Tausend und ein Tag - Orientalische Erzählungen
Hauptmann zu ihr, »vergieße deiner schönen Tränen eine in meinen Becher, solches wird mir mein Getränk noch köstlicher munden machen!« Sie aber wandte das Köpfchen mit einer Miene weg, die zugleich ihren Schmerz und ihren Abscheu bekundete.
Während unsere Räuber speisten und sich ohne alles Maß sättigten, hatte man eine kleine Schar von fünfzehn Leuten der Besatzung Kallakahalabas benachrichtigt, die ihrer Gewohnheit nach in der Umgegend die Runde machten; man beschrieb ihnen das Oberhaupt des Trupps; Bergspalter jedoch schien ihnen nicht furchtbar zu sein, sie umzingelten das Haus, in dem er mit seinen Mannen war, und bereiteten einen Angriff vor. Plötzlich trat das Haupt der Schar ein und ging mit geschwungenem Schwert auf Immerschlaf los, der den Schlag von sich abwandte, indem er nieste; der durch dieses Geräusch munter gewordene Bergspalter stand auf und setzte sich zur Wehr: seiner Säbelhiebe einer spaltete den Kühnsten von ihnen von oben bis unten; von unten her zerteilte er den, der folgte, einem dritten aber schlug er die Schulter ab, der vierte verlor den halben Arm, dem fünften rollte der Kopf vom Rumpfe, und der sechste ließ seine beiden Beine da. Als die andern Leute Bigstafs diese Bescherung sahen, verlieh ihnen der Schrecken Flügel; sie warfen ihre Waffen und Panzer weg, um es sich leichter für die Flucht zu machen. Wie nun Bergspalters Genossen sie in Unordnung erblickten, verfolgten sie sie unaufhörlich. Wolkengreifer ließ Hagel auf sie herabfallen, Feueratem briet, so viele er ihrer habhaft werden konnte, Immerschlaf gähnte vor den Ohren derer, die er erreichte, und selbst Trinkaus erschlug einige mit seinem Buche; alle aber sanken betäubt nieder und wurden Bergspalters Schwert überlassen, der sich anschickte sie niederzumachen, so daß ihrer auch nicht einer übrigblieb, der die Nachricht des gemeinsamen Unfalls überbringen konnte.
Nach dieser Schlacht kehrte der siegreiche Feldhauptmann zurück, um die Früchte seines Sieges in den Armen seiner Eroberung zu kosten, doch war sie während des Kampfes geflohen; Bergspalter aber geriet in Zorn und rief Scharfblick. »Heda,« sprach er, »kannst du es dulden, daß dein Hauptmann aller Freude beraubt wird, die er sich nur hat versprechen können? Suche mir das treulose Weib; bei Mohammed, schlimm soll es dem ergehen, der sie bewacht.« Scharfblick wandte all seine Geschicklichkeit und Aufmerksamkeit an: »O mein Feldherr, ich sehe sie nirgends; ich erblicke zwar einen Trupp flüchtender Frauen drei Meilen von hier, die ihre Kinder und ihre Habseligkeiten mit sich schleppen, aber die Braut ist nicht bei ihnen ... Die Mauern des Fleckens können sie indessen nicht vor mir verbergen, denn sie waren aus Holz und sind sämtlich verbrannt; es ist möglich, daß sie unter der Erde ist, in dem Falle sehe ich gar nichts.« »Ha, doppelzüngiger Mohammed,« rief Bergspalter aus, »es ist kläglich zu siegen, ohne des Sieges genießen zu können. Das ist wieder ein Streich meines hündischen Sterns; potz Blitz und Hagel, er macht mir jede Eroberung streitig; ich bin trostlos ... Geh und laß Immerschlaf zum Zusammenkommen trommeln, auf daß wir uns wieder zu Tisch setzen! Es muß hier noch etwas zu trinken geben, denn mein Zorn ist derartig, daß er ertränkt werden muß.«
Der kleine Trupp scharte sich bald wieder um seinen Hauptmann und nahm teil an seiner Betrübnis, indem er mit ihm den Trost teilte, den er erwählt hatte.
»Ach, o mein lieber Gutrücken,« sprach Bergspalter zu ihm, »welche hübsche Beine würdest du um deinen Hals getragen haben; niemals wärest du mit einer so süßen Last beladen gewesen; jetzt aber sind wir gezwungen, ein bußfertiges Leben wie der Derwisch zu führen; laßt es uns wenigstens bis zur Mitternacht fortsetzen, auf daß es verdienstvoller ist. Du, o Immerschlaf, sollst, dieweil ich so großes Vertrauen in deine Gabe setze, unsere Ruhe bis zum Sonnenaufgang bewachen; geh und mache eine halbe Stunde von hier die Runde; du sollst achtzig Trommelwirbel geben und etwas kräftiger Posaune blasen, wenn du Neugierige erblickst!« Immerschlaf gehorchte; seine Genossen jedoch fuhren fort zu schmausen und über die Maßen zu zechen, bis sie schließlich ihr Lager unter dem Tische fanden, an dem sie gesessen hatten.
Nicht alle Tage werden Hochzeiten gefeiert, wo man sein fertiges Essen vorfinden kann, ohne sich darum gekümmert zu haben. Folgenden Tages verübte die von Bergspalter befehligte Schar hier
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