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Taubenkrieg

Taubenkrieg

Titel: Taubenkrieg Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: S Lüpkes
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bei Laune zu halten. |41| Manchmal, wenn Überstunden anstanden oder ein Fall noch ein Treffen nach achtzehn Uhr nötig machte, hatte Wencke ihren Sohn ins LKA mitgebracht. Wenn Emil auf dem Computer daddeln konnte, war er quasi unsichtbar, und niemand hatte sich daran gestört – außer der Kosian natürlich.
    »Wir packen noch kurz zu Ende, schließen die Koffer schon mal am Bahnhof ein, und dann kommen wir vorbei. In einer Stunde, okay?«
    »Super«, kam die prompte Reaktion, und Wencke war erstaunt, dass ein solcher Begriff Bestandteil von Kosians Wortschatz war.
    Für ihre Vorgesetzte machte Wencke diesen spontanen Kurzeinsatz nicht, so viel stand fest. Auch nicht für die Wahrheitsfindung, den Gerechtigkeitsanspruch, die Sache an sich – diese idealistischen Motive hatte Wencke sich während ihrer Laufbahn als Kriminalkommissarin und Fallanalytikerin gründlich abgeschminkt. Im Grunde war es ihr egal, wer wen warum in der Schweriner Pampa umgebracht hatte. Es ging ihr um Boris. Die Vorstellung, dass er durch ihren Bericht Unannehmlichkeiten ausgesetzt gewesen war, gefiel Wencke nicht. Für ihn nahm sie gern den kleinen Umweg in die Ferien in Kauf.
    »Das riecht nach Ärger«, kommentierte Emil die Angelegenheit, nachdem er über den Grund für die plötzliche Hektik aufgeklärt worden war. Ihr Sohn sagte öfter solche Sätze, seit er am frühen Abend ab und zu mal seine Lieblingsserie sehen durfte, in der gestelzt daherredende Pseudopolizisten unrealistische Verbrechen lösten. Einer der Kommissare erinnerte ihn an Axel, hatte er einmal zugegeben, und deswegen guckte er die Sendung, auch wenn er von ihrem Inhalt wahrscheinlich nur die Hälfte verstand. Und manchmal schaute Wencke ihm heimlich über die Schulter und stellte fest, dass es da tatsächlich eine gewisse Ähnlichkeit gab; bevor die Sehnsucht dann wehtat, wechselte sie ins andere Zimmer.
    |42| Mit gepackten Koffern, dem halbwegs sortierten Zelt und zwei Rucksäcken machten sie sich wenig später auf den Weg, fuhren mit der Linie 10 bis zum Bahnhof, verstauten das Zeug im Schließfach und nahmen dann die Stadtbahn Richtung Waterlooplatz. Erst als sie dort die Untergrundstation verließen, fiel Wencke auf, dass sie dabei war, einen Fehler zu begehen. Rund um die gigantische Denkmalsäule, auf deren Spitze sich die Siegesgöttin kupferpatiniert nach den wenigen Wölkchen reckte, roch es nach Sommer. Bratwurstduft wehte vom Biergarten herüber, das trockene Gras erinnerte an das fast vergessene Heuaroma auf den platten Feldern Ostfrieslands.
    Es war eigentlich höchste Zeit, dass sie sich aus dem Staub machte und gemeinsam mit Emil die Ferien genoss. Warum war sie dann jetzt auf dem Weg zu diesem sachlich-grau-kantigen-viel-zu-großen Gebäude? Wencke ahnte, solche Dinge liefen schnell aus dem Ruder. Solche Dinge endeten damit, dass man sich auf irgendetwas einließ, was einem die schönsten Wochen des Jahres vermieste. Das war nicht nur in Romanen so, in Filmen oder T V-Serien . Nein, leider, so etwas kam oft genug in ihrem eigenen Leben vor. Sie hätte den verdammten Telefonstecker aus der Buchse ziehen sollen.
    »Frau Tydmers! Emil!« Die Kosian trug wie immer Businesslook. Ihr ganzes Auftreten, ihr ganzes Wesen passte in diese Büroetage. Emil hatte mal gesagt, er fände das Haar der bescheuerten Kosian ziemlich toll, aber auch nur, weil es ihn an Zartbitterschokolade erinnerte, die er so liebte. Sonst sähe sie aus wie eine Frau aus der Werbung für Versicherungen, so eine, die auf den Bildern immer ein Telefon am Ohr hat und lächelt. »Gehen wir ins Besprechungszimmer?«
    Das Besprechungszimmer war ein Refugium, in das sich die Mitglieder der Abteilung zurückzogen, um Dinge zu diskutieren, für die es eine andere Umgebung brauchte als quadratischpraktische Büros. Zwei bequeme Sofas standen sich gegenüber, |43| auf dem Tischchen am Fenster warteten Wasserkocher, Teebeutel, Dosenmilch und Zucker auf lange Gesprächsrunden. Das grün gerahmte Wandbild neben der Tür vermittelte mit Detailfotografien exotischer Bambusblätter einen Hauch von Frische und Naturverbundenheit. Leider war der Ficus Benjamini daneben in jämmerlichem Zustand, niemand fühlte sich für ihn verantwortlich, und wenn man mal hier drinnen saß, hatte man wichtigere Dinge im Sinn als das Blumengießen. Boris Bellhorn fläzte sich zwischen zwei Kissen und studierte Papierkram. Er sah nicht so fertig aus, wie Wencke befürchtet hatte.
    »Mama, kann ich Nintendo spielen?«, war

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