Tausche Glückskeks gegen Weihnachtswunder (German Edition)
darin. Ich zog meinen hinaus und las leise, nur für mich: Deine Familie wird größer werden. Na, dachte ich und grinste innerlich, da kannte der Glückskeks aber meine Mutter schlecht. Mama war seit Jahren Single. Welche Botschaft hatte meine ABF gezogen? Ich sah auf.
Sina hielt mir ihren Zettel in dem Getümmel hin, und ihre Lippen fragten: »Darf ich deinen lesen?« Ich nickte, reichte ihr meinen Zettel herüber und las erneut: Deine Familie wird größer werden.
»Moment, das war meiner«, rief ich, um die anderen Schüler zu übertönen, aber Sina schüttelte nur stumm den Kopf. Sie beugte sich vor, sodass sie knapp vor meinem Ohr war. »Wir haben ein und dieselbe Botschaft gezogen«, sagte sie leise. »Ob das etwas zu bedeuten hat? Bestimmt, oder?« Sie sah mich gespannt an.
Ich dachte nach. »Aber so etwas kann doch nur ein Zufall sein«, flüsterte ich hinter vorgehaltener Hand zurück. »Vielleicht ist nur ein und derselbe Spruch in der gesamten Packung und deshalb hat Henry sie von seinen Eltern mitbekommen?« Nichts gegen Henry, aber es musste einen Grund geben!
Inzwischen hielten auch die anderen aus meiner Klasse ihre Botschaften in den Händen. »Achte auf deine Gedanken, sie sind der Anfang deiner Taten«, las Paul seine Botschaft laut vor. »Bei mir steht dies«, rief Florian, und er verkündete: »Die sicherste Tür ist die, die man offen lassen kann.« Er grinste, und mit einem Blick auf Paul rief er: »Leute, das passt doch zu Pauls offenem Hosenstall eben.« – »Du bist so was von tot«, brüllte Paul und stürzte sich auf seinen Freund.
Lachend rannte Florian vor Paul davon, eine wilde Verfolgungsjagd auf dem vollen Flur begann. Sie stießen gegen andere Schüler, trippelten auf der Stelle, ihre Schuhe quietschten auf dem Fußboden, kurz gesagt, sie machten einen riesigen Aufstand. »Warum müssen Jungs nur immer so anstrengend sein?«, sagte Sina kopfschüttelnd.
Das fragte ich mich auch. Aber eines stand fest: Alle anderen aus meiner Klasse hatten lauter unterschiedliche Botschaften gezogen. Nur Sina und ich hatten ein und dieselbe.
Henry sah uns wissend an. »Die Glückskekse lügen nie. Der Rest ist Schicksal, sagt mein Opa immer.«
Verwundert blickten Sina und ich auf unsere identischen Botschaften. »Unsere Familie wird größer werden«, flüsterten wir gleichzeitig und sahen uns plötzlich so an, als würden wir uns das erste Mal sehen. Denn wenn die Glückskekse nicht logen, dann sagten sie uns, dass wir richtige Schwestern werden würden.
»Das würde ich mir mehr als alles andere wünschen«, flüsterte ich Sina in dem Getümmel zu. »Ich mir auch«, wisperte sie zurück. »Es wäre ein richtiges Weihnachtswunder, wenn wir eine Familie würden.« Einen Moment lang war es ganz still in dem Flur vor unserem Klassenzimmer, so als ob das Schicksal kurz den Atem angehalten hätte.
Dann heulte Fabian laut auf, weil er, verfolgt von Paul, mit dem Kopf gegen die Garderobe geknallt war. »Könnt ihr es nicht mal ruhiger gehen lassen«, zischte unsere Deutschlehrerin vorwurfsvoll, die gerade zur ersten Stunde eintraf. Fabian hielt sich die Stirn und stöhnte gequält: »Frau Rottmeier, ich sehe lauter kleine Schiffchen.« Paul knurrte: »Klappe, du Ei.«
Unsere Lehrerin konnte darüber nur den Kopf schütteln. »Jungs, müsst ihr immerzu rangeln?«, sagte sie, während sie die Tür zu unserem Klassenzimmer aufschloss. Sie wies Paul an, seinen Freund ins Sekretariat zu begleiten, und schaltete das Licht im Klassenzimmer an.
»He.« Henry stupste mich an, bevor wir zu unseren Plätzen gingen, und ließ einen Glückskeks in meine Hand wandern. »Einer ist übrig geblieben. Schaut am Ende des Jahres nach, ob dies die Antwort auf eure gemeinsame Botschaft ist. Dann wisst ihr, ob die Glückskekse recht behalten haben.«
Das klang so spannend, dass ich am liebsten sofort nachgeschaut hätte. Aber auch wenn es mir in den Finger kribbelte, die Botschaft aus dem letzten Glückskeks zu ziehen, widerstand ich der Versuchung. Wir steckten den letzten Glückskeks in die Seitentasche von Sinas Schultasche.
In der zweiten Stunde zogen wir unsere Wichtelpartner. Am vorletzten Schultag vor den Ferien sollten wir uns gegenseitig beschenken. Ich sollte ein kleines Geschenk für Maja besorgen, während es natürlich streng geheim blieb, wer mich bewichteln würde. Nicht alle schafften das: Carolin, die neu in der Klasse war und bisher vor allem durch ihr Lederjacke und Schnürstiefel-Outfit
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