Tausche Glückskeks gegen Weihnachtswunder (German Edition)
Umweltschutzverein.«
Sina atmete auf, sichtlich erleichtert. Sie beugte sich vor, so dass sie mich im Gehen anblicken konnte. »Dass deine Mutter einen Freund hat, macht mir seit Chemie in der Fünften Sorgen«, gestand sie. »Immerhin könnte es ja sein, sie ist total nett und sieht echt gut aus.«
Wir liefen nebeneinander durch die geschmückte Straße, vorbei an Straßenlaternenpfosten, an die lau ter kleinen Tannenbäumchen mit roten Schleifen in den Zweigen gebunden waren. Dass Mama gut aussah, nun, das hatte ich mir so noch nie überlegt. Sie war eben Mama und damit Schluss. Aber natürlich hatte sie auf der Arbeit und bei der Arbeit für den Umweltschutzverein mit Männern zu tun. Einer davon war dieser bärtige Waldschrat namens Udo, der nie lachte. Eine eigenartige Unruhe erfüllte mich bei dem Gedanken. Was, wenn Mama heimlich einen Freund hatte, ohne es mir zu sagen? Udo, zum Beispiel. Meine Schritte wurden immer schneller. Schon schoss mir durch den Kopf, dass Udo auf dem Sommerfest des Umweltschutzvereins Kuchen mit uns gegessen hatte. Viel länger als notwendig war er bei uns stehen geblieben. Mein Atem ging schneller. Hatte das etwas zu bedeuten? Schon fiel mir noch etwas ein. Mama sah Udo öfter bei den Treffen des Umweltschutzvereins, aber dann war ich natürlich nicht dabei. Wer weiß, was sie dann machten? Eine schreckliche Vorstellung! Aber würde Mama so etwas tun? Insgeheim mit einem Mann ausgehen, ohne mir etwas davon zu sagen? Was würde sie noch alles mit diesem Mann tun, dachte ich, und bei dem Gedanken wurde mir ganz flau. Küssen war da ja noch das Harmloseste! Aber dann schüttelte ich entschieden den Kopf. Mama war immer ehrlich zu mir, darauf legte sie viel Wert.
Sina stupste mich besorgt an. »Du siehst so ernst aus, Grete. Gibt es da doch jemanden, den deine Mutter mag?«
Mit einem Mal waren meine Sorgen wie verflogen. »Nein! Sie ist solo«, versicherte ich meiner ABF mit Nachdruck und hakte mich bei ihr ein. »Dein Vater hoffentlich auch?« Ich blieb unter der Tannengrün-Lichterketten-Beleuchtung stehen, die den Marktplatz überspannte, und blickte Sina gespannt an. Was nützte es, wenn Mama frei war, aber Sinas Vater in einer Beziehung steckte?
Meine ABF zögerte kurz, dann nickte sie. »Es gab da eine Kollegin, die Paps öfter am Wochenende und manchmal abends eingeladen hat. Aber er hat jedes Mal abgesagt und betont, dass er als alleinerziehender Vater keine Zeit hätte. Damit ist die Sache doch klar auf Eis, findest du nicht?«
Ich nickte beruhigt. Das klang ehrlich und nach einer deutlichen Absage. Gut so! Denn was ich ganz bestimmt nicht brauchen konnte, war ein Mann, der mit Mama nur spielte. Davon gab es jede Menge! Das wusste ich so genau, weil ich die tragischen Liebesgeschichten von Mamas Freundinnen bei ihren Treffen in unserer Wohnung so oft belauscht hatte. So ein mieser Kerl würde meine Mutter auf keinen Fall kriegen, da würde ich schon aufpassen.
Wir kamen an den kleinen dunkelrot gestrichenen Buden des Weihnachtsmarktes vorbei. Ich schnupperte. Es roch herrlich nach frisch gebackenen Waffeln, Bratäpfeln, gebrannten Mandeln und ein bisschen nach Kerzenwachs. Hm, ich schnupperte wieder, es roch so richtig schön nach Weihnachten. Am liebsten hätte ich mir diesen weihnachten Duft mit nach Hause genommen.
Mit einem Mal blieb ich stehen, denn mir fiel etwas ein, dass bei Sinas Zuhause ganz anderes war als bei Mama und mir.
»Gibt es doch jemanden? Ist dir noch jemand eingefallen?« Alarmiert blieb Sina mitten in dem Gang zwischen den Buden stehen und sah mich fragend an. Ihre Haare leuchteten feuerrot in dem Lichtschein der Lampen, ihr Gesicht war ernst. Die anderen Weihnachtsmarktbesucher drängten sich an uns vorbei.
Ich schüttelte den Kopf. »Nein, das ist es nicht, Sina. Es ist nur, bei euch ist es immer so richtig schön weihnachtlich geschmückt, während bei uns weihnachtsfreie Zone herrscht. Und das schon seit ich denken kann. Mama kommt einfach kein einziger Stern oder Engel ins Haus. Da ist nichts zu machen. Ich weiß nicht warum, aber so ist es nun mal.« Ich war erleichtert, dass es raus war. Immerhin kannte Sina unsere Wohnung in der Adventszeit. »Ich meine nur, können sich unsere Eltern überhaupt ineinander verlieben, wenn sie an diesem Punkt so ganz entgegengesetzter Meinung sind?« Ich wusste es nicht.
»Ach, wenn es nur das ist«, rief Sina und winkte ab. »Das gibt sich schon. Vielleicht kommt deine Mutter ja auf den Geschm…« Sie
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