Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Taubenkrieg

Taubenkrieg

Titel: Taubenkrieg Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: S Lüpkes
Vom Netzwerk:
verstanden habe: Das Land Niedersachsen pfeift uns von dem Fall zurück, nur um uns hinten herum wieder dranzusetzen?« Beide nickten. »Und sie versprechen sich |46| davon, dass wir den Rockerkrieg verhindern und somit die polizeiliche Unterwanderung der Motorradclubs nicht gefährdet wird?«
    »Das Land Niedersachsen verfügt einfach über mehr Erfahrung im Umgang mit den Rockern. Hier in Hannover haben wir schon seit mehr als fünfundzwanzig Jahren damit zu tun. Im berüchtigten Steintorviertel hat man sogar so etwas wie einen Pakt geschlossen, um fremde Zuhälter außen vor zu lassen und zumindest den inneren Frieden zu wahren. Das klappt aber nur, weil wir unsere V-Männer überall dazwischen haben. Und die Rocker umgekehrt bei uns ihre Informanten platzieren. Ein Gleichgewicht auf instabilem Fundament sozusagen.«
    Wencke kannte die Pressebilder von hochkarätigen Promis, Politikern und Kiezgrößen, auf denen immer mal wieder grinsend die gute Zusammenarbeit demonstriert wurde. Glaubhaft war das nicht wirklich. »Und in Schwerin ist das anders?«
    »Die
Devil Doves
wollen zwar ihren großen Hannoveraner Vorbildern nacheifern, doch sie haben sich bei Weitem noch nicht etabliert«, erklärte Boris. »Genauso geht es unseren dortigen Kollegen beim LKA.   Die ganze Sache muss sich noch einspielen, wenn man es so ausdrücken möchte. Deswegen kann ein überzogener Polizeieinsatz das Gefüge auseinandersprengen, und das würde auch Auswirkungen auf unsere Arbeit haben.«
    Die Kosian stimmte seinen Ausführungen zu. »Wir sollen das möglichst unauffällig verhindern. Dafür stellt uns das LKA Niedersachsen zwei weitere Kollegen zur Verfügung, Wilkens und Fuchs. Kennen Sie sie?«
    »Zwei Jungs aus der Kommunikationstechnik, stimmt’s?«
    »Genau, sie werden unsere Arbeit vor Ort verfolgen, damit wir kein zu hohes Risiko eingehen. Und das Ganze ist, wie Sie sich sicher denken können: top secret!«
    |47| »Glaube ich sofort«, brachte Wencke nur hervor. Klar, sie hatte gewusst, dass der Mord am Pinnower See keine Kleinigkeit war und ihr Gutachten Kontroversen aufwerfen würde, aber dass daraufhin die Kriminalämter der Länder unabhängig voneinander agieren könnten, damit hätte sie im Leben nicht gerechnet. Einerseits ein tolles Gefühl, solch eine Lawine losgetreten zu haben. Andererseits war das zu einem denkbar schlechten Zeitpunkt passiert: Bei einem Fall dieser Größe konnte sie kaum in die Ferien flüchten, ohne sich dem Vorwurf der Unprofessionalität auszusetzen. »Was genau haben Sie jetzt vor?«
    »Wissen Sie, ob jemand Sie bei Ihrem Besuch in Schwerin gesehen hat? Außer Staatsanwalt Gauly, KHK Wachtel und seinen Leuten vor Ort natürlich.«
    Wencke überlegte. Der Kommissar hatte sie am Bahnhof abgeholt, dann waren sie mit dem Dienstwagen unterwegs gewesen, dessen verspiegelte Scheiben keinen Blick ins Innere zuließen. Die Rocker waren zu diesem Zeitpunkt bereits alle weiträumig von ihrem Clubheim ausgesperrt worden, von denen hatte sie keinen zu Gesicht bekommen. »Ich denke nicht. Warum?«
    Die Kosian räusperte sich. »Es wäre ja nur für den Fall, dass Sie den Urlaub um ein paar Tage verschieben könnten, wozu wir Sie bestimmt nicht nötigen werden   …«
    »Warum?«, wiederholte Wencke. Ihr war längst klar, dass sie sich gar nicht weiter nötigen lassen musste. Sie hatte keine Alternative, sollte sie diesen Fall ablehnen, wäre sie beim LKA für immer als unzuverlässig abgestempelt. Das bedeutete, die Zeit im Büro würde wieder überhandnehmen, so wie zu Beginn ihrer Laufbahn bei der OFA vor zwei Jahren, als sie monatelang alte Akten archivieren musste. Es hatte sie viel Energie gekostet, endlich auch in aktuelle Fälle eingebunden zu werden. Damit wäre es aus, wenn sie darauf bestand, den Zug in |48| anderthalb Stunden zu erreichen. Also, was blieb ihr anderes übrig? »Warum wollen Sie wissen, ob ich bei meiner Arbeit in Schwerin gesehen wurde?«
    »Wir planen, Sie bei den
Devil Doves
einzuschleusen.« Die Kosian verzog keine Miene und sah ganz so aus, als habe sie Wencke nur zum nächsten Bäckerladen geschickt, um Kuchenteilchen für die Abteilung zu besorgen.
    »Ich als Rockerbraut?« Wencke lachte laut. »Ich kann ja noch nicht einmal ein lausiges Mofa lenken. Das wird in etwa so einfach werden, wie wenn Sie dem Papst eine Stelle als Türsteher vermitteln wollten.«
    Emil zog sich einen Ohrstöpsel heraus. »Ist was, Mama?«
    Wencke wischte sich die erste Lachträne aus dem

Weitere Kostenlose Bücher