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Taubenkrieg

Taubenkrieg

Titel: Taubenkrieg Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: S Lüpkes
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und die Kerze anmachen, sonst wird es knapp. Sobald jemand das Klirren hört, läuft die Zeit, Baby.
    Die beiden Flaschen rutschten leicht aus der Hand, ein öliger Film überzog das Glas. Auch wenn sie einen Trichter benutzt hatte, war etwas von dem Gemisch über den Rand gelaufen. Außerdem waren die Lunten damit getränkt, das Zeug stank widerlich. Heide drapierte das Ganze direkt vor ihren Füßen, zündete das Teelicht ein paar Zentimeter entfernt an, suchte zwei Steine in der Größe einer Kinderfaust und holte tief Luft. Nicht nachdenken, dazu konnte einfach zu viel schiefgehen bei diesem Manöver. Sie war keine Frau, die Steine schmiss. Molotowcocktails schon gar nicht.
    Das würde heute Abend das erste und das letzte Mal sein. Und da durfte sie es auf keinen Fall versauen.
    Bereits das erste Geschoss traf und zerschmetterte die Scheibe. Sofort danach hörte sie wieder die Autotüren knallen, die Stimmen der Männer klangen dieses Mal weniger entspannt. Heide zwang sich zur Ruhe. Was hatte Leo gesagt?
    Die Lunte darf nicht zu lang und nicht zu kurz sein, und sofort, nachdem du sie angezündet hast, musst du die Flasche in das Haus schmeißen. Jede Sekunde zählt. Wenn du zu spät wirfst, kriegst du den Scheiß in dein hübsches Gesicht, Baby!
    Sie hob die Flasche an das Kerzenfeuer, die Flamme sprang im selben Augenblick über und wanderte den benzingetränkten Stofffetzen hinauf. Heide machte einen Schritt nach vorn, zielte, warf und hatte wieder Glück. Als die kleine, selbstgebaute |64| Bombe ins Innere des Hauses flog, war sie bereits ein beachtlicher Feuerball, sofort nach der Landung entfachte sie ein Inferno. Heide war stolz auf sich, sie konnte sich den zweiten Wurf auch sparen. Aber sie wusste, es ging hier um viel, deswegen wollte sie auch alles geben. Für Leo. Nur für ihn.
    Den zweiten Molotowcocktail schmiss sie weniger konzentriert, er verfehlte das Fenster und prallte gegen die Hauswand. Ein Pilz aus Feuer erhellte die Nacht und setzte einen Busch in Brand. Einer der Polizisten schrie laut, als habe er etwas abbekommen, vielleicht einen Splitter.
    Die Hitze quoll aus dem Haus. Heide wusste, in dem Raum befand sich viel Papier, das nun zur Nahrung wilder Flammen wurde. Die ersten rotgelben Funken stoben aus dem Fenster. Alles brannte. Sie hatte ganze Arbeit geleistet.
    Der Rückweg zum Stromhäuschen war einfacher, der Feuerschein zeigte den Weg. Und die Erleichterung, wie einwandfrei alles vonstatten gegangen war, machte sie leichtfüßig. Baby, du bist wunderbar. Du bist die Beste. Du bist die Einzige.
    Als die Blaulichter über die Bundesstraße flackerten, saß sie schon längst wieder in ihrem Corsa, lehnte sich zurück, schloss die Augen und drehte die Musik lauter.
    Das letzte Lied, das sie gemeinsam gehört hatten.
    Am I wrong?
    Have I run too far to get home?
    Have I gone?
    And left you here alone
    If I would, could you?
    Sie hatte Leo zuvor nie weinen sehen. Und letzten Sonntag hatte sie nicht den Mut aufgebracht, ihn zu fragen, warum er es ausgerechnet jetzt tat.

|65| Die Fünf
ist die Zahl der Liebesgöttin Venus
    Sie öffnete die Tür, und Wencke fühlte sich elend.
    »Ich freue mich, dich zu sehen!«, behauptete Kerstin, und der Satz hatte mehr als einen bitteren Nachgeschmack, denn Axels Frau war seit einem Schusswechsel, an dem Wencke nicht ganz unschuldig gewesen war, blind.
    »Danke, dass Emil ein paar Tage bei euch bleiben darf«, brachte Wencke heraus. Sie traute sich nicht, diese Frau anzuschauen, obwohl ja keinerlei Gefahr bestand, dabei ertappt zu werden. Ein Blick von der Seite verriet Wencke, dass Kerstin noch immer ziemlich schön war. Im klassischen Sinne schön. Eine Eigenschaft, die Wencke niemals erlangen würde, sie war bestenfalls hübsch oder niedlich. Was suchte Axel eigentlich bei ihr, wenn er bereits mit Nofretete verheiratet war?
    Emil kam von hinten angerannt. »Axel«, jubelte er, nahm Anlauf und warf sich dem dunkelhaarigen, schlanken Mann in die Arme, der bislang wortlos im Flur gestanden hatte.
    Jetzt gaben sie sich die Hand, Axel und Wencke, steif wie zwei Gliederpuppen. »Da sind wir also   …«
    »Kommt doch rein!«
    »Machen wir.« Wencke kniff die Augen zusammen. Sie wollte nicht sehen, wie Axels Familie lebte. An der Wand hingen Familienfotos, Urlaubsschnappschüsse, Porträts von Kerstins Tochter Ricarda. Wäre Kerstin nicht blind gewesen, |66| hätte Wencke sich immerhin in die Vorstellung flüchten können, dass Axel diese Galerie nur seiner

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