir sahen dem Bobcat bei der Arbeit zu. Fünf Männer, die in ein Loch starren. Pops überteuerter Sarg stand vor uns. Ich fühlte mich verkatert, überhitzt und overdressed.
» ¿Su familia? «, fragte einer der Mexikaner.
» Mi padre «, antwortete ich.
» Mi más sentido pésame .« Er bekreuzigte sich. Die anderen nickten.
» Gracias «, sagte ich, sah jeden Mann einzeln an und nickte.
Der Bobcat hatte seine Arbeit getan. Ein vorbildlich ausgehobenes Grab, eins zwanzig mal zwei vierzig tief. Daneben ein ordentlicher Haufen Erde und Lehm. Der Baggerführer zündete sich eine Kippe an, blieb aber auf dem kleinen Sitz der Maschine sitzen, denn seine Arbeit war noch nicht ganz erledigt.
Die Männer schoben zwei breite Leinenriemen unter dem Sargboden hindurch, die sie zum Tragen benutzten. Am Grabrand blieben sie stehen und sahen mich an. Ich konnte sehen, wie die Anstrengung an ihren Muskeln zerrte.
Als mir klar wurde, dass sie auf meine Erlaubnis warteten, nickte ich. Langsam ließen sie den Sarg in das Grab hinunter. Ich wollte ihnen sagen, sie sollten aus den Knien heben, weil es so aussah, als würden sie vor allem ihre Rücken belasten. Aber wegen der Feierlichkeit des Augenblicks schwieg ich.
Es fühlte sich endgültig an, aber ich spürte vor allem eine Leere, und – mir fällt kein besseres Wort ein – es fühlte sich tot an. All das Zeremoniell, das man mit dem Tod verbindet, kann nichts daran ändern.
Ich hätte ja den Totengräbern beim Zuschütten des Grabs zugesehen, aber einem Bagger zuzusehen, war nicht sehr feierlich. Deshalb lief ich auf dem Friedhof herum, bis er fertig war. Ich kannte etliche der Nachnamen auf den Grabsteinen. Niemand, den ich persönlich kannte, aber die Vorfahren von Klassenkameraden und Nachbarn, von denen die meisten noch in Holtville wohnten. Neue Generationen waren geboren worden, aber es war ziemlich klar, dass jemand, der im Imperial Valley zur Welt kam, höchstwahrscheinlich auch dort blieb, tot oder lebendig.
Durch die Oleanderhecke am Nordende des Friedhofs führte ein Weg. Da ich noch nie in dem Bereich hinter der Hecke gewesen und von Natur aus neugierig war, ging ich den Weg entlang und vermied dabei jeden Kontakt mit der giftigen Vegetation. Jeder Teil der Oleanderpflanze ist giftig, deshalb findet man sie natürlich auch überall im Imperial Valley.
Der Weg führte zu einer etwa anderthalb Hektar großen Fläche, einer abgegrenzten Erweiterung des eigentlichen Friedhofs. Es schien dort Gräber,
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