Taumel der Gefuehle - Roman
Northam, dass sie sich gleichzeitig ein Lächeln verkniff. »Ich bin ein treuer Freund und obendrein öfter in der Kirche als beim Fischen. Bei Glücksspielen verliere ich niemals mehr als ich mir leisten kann. Ich liebe Pferde und den Rinderbraten von Mrs Wedge, meiner Köchin, trinke in Maßen und spreche meist nicht schlechter über andere, als sie es verdienen.«
»Sir, Ihr seid ein Vorbild an Tugend, und ich beginne zutiefst zu bedauern, dass der Oberst sich nicht als Kuppler betätigen wollte.« Sie blickte zu Northam, ohne den Schalk in ihren Augen zu verbergen. »Besänftigt das Eure verwundete Eitelkeit?«
»Es hilft ein wenig. Herzlichen Dank.«
Northam starrte gebannt auf die goldene Strähne, die sich aus dem Haarband gelöst hatte und Elizabeths Kinn umschmeichelte. Unbewusst strich sie sich die Locke hinters Ohr. Aus der Richtung des Picknicks war kreischendes Gelächter zu vernehmen. Elizabeth drehte den Kopf, um das Geschehen zu beobachten. »Sie spielen Scharade«, sagte sie. »Vielleicht möchtet Ihr Euch ihnen anschließen?«
»Nein«, entgegnete Northam bestimmt.
»Anscheinend wollen Eure Freunde aber dort mitspielen.«
»Das lockt mich nicht im Geringsten.« Er atmete tief ein und setzte sich aufrecht hin. »Würdet Ihr gerne mitspielen?«, erkundigte er sich höflich.
Sie lachte, denn es war mehr als offensichtlich, dass er auf eine negative Antwort hoffte. »Nein. Ich bin nicht besonders gut beim Scharadespielen.«
»Ich auch nicht.«
Elizabeth konnte nicht widerstehen, ihn ein wenig aufzuziehen. »Aber ich würde gerne zusehen.«
»Sehr wohl«, sagte er ein wenig steif. »Ich werde Euch zurückbegleiten.«
»Seid vorsichtig, Mylord. Wenn Ihr meiner Laune nachgebt, wohin soll das führen? Als Nächstes werdet Ihr Euren Gehrock anziehen, nur weil ich darauf bestehe.« Tatsächlich war er gerade dabei, ihn vom Boden aufzuheben. »Bitte«, fuhr sie fort, »bemüht Euch nicht. Wir können ebenso gut von hier aus zusehen.«
Nachdem sie das bunte Treiben, das auf Seiten der Spieler und Zuschauer für viel Gelächter gesorgt hatte, eine Weile beobachtet hatten, stellte Elizabeth dem Earl die Frage, die ihr schon seit mehreren Minuten auf der
Zunge brannte: »Was werdet Ihr dem Oberst über mich erzählen?«
Northam war von dem unvermittelten Themenwechsel nicht überrascht, sondern hatte ihn sogar erwartet. Seiner Ansicht nach war die Aufmerksamkeit, die Elizabeth den anderen Gästen geschenkt hatte, nur Ablenkung gewesen. Sie musste gehofft haben, ihn überrumpeln zu können, als erwartete sie, dass er noch weitere Gründe hatte, bei ihr zu sein.
»Ich habe vor, ihm die Wahrheit zu sagen«, entgegnete er. »Dass es Euch gut geht und Ihr Euch auf Battenburn zu amüsieren scheint. Obwohl er die Gesellschaft hier nicht gutheißen wird, werde ich ihn darüber informieren, dass Ihr auf eigenen Füßen steht.« Er überlegte einen Augenblick. »Oh, und ich werde ihm erklären, dass Ihr trotz der zahllosen Unterrichtsstunden, die er Euch bezahlt hat, nicht das geringste Talent für die Aquarellmalerei besitzt.«
Zweites Kapitel
»Er sagte, ich hätte nicht das geringste Talent für die Aquarellmalerei.« Elizabeth war beinahe völlig in dem Ohrensessel versunken und hatte ihre Füße auf einen Schemel abgestützt. Die Fenster im Zimmer der Gastgeberin waren weit aufgerissen, damit die warme Abendluft hereinströmen konnte. Die Damastvorhänge des Elfenbeinbettes kräuselten sich bei jedem Windzug.
Die Baronin lugte hinter einem seidenen Wandschirm hervor. »Aber du hast kein Talent fürs Malen«, entgegnete sie trocken. »Das hast du selbst gesagt, und auch Harrison hat bereits ein- oder zweimal etwas Ähnliches behauptet. Harrison hat natürlich überhaupt keinen Sinn für Kunst, weshalb du seiner Meinung keinerlei Bedeutung beimessen solltest.« Louises Kopf verschwand erneut hinter dem Paravent, während ihr die Zofe beim Auskleiden behilflich war. »Wie hast du auf Northams Bemerkung reagiert?«
Genau darüber machte Elizabeth sich immer noch Gedanken. »Ich lachte.«
Als Louise hinter dem Wandschirm hervortrat, war sie bereits bettfertig. Die rotbraunen Locken waren unter einer weißen Haube verborgen, und das Gesicht glänzte sauber geschrubbt. Da sie ein bauschiges Baumwollnachthemd trug, das sie wie eine Wolke umhüllte, sah sie jünger aus als sie in Wirklichkeit war. Louise entließ das
Hausmädchen, schenkte selbst den Tee ein und reichte Elizabeth eine Tasse.
»Wie hast du
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