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Taubenkrieg

Taubenkrieg

Titel: Taubenkrieg Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: S Lüpkes
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auf die körperliche Konstitution, sogar auf die Mimik. Die Ähnlichkeit von Zwillingen verflüchtigt sich im Laufe eines Lebens immer mehr, in einem Fall wie diesem kann es sogar so weit gehen, dass sie kaum noch wahrnehmbar ist.« Sanders fischte ein Blatt Papier aus dem Stapel. »In Leo Kellerbachs Akten steht es schwarz auf weiß:
Leo Roland Kellerbach, geboren am 21.   Januar 1971 um 7.05   Uhr im Krankenhaus Schwerin   – Eltern Johann Kellerbach, * 28.   Februar 1933, Rechtsanwalt, und Magda Kellerbach, geb. Speck, * 16.   Juli 1936, Rechtsanwaltsgehilfin.
Hier wird tatsächlich kein Zwilling erwähnt«, stellte Axel ganz richtig fest.
    Boris wünschte sich eine Lupe, um die Kopie eingehender begutachten zu können. Die Qualität der Geburtsurkunde war lausig, wahrscheinlich war bereits das Original schon vergilbt und zerknittert gewesen. Ausgestellt worden war das Papier vom Standesamt Schwerin, unterschrieben hatte der Sachbearbeiter – und da rückte Boris ganz nah an den Zettel, aber er hatte sich nicht versehen   –, ein gewisser Roland Gauly.
    »Kann ein Zufall sein«, murmelte Boris, glaubte aber nicht eine Sekunde daran.
    Auch Sanders hatte Feuer gefangen. Endlich eine Spur – zwar keine, die direkt zu Wencke führte, dafür aber Zusammenhänge aufdeckte. »Diese Staatsanwältin Sieglind Maschler, meinen Sie, man kann wenigstens ihr trauen?«
    |237| Boris stöhnte auf. Die Frage, wem hier zu trauen war und wem nicht, konnte er beim besten Willen nicht beantworten. »Eventuell. Hm   … wahrscheinlich schon. Warum?«
    »Meine Frau Kerstin hat vor ihrem Unfall bei der Spurensicherung gearbeitet, und sie interessiert sich auch jetzt noch für die neuesten Entwicklungen auf diesem Gebiet.«
    »Sie sind verheiratet?«, fragte Boris erstaunt. Bislang hatte er immer gedacht, Sanders und Wencke wären ein Paar.
    »Ist doch jetzt egal. Auf jeden Fall hat Kerstin mir vor Kurzem erzählt, dass es inzwischen möglich ist, die DNA noch weiter als bisher üblich zu differenzieren. Es hat irgendetwas mit den Zellen des Immunsystems zu tun, das sich im Laufe des Lebens ändert. Durchlebte Kinderkrankheiten hinterlassen ja beispielsweise eine lebenslange Immunität, man kann in frischen Blutproben nachweisen, ob die betreffende Person schon mal Masern oder Röteln hatte, auch schwere Infekte oder Krebserkrankungen hinterlassen Spuren. Deswegen sind die immunrelevanten Zellen von eineiigen Zwillingen, die in unterschiedlichem Umfeld groß wurden, nicht unbedingt hundertprozentig identisch.«
    »Davon habe ich noch nie etwas gehört«, staunte Boris.
    »Soweit ich weiß, ist diese neue Methode bislang nur in der Forschung zum Tragen gekommen. Dass sie auch im forensischen Bereich angewandt werden kann, wurde nur theoretisch in Betracht gezogen.«
    »Und was sollen diese neuen Untersuchungen beweisen?«
    »Vielleicht, dass nicht nur Leo Kellerbach, sondern auch dieser Tim Beisse im Bootsschuppen gewesen ist.«
    »Wollen Sie damit sagen, Sie denken, dass Leo Kellerbach von seinem Zwillingsbruder ermordet wurde?«
    »Oder umgekehrt. Es würde auf jeden Fall zu Wenckes Zwei-Mann-vor-Ort-Theorie passen.«
    »Es gibt doch gar keinen Zwilling.«
    |238| »Laut Aktenlage nicht. Laut dieser Fotos aber schon.«
    Boris nahm sich eine Minute Zeit, über Sanders’ Worte nachzudenken. Dann griff er zum Telefon und fischte die Visitenkarte heraus, die die Staatsanwältin ihm gestern auf dem Krankenhausparkplatz zugesteckt hatte. »Frau Maschler? Entschuldigen Sie die Störung am Sonntagnachmittag, aber Sie hatten mich doch gebeten, Sie auf dem Laufenden zu halten. Wäre es möglich, dass Sie heute noch Kontakt zu Ihrem rechtsmedizinischen Labor aufnehmen könnten?«
    Es dauerte nicht lang, die Juristin zu überzeugen. Maschler versprach, sich umgehend zu melden, wenn ein Ergebnis vorlag. Das konnte Stunden dauern, wahrscheinlich sogar noch länger. Bis dahin mussten sie etwas unternehmen, und zwar sofort.
    »Sanders, Sie fahren doch Motorrad, oder nicht?«
    »Noch nicht allzu lange, aber dafür habe ich immerhin eine
Harley
, dann fällt das nicht so auf. Warum?«
    »Könnten Sie sich vorstellen, einen Rocker zu mimen?«
    Sanders schaute ihn an, als habe er vorgeschlagen, heute noch den Mars zu bebauen.
    »Wir sollten so schnell wie möglich herausfinden, wo dieser Gauly steckt, denn ich bin mir ziemlich sicher, dass Wencke nicht weit ist.«
    »Dann würde ich auch ein Weihnachtsmannkostüm anziehen!«
    »Das wäre im

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