Taumel der Gefuehle - Roman
viel zu zart aussah, um die Aufgabe zu bewältigen, die sie sich auferlegt hatte. Gleichzeitig hatte er jedoch vollstes Vertrauen in ihr Können.
Ebenso geschmeidig und elegant wie die Mondgöttin Artemis spannte Elizabeth den Bogen, zielte und ließ den
Pfeil von der Sehne schnellen. Der ungestüme Applaus ihrer Bewunderer ließ Northam erahnen, dass sie genau ins Schwarze getroffen haben musste.
Northam trat näher auf das Fenster zu und presste die Stirn für einen Moment an die kühle Glasscheibe. Seine Augen waren geschlossen. Er konnte wieder spüren, wie es sich anfühlte, tief in ihr zu sein, vergraben in ihrem Schoß, ganz von ihr umschlossen. Das Gefühl, sich aufbäumend in ihrer Hitze zu ergießen. Ihr lustvolles Keuchen. Sein Stöhnen. Ihre ewig hungrigen Münder, die nach einem alles verzehrenden Kuss verlangten.
So sehr sie auch aus dem Brunnen der Leidenschaft geschöpft hatten, so hatte es doch nichts verändert. Elizabeth schlug jeden seiner Versuche aus, ihr zu helfen, wollte weder seinen Schutz, noch wollte sie ihn heiraten. Ihre letzte Liebesnacht hatte Elizabeth nur noch unbeirrter gemacht. Obwohl sie kein Wort darüber verloren hatte, musste sie gemerkt haben, dass er sich diesmal entgegen ihrem Wunsch in ihr ergossen hatte. Es war das Einzige gewesen, was sie im Gegenzug für eine gemeinsame Nacht voll köstlicher Genüsse von ihm gefordert hatte, und er hatte ihr den Wunsch mutwillig versagt. Vielleicht ahnte sie sogar, dass er ihrer Bitte absichtlich nicht nachgekommen war, doch sie machte ihm keine Vorwürfe.
Gedankenverloren richtete sich Northam wieder auf, blieb jedoch am Fenster stehen. Elizabeth war zur Seite getreten, um Lady Powell am Schießstand Platz zu machen. Die beiden unterhielten sich kurz, dann wandte sich Elizabeth um und schritt zu der blau-weißen Überdachung, die als Sonnenschutz für die Gäste aufgestellt worden war. Sie ließ sich in der Nähe der Baronin auf einem
Stuhl nieder, aber über die anfängliche Begrüßung hinaus sprachen die beiden kein weiteres Wort miteinander. Elizabeth lachte über etwas, das Lady Heathering gesagt hatte, und obwohl sie damit Louises Aufmerksamkeit auf sich zog, entlockte es der Baronin keinen Kommentar.
Elizabeth hoffte, ihr Gelächter war nicht unangebracht. Eigentlich war sie sich sicher, dass Lady Heatherings Bemerkung witzig gemeint gewesen war. Da Elizabeth der Unterhaltung allerdings nur mit halbem Ohr zuhörte, war es unausweichlich, dass sie früher oder später bei einer unpassenden Antwort ertappt werden würde. Dieses Mal hatte sie noch einmal Glück gehabt.
Fest entschlossen, sich von nun an auf das Gespräch zu konzentrieren, wandte sich Elizabeth Lady Powell zu, als diese zu ihrem Stuhl zurückkehrte. Höflich erkundigte sie sich, ob sie beim Bogenschießen erfolgreich gewesen sei.
»Oh, ich scheine kein Talent fürs Bogenschießen zu besitzen, obwohl ich Unterricht genommen habe«, seufzte Lady Powell und fächelte sich matt etwas Luft zu. »Mein letzter Schuss ging geradewegs in das Wäldchen und scheuchte einen Schwarm Vögel aus ihren Nestern.«
Bevor Elizabeth antworten konnte, bemerkte Lady Heathering verschlagen: »Vielleicht genießt du den Unterricht derart, dass du keine Fortschritte machst. Ich habe den Verdacht, dass deine Pfeile zwar alle im Unterholz verschwinden, du jedoch nie dein Ziel verfehlst.«
Lady Powell überging den bissigen Kommentar, aber die Röte ihrer Wangen ließ sich nicht mehr allein der sportlichen Anstrengung zuschreiben.
»Southerton war sehr aufmerksam, nicht wahr?«, fuhr Lady Heathering fort. »Es ist so schade, dass wir alle morgen abreisen werden. Ich vermute allerdings, wir werden ihn im August auf dem Ball der Hulltons wieder sehen.«
Der Schlagabtausch der beiden Damen ging munter weiter, und Elizabeth konnte ihren Gedanken erneut freien Lauf lassen. Northams Nichterscheinen bei dem Bogenschießen war eine Erleichterung, jedoch gleichzeitig eine unwillkommene Zerstreuung gewesen. Bei völlig unpassenden Gelegenheiten ertappte sie sich, wie sie zum Anwesen blickte, um seine Silhouette an einem der Fenster zu erhaschen. Southerton hatte das Fehlen seines Freundes damit erklärt, dass dieser keinerlei Begabung für diese Sportart besäße und sich vor den anderen Gästen nicht blamieren wolle. Elizabeth war sich allerdings sicher, dass es sich dabei nur um eine Ausrede handelte.
Sie konnte es North nicht verübeln, wenn er den Nachmittag nicht in ihrer
Weitere Kostenlose Bücher