Taumel der Gefuehle - Roman
nicht tun würde.«
Elizabeth war erleichtert, als Lord Allen aufsprang und den Stuhl dem nächsten Freiwilligen überließ. Er überspielte seine Angespanntheit mit einem seichten Witz, doch Elizabeth bemerkte, dass er dabei weder in die Richtung von Lord Heathering noch von dessen Gattin blickte. Niemand schien begierig zu sein, den dargebotenen Stuhl zu besetzen. Elizabeth selbst gehörte ebenfalls zu denjenigen, die mit Unbehagen daran dachte, vor Madame Fortunas weise Augen zu treten. Sie wusste, dass Southertons Vertrauen in die Hellseherin nicht unbegründet war.
Mr Rutherford räusperte sich und baute sich vor Madame Fortuna auf. »Es macht mir nichts aus, der Nächste zu sein. Schließlich habe ich keine Geheimnisse.« Lord Allens Erleichterung, seinen Platz im Mittelpunkt des Geschehens aufgeben zu dürfen, war nicht zu übersehen. Betont gelassen ließ sich Rutherford auf dem Stuhl nieder und überschlug elegant die Beine.
»Geck«, flüsterte Madame Fortuna kaum hörbar. Sie mischte die Karten und ließ Rutherford eine ziehen. »Ich sehe hier, dass großer Reichtum auf Euch zukommt. Eure Schulden werden von derjenigen bezahlt werden, die Ihr zu heiraten gedenkt.« Sie blickte kurz in sein verblüfftes Gesicht. »Aber Ihr sagtet doch, Ihr hättet keine Geheimnisse. Ich dachte deshalb, dass jeder von dem Ausmaß Eurer Schulden und der Notwendigkeit, reich zu heiraten, wusste.«
Rutherford konnte sich gerade noch zurückhalten, nicht handgreiflich zu werden. Sein Gesicht war purpurfarben angelaufen. Sobald sein verarmter Zustand in Adelskreisen bekannt würde, müsste er sein Netz derart weit auswerfen, dass seine Zukünftige höchstwahrscheinlich eine Amerikanerin wäre. Bei dem Gedanken begann sein Kopf fürchterlich zu schmerzen.
Ein weiteres halbes Dutzend Gäste nahm auf dem gefürchteten Stuhl Platz, bevor Southerton wagemutig zu der Wahrsagerin schritt. Nicht jeden hatte das gleiche unangenehme Schicksal wie Allen und Rutherford ereilt. Madame Fortuna sah ebenfalls voraus, dass Miss Stevens sich in Kürze verloben würde und deutete an, dass Sir Arthur Armitage einen Jungen erwarten könnte.
Southerton drehte mit einer schnellen Bewegung den Stuhl um und setzte sich breitbeinig darauf. Sein jungenhaftes Grinsen verfehlte nicht seine Wirkung auf Madame Fortuna. »Schurke«, wisperte sie, doch ein amüsiertes Lächeln breitete sich auf ihrem Gesicht aus. Erneut mischte sie die Karten, ließ ihn allerdings keine Karte ziehen, sondern legte zehn Karten in der Form des keltischen Kreuzes aus. »Was seht Ihr?«, wollte South besorgt wissen, da sie keine Anstalten machte, von sich aus zu sprechen.
»Ihr habt einen Freund hier«, sagte sie schließlich.
South musste sich anstrengen, um sie zu verstehen. Er zweifelte, dass einer der Umstehenden sie gehört haben konnte. »Ja.«
»Ich sehe eine Bedrohung.«
Er runzelte die Stirn. »Ist sie gegen meinen Freund gerichtet?«
Madame Fortuna zögerte. »Ja. Aber nicht nur|...«
Lady Powell trat aus dem Halbkreis der Zuschauer hervor. »Es hat keinen Sinn, wenn Ihr Southertons Zukunft für Euch behaltet. Sagt uns, was Ihr seht.« Ihre Aussage wurde von Gelächter und zustimmendem Gemurmel begleitet. »Wird er vor Jahresende heiraten?«
Um ihrem Publikum den Gefallen zu tun, zeigte Madame Fortuna auf das Zentrum des Kreuzes, wo zwei Karten im rechten Winkel übereinander lagen. Sie lächelte, während sie Southerton auf den Narren aufmerksam machte, der über den Liebenden platziert war.
Southerton nickte. Es war nicht schwierig, die Bedeutung zu interpretieren. »Wir sind nicht füreinander bestimmt«, erklärte er Lady Powell. »Aber dieses Mal bin ich nicht geneigt, ihr zu glauben.« Er bemerkte, dass Madame Fortuna ihn erneut mit einem durchdringenden Blick warnen wollte. »Ich verstehe«, flüsterte er leise.
Als sich South erhob, ging er nicht zurück zu Elizabeth, sondern eilte stattdessen zu Northam. Er zog seinen Freund in die hinterste Ecke des Raumes, während sich ein weiterer Gast zu Madame Fortuna begab.
»Ich weiß nicht, wie du es angestellt hast«, meinte North grinsend, »aber du hast es geschafft, die Gefühle zweier Frauen zum Erkalten zu bringen. Lady Powell ist so verärgert, sie|...«
»Genug davon.«
Souths scharfer Tonfall beunruhigte North. »Was ist los?«
»Sie sagt, es gäbe eine Bedrohung.«
»Elizabeth?«
»Nein. Madame Fortuna.«
Sofort entspannte sich North. Hätte Elizabeth diese Warnung ausgesprochen, hätte
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