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Taubenkrieg

Taubenkrieg

Titel: Taubenkrieg Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: S Lüpkes
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Geschehen.«
    »Ich soll ganz allein in einem Schuppen   …?«
    »Keine Angst, Sie werden mit dem ganzen technischen Equipment ausgestattet sein, GPS und Funk und so weiter, insofern sind Sie im Grunde genommen keinen Augenblick auf sich gestellt.«
    Wencke wusste nicht, ob die Tatsache, dass sie verkabelt werden würde, sie wirklich beruhigte. Doch für einen Rückzieher war es ohnehin zu spät, also verdrängte sie den Gedanken. »Was soll ich tun?«
    »Alle wichtigen Infos schicken wir Ihnen sofort. Haben Sie ein Fax in der Nähe? Oder Internet?«
    Wencke nannte ihre private E-Mail -Adresse. »Wann geht es los?«
    »Boris Bellhorn ist bereits in Schwerin und wird heute Nachmittag ein Briefing arrangieren. Da sollten Sie dabei sein.«
    »Okay. Das Auto ist schon da, und von hier bis Schwerin brauche ich laut Navi dreieinhalb Stunden.«
    »Ich gebe Ihnen jetzt die Telefonnummer von
Mighty Mäxx
alias Maximilian Brunken, das ist der Präsident. Sie können ihn direkt anrufen und einen Termin vereinbaren. Das Handy, das im Auto lag, wurde bereits von uns auf den Namen Christine Frey angemeldet.«
    »Warum die Eile?«
    »Rund um Schwerin gibt es zig alte Bruchbuden. Da sollte |72| uns keiner zuvorkommen. Die Möglichkeit, Sie als Verpächterin einzuschleusen, ist einfach optimal, da dürfen wir nicht zu lange zögern. Zumal das Grundstück in der Nähe eines Hotels liegt, von wo aus wir die Situation überwachen können. Näheres dann von Bellhorn vor Ort.« Die Kosian diktierte im Affenzahn die Nummer, bestätigte die versandte Mail und verzichtete auf eine ausführliche Verabschiedung.
    »Christine Frey«, flüsterte Wencke. Irgendwie gefiel ihr die Aussicht auf eine neue Identität auf Zeit. Wenn man auf der Matratze des Mannes saß, den man liebte, der aber genau an dieser Stelle das tat, was von ihm als Ehemann erwartet wurde, dann war es sogar eine ganz und gar wunderbare Sache, in eine andere Rolle schlüpfen zu dürfen.
    Emil ging es gut, um ihn brauchte sie sich keine Sorgen zu machen. Sie hörte ihn über sich auf dem Dachboden toben.
    Es klopfte an der Tür. Wencke sagte »Herein« und hätte fast gelacht, weil sie Axel den Zutritt in sein eigenes Schlafzimmer genehmigte.
    »Es tut mir leid, Wencke«, sagte er.
    »Dass du verheiratet bist und in einem hübschen Häuschen wohnst, muss dir nicht leidtun. Es passt alles viel besser zu dir als meine Chaosexistenz.«
    »Ich pack das alles nicht mehr   …«
    »Ich auch nicht. Mir kommt es vor, als hätte ich dich die ganze Zeit nur belagert. Wie so eine nervtötende Bewerberin um den ersten Platz in deinem Herzen fühle ich mich. Ich investiere die besten Jahre meines Lebens für ein Ziel, das eigentlich eine Nummer zu groß für mich ist.«
    »Es ist völlig anders, Wencke, ich   …«
    »Lass mich in Ruhe!« Sie wunderte sich, wie ruhig das aus ihrem Munde kam. Nein, sie war nicht beleidigt, nicht gekränkt. Sie war desillusioniert. Dabei war ihr gar nicht klar gewesen, dass sie bis gerade eben gehofft hatte, Axel hätte |73| ernsthaft vor, sich irgendwann von seiner Frau scheiden zu lassen.
    »Wencke   …« Hilflos lehnte er im Türrahmen. Für ihn musste es auch seltsam sein, sie auf dem Bett sitzen zu sehen. Wer weiß, vielleicht dachte er hier – wenn er abends nicht einschlafen konnte oder in noch ganz anderen Situationen – sogar an Wencke. Und nun machte sie sich ganz real breit unter dem kitschigen Bild, auf dem ein Leuchtturm von einer Riesenwelle verschluckt wurde.
    »Kann ich bei dir bitte kurz meine E-Mails checken?«, fragte Wencke.
    Axel sah aus, als sei er soeben mit kaltem Wasser übergossen worden. »Was?«
    »Es müsste eine Nachricht für mich gekommen sein, die ich ausdrucken will.« Sie erhob sich, strich das T-Shirt glatt, machte sich lang. Wie Christine Frey sich wohl kleidete? Ganz in Schwarz?
    Axels PC stand in einem kleinen Gästezimmer, dessen unpersönliche Einrichtung geradezu wohltuend war. Schnell hatte sie die nötigen Unterlagen beisammen – Adressen, Wegbeschreibungen, Telefonnummern – und steckte sich die Papiere in die Jackentasche. Axel hatte sie vom Türrahmen aus die ganze Zeit dabei beobachtet. Sie ging an ihm vorbei, streifte nur kurz seinen Arm, spürte der Berührung nach und schluckte den Kloß im Hals runter. »Emil? Ich muss jetzt los!«
    Die völlig verwuschelten Haare ihres Sohnes tauchten in der Dachbodenluke auf, dahinter die blonden, etwas verrutschten Zöpfe eines Mädchens. »Ricarda ist gar keine

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