Tauchstation
waren sie gemeinschaftlich zu dem Schluss gekommen, dass es sich bei den seltsamen, an Unterwäsche erinnernden Kleidungsstücken um Gefangenenkluft handeln musste.
»Gehen wir!«, drängte Richard. Er konnte seine Unge duld kaum noch bändigen. »Ich will jetzt endlich sehen, wo wir gelandet sind. Los!«
»Warum diese Leute sich wohl kleiden wie die alten Grie chen?«, wandte sich Suzanne an Donald.
Donald zuckte mit den Schultern. »Gute Frage. Am besten gehen wir einfach weiter und sehen uns das Ganze mit eigenen Augen an.«
Perry trat als Erster ins Freie. Das Licht, das von dem quadratischen Fleckchen blauen Himmels herabstrahlte, war so hell, dass er sich schützend die Hände vor die Augen halten musste, um hinaufsehen zu können. Was er sah, hau te ihn derart um, dass er abrupt mit offenem Mund stehen blieb. Suzanne prallte von hinten auf ihn. Donald, Richard und Michael stießen gegen Suzanne und starrten nicht min der entgeistert nach oben.
Sie befanden sich in einer Art Pferch. Fünf Meter über ihnen war eine gläserne Loggia mit einer von kannelierten Säulen getragenen Balustrade aus Marmor. Die Kapitelle der Säulen waren mit vergoldeten Meerestieren verziert. An der dem Ausgang, durch den sie ins Freie getreten waren, gegenüberliegenden Seite drängten sich jede Menge Men schen auf der Loggia und pressten sich gegen die Glasschei be. Sie starrten regungslos und schweigend hinab. Ihre Neugier stand ihnen ins Gesicht geschrieben. Perry hatte richtig vermutet. Sie trugen alle die gleichen weiten Satin gewänder und -shorts.
Obwohl er von den Leuten, in deren Gefangenschaft sie geraten waren, keine konkrete Vorstellung gehabt hatte, hat te er doch irgendwie grimmig dreinschauende finstere Gestalten erwartet. Doch zu seiner Überraschung kam es ganz anders. Bevor er die Satingewänder erblickt hatte, hatte er fest damit gerechnet, Menschen in Uniformen mit strengen, wenn nicht sogar feindlich gesonnenen Gesichtern gegen überzutreten. Stattdessen blickte er auf eine Ansammlung von Menschen, die allesamt bildhübsch waren und deren Ge sichter eine beinahe göttliche Heiterkeit und Güte ausstrahl ten. Vom Kleinkind bis zum vitalen alten Mann waren alle Al tersklassen vertreten, doch die breite Mehrheit war zwischen Anfang und Mitte zwanzig. Ausschließlich alle strotzten vor Gesundheit; ihre Körper wirkten gelenkig, ihre Augen strahlten, ihre Haare glänzten, und ihre Zähne waren so weiß, dass Perry seine eigenen, auf die er immer so stolz gewesen war, vergleichsweise geradezu gelb fand.
»Ich fasse es nicht!«, platzte Richard heraus, als er ebenfalls ins Freie trat und das Schauspiel in Augenschein nahm.
»Was für Leute mögen das sein?«, flüsterte Suzanne vol ler Ehrfurcht.
»So viele perfekte Menschen auf einem Haufen habe ich noch nie gesehen«, brachte Perry hervor. »An ihnen stimmt einfach alles. Es ist nicht einer dabei, der auch nur ansatzweise durchschnittlich aussieht.«
»Ich komme mir vor wie eine Ratte in einem groß angelegten Versuch«, stellte Donald fest und japste vor Schreck nach Luft. »Sehen Sie nur, wie sie uns anstarren! Vergessen Sie nicht, dass der Schein trügen kann! Immerhin scheinen diese Leute uns zu ihrer Unterhaltung als eine Art Spielball zu missbrauchen. Vielleicht ist diese Show irgendeine Art Falle.«
»Sie sind wirklich unglaublich hübsch«, staunte Suzanne, während sie sich langsam drehte und auch die starrenden Zuschauer auf den anderen Balustraden in Augenschein nahm. »Vor allem die Kinder. Aber auch die Alten sehen noch fantastisch aus. Wie soll das wohl eine Falle sein? Eins steht jedenfalls fest: Wir sind nie und nimmer auf einem ge heimen U-Boot-Stützpunkt der Russen gelandet.«
»Amerikaner können es auch nicht sein«, stellte Perry fest. »Schließlich ist keiner von ihnen übergewichtig.«
»Wir müssen im Himmel sein«, flüsterte Michael wie be nebelt.
»Ich glaube eher, wir sind im Zoo«, ereiferte sich Do nald. »Der Unterschied ist nur, dass wir hier die Tiere sind.«
»Versuchen Sie doch mal positiv zu denken«, forderte Suzanne ihn auf. »Also, ich für meinen Teil bin fürs Erste ziemlich erleichtert.«
»Eins sehe ich ja auch durchaus positiv«, entgegnete Do nald. »Niemand scheint eine Waffe zu tragen.«
»Sie haben Recht!«, gab Perry erleichtert zu. »Wenn das nicht ermutigend ist!«
»Aber wozu sollten sie auch Waffen brauchen?«, fuhr Donald fort. »Schließlich haben sie uns hier unten einge pfercht und können
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