Taumel der Gefuehle - Roman
verwirrt von einer Möglichkeit, die ihr in den vergangenen Tagen nicht in den Sinn gekommen war. »Wohin fahren wir?«
»Ich schätze, ich habe die Überraschung verdorben. Dein Vater hat uns nach Rosemont eingeladen.«
Plötzlich war Elizabeth wieder hellwach. »Du nimmst mich auf den Arm.«
Verwundert hob North eine Augenbraue. »Nein.«
»Aber|...«
»Bist du besorgt?«
»Ja... nein... ich bin...« Was war sie?, fragte sie sich. Verwirrt? Verängstigt? Überrascht? »Es kommt nur so unerwartet«, meinte sie schließlich. »Er verlangt nicht oft nach mir.«
»Ich bin mir nicht sicher, ob er dieses Mal nach dir verlangt«, entgegnete North. »Ich glaube, er möchte mich unter die Lupe nehmen.«
Bedächtig nickte Elizabeth. Northam hatte natürlich Recht, wenn man seine unzureichende Kenntnis ihrer familiären Verhältnisse in Betracht zog. »Er wird nicht so zuvorkommend sein wie deine Mutter und kein gutes Haar an dir lassen.«
»Niemand ist charmanter als meine Mutter, wenn sie es sich in den Kopf gesetzt hat. Außerdem ist es mir gleich, was dein Vater von mir hält. Hauptsache ist, dass wir gut miteinander auskommen werden.«
Elizabeth wusste nicht, ob sie beunruhigt oder dankbar sein sollte. Seine gleichgültige Einstellung konnte der Schlüssel zum Erfolg sein und ihm sogar widerwillig gezollten Respekt verschaffen. Das war mehr, als sie die letzten zehn Jahre erfahren hatte. Sie atmete tief ein und
massierte sich mit zwei Fingern die Schläfen. »Wenn ich nicht möchte, kehren wir dann um?«
»Du möchtest nicht zu deinem Vater?«
»Ich wünschte, du hättest den Plan mit mir besprochen. Ich nahm an, wir fahren nach Hampton Cross.«
»Lord und Lady Battenburn hatten mir empfohlen, dich vor vollendete Tatsache zu stellen.«
Dabei verschwieg er, dass er selbst begierig war, Rosemont zu besuchen und deshalb keine weiteren Fragen gestellt hatte, die ihn möglicherweise von seinem Vorhaben abgebracht hätten. »Wahrscheinlich wollten sie dich überraschen. Sie vertrauten mir an, du seist enttäuscht darüber, dass dein Vater nicht zu unserer Trauung kommen würde. Und als dann die Einladung kam, dachten wir, es sei eine gute Idee, sie anzunehmen.«
»Sie sind sehr|... rücksichtsvoll.« Mit diesen Worten drehte Elizabeth den Kopf zum Fenster. Ihr blasses Antlitz spiegelte sich in den dunklen Glasscheiben wider. »Ich nehme an, dass es gut gemeint war«, fügte sie mit tränenerstickter Stimme hinzu.
»Du hast meine Frage nicht beantwortet«, sagte Northam. »Möchtest du nicht dorthin fahren?«
»Würde es einen Unterschied machen?«
Obwohl er den Earl unbedingt kennen lernen wollte, wusste North, dass sein Gewissen es nicht erlauben würde, diese Reise gegen Elizabeths Willen durchzusetzen. »Ja, natürlich würde es einen Unterschied machen.«
»Ich glaube dir.«
»Das solltest du auch.«
Sie nickte schwach und entgegnete wider besseres Wissen: »Ich möchte nach Hause.«
Es traf Northam sehr hart, dass Elizabeth mit dem
Wort Zuhause Rosemont beschrieb, und bei diesen Worten ein sehnsüchtiger Tonfall mitschwang. »Dann sollten wir auch dorthin reisen«, entgegnete er leise und reichte ihr die Hand. Sie sah die Bewegung in der Scheibe und drehte sich zu ihm um. »Komm«, flüsterte er und zeigte auf seine Schulter. »Ich nähme es dir nicht übel, wenn du dich hier ausruhen würdest. Meine Brust ist noch bequemer als die Ledersitze.«
Es war eine verlockende Einladung. North war so au ßerordentlich gut aussehend in seinem schwarzen Frack und den dunkelgrauen Hosen. Sein Haar schimmerte beinahe ebenso golden wie am Morgen, als er vor dem Altar auf sie gewartet hatte.
Vorsichtig legte Elizabeth ihre Haube neben Northams Hut. Die weiße Straußenfeder bewegte sich hypnotisierend hin und her, während die Kutsche auf ihrem Weg dahinrollte. North hob den Arm und zog Elizabeth zu sich. Ihr Zögern war rührend, weil es ganz offensichtlich von Schüchternheit zeugte. Elizabeth war derart widersprüchlich, dass Northam sich fragte, ob wenigstens sie selbst sich verstand.
»Es war sehr freundlich von dem Oberst, heute zu erscheinen«, sagte Elizabeth. »Ich wollte, dass er kommt, doch ich glaubte, die Reise sei zu anstrengend für ihn. Danke, dass du ihm geschrieben hast.«
»Ich möchte mich nicht mit falschen Federn schmücken. Ich habe ihn aus genau denselben Gründen nicht benachrichtigt.«
Elizabeth runzelte die Stirn. »Wer hat dann...«
Auch Northam dachte über den Kreis der
Weitere Kostenlose Bücher