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Taubenjagd: Jimmy Veeders Fiasko

Taubenjagd: Jimmy Veeders Fiasko

Titel: Taubenjagd: Jimmy Veeders Fiasko Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Shaw Johnny
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Gelegenheit, um eine zu rauchen. Da ich meine alle verpafft hatte, schnorrte ich eine von ihm. Er war Mitte fünfzig und hatte eine rote Nase, die vermuten ließ, dass er einen Flachmann
irgendwo in Reichweite hatte. Seine Uniform sah schludrig aus, und er hatte die gleiche Einstellung zu seiner Arbeit wie die meisten Leute: Die Stunden zählen und versuchen, bis zum Ende der Schicht durchzuhalten. Ich ließ ihn reden.
    »Sobald es kälter wird, gibt es noch viel mehr von denen. Tote Mexikaner. Irgendwie komisch, wenn man drüber nachdenkt, dass manche von denen jetzt schon tot sind. Die liegen da draußen. Die Wüste ist voller Leichen. Die trocknen da draußen in der Sonne. Werden gegerbt. In den Sanddünen. In der Wüste.
    Ich weiß nicht, was sie den armen Kerlen erzählen, wenn sie über die Grenze wollen … was für Ratschläge sie ihnen geben. Aber es ist alles Mist, denn von der Grenze bis zum nächsten Ort sind es an den meisten Stellen fünfundzwanzig bis dreißig Kilometer. In dieser Hitze, an einem Tag wie heute, kann man einfach nicht genug Wasser mitschleppen, um so eine Entfernung zurückzulegen.
    Die sind jetzt schon da draußen, garantiert. Wenn es erträglicher wird, so um die dreißig Grad, dann kommen die Wochenendler mit ihren Quads und stolpern überall über Leichen. Leute aus der Stadt finden dann zusammengekauerte, von Kojoten angefressene Familien. Und ich fahre raus und versuche, sie aufzusammeln, ohne dass sie auseinanderfallen. Denn die werden zu Staub. Die knistern, wenn man sie anfasst. Riechen nach Schweineschwarte. Haut wie Trockenfleisch. Ach, Sie haben ja keine Ahnung.
    Und jetzt was, da würden Sie nie drauf kommen. Obwohl wir in der Wüste sind, finden wir hier jede Menge Ertrunkene. Wahrscheinlich genauso viele, wie durch die Sonne umkommen. Größtenteils aus dem All-American-Kanal. Da soll es eine gemeine Unterströmung geben. Außerdem ein paar aus dem Alamo und dem New River. Total ekelig. Wenn eine Leiche im New River gefunden wird, sage ich immer, ich habe Bauchschmerzen. Oder ein Verwandter ist gestorben. Irgendwas. Ich schwimme für keinen toten Mexikaner durch einen Fluss voll Kotze und Windeln. Einfach drin lassen, dann lösen die sich in der Giftbrühe von selbst auf.
    Können Sie sich noch an die Sturzflut vor acht Jahren erinnern? Hat das Valley im Westen überrollt. Draußen in der Yuha-Wüste.
Das Wasser war so schnell, dass es nicht im Sand versickern konnte. Wie Stromschnellen. Als es schließlich aufhörte zu regnen, haben wir vierzehn Illegale in einem ausgetrockneten Flussbett direkt nördlich von Mount Signal gefunden. Sie waren im Schlamm stecken geblieben und versunken. Bei einigen konnte man nur eine Hand sehen, die so rausragte. Mann, es war wie ein Schlachtfeld. Mit Leichen übersät. Regelrecht übersät.«
     
    Schon den zweiten Tag hintereinander zog ich Anzug und Krawatte ungereinigt an und bemühte mich, den Staub von der Jacke zu klopfen. Der Anzug roch nach Alkoholschweiß, aber ich hatte nur den einen, und für die Reinigung war keine Zeit. Ich war der einzige Gast bei der Beisetzung, und Pop wäre es egal gewesen, aber ich fand einen verknitterten, muffigen Anzug passender als die Alternative: Jeans und T-Shirt.
    Ich war im Erdgeschoss von Bobbys Haus. Seine Junggesellenhütte war für jemanden wie ihn erstaunlich sauber. Ich nahm mir vor, ihn unbedingt wegen der Armlehnenschoner mit passenden Sofakissen zu verarschen. Bobby war gerade dabei, in der Küche kalte Burritos zu machen.
    Er sah über die Schulter und sagte: »Wenn du nicht aufpasst, vergisst du noch zu essen.«
    Ich setzte mich auf einen der Klappstühle am Tisch. »Ich kann einfach nicht glauben, dass ich einen totalen Filmriss habe. Ich weiß nichts mehr von letzter Nacht. Ich sehe nicht mal irgendwelche Bilder vor mir.«
    Bobby stellte einen Burrito vor mich hin, ging zum Schrank und holte eine Tüte Tortilla-Chips heraus. Dann nahm er zwei Bier aus dem Kühlschrank, öffnete eines und nahm einen großen Schluck. Ich ließ meines stehen. Ich klappte die Tortilla auf und fand darin carnitas , Koriander, Zwiebeln, Guacamole und Salsa.
    Bobby sagte: »Ich kann mich schon noch erinnern, aber nur an das, was ich gesehen habe. Meine Sicht der Dinge. Mir fällt wahrscheinlich mehr ein, wenn ich nicht mehr krampfhaft versuche, mich zu erinnern. Schwer zu sagen. Später ging es ziemlich wild
zu. Massenhaft Leute. In jeder Ecke passierte irgendwas. Ich kann mich besser daran erinnern, wer

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