Tausend und ein Tag - Orientalische Erzählungen
dieselbe Hurschid, die du mit Gewalt zum Weibe haben willst und in die du dich auf die bloße Erzählung von ihrer Schönheit hin verliebt hast. Ich werde dich nunmehr in den Stand setzen, dich mit eigenen Augen zu überzeugen, ob jene Erzählungen dich nicht getäuscht haben; und ich will auch sehen, ob du meiner würdig bist. Schlage das Visier deines Helmes auf und binde ihn los; ich aber will desgleichen tun.«
Der unbesonnene Bogakan zauderte nicht und zeigte der Prinzessin ein fürchterliches Angesicht. Hurschid ihrerseits ließ ihm ihre ebenso schönen wie verderblichen Augen entgegenblitzen, deren Strahlen ebenso plötzlich wie unvermeidlich trafen. Der Tatarenfürst ließ sein Schwert sinken, die Sinne vergingen ihm, und er sank zu Boden, und selbigen Augenblicks schlug Hurschid ihm den Kopf herunter.
Bei solchem Schauspiele stieß das tatarische Heer ein entsetzliches Geschrei aus und ergriff bestürzt die Flucht; das persische Heer verfolgte es nun und ließ nicht eher von ihm ab, als bis der Feind die Grenzen Persiens gänzlich geräumt hatte.
Unterdessen ergriff die Siegerin das Haupt ihres Gegners und ritt schleunig nach dem Zelte zurück, in dem Ferahschad sie erwartete.
»O Prinz,« sprach sie zu ihm, »nunmehr gebührt es dir, die Früchte meines Sieges zu ernten; ich habe den Kampf nur für dich unternommen: tritt mit diesem Kopfe in der Hand vor den König, meinen Vater, hin und verlange von ihm Hurschid zum Lohne; sie kommt dir zu. Ich aber begebe mich durch den geheimen Gang wieder in mein Schloß und will fortan nur eine ihren Eltern unterwürfige Tochter und eine einzig ihrem geliebten Manne sich hingebende Gattin sein.«
Der Prinz von Mauritanien wollte ihr über dies alles viel Erhebendes und Bewunderndes sagen, aber es wurde ihm klargemacht, daß die Augenblicke kostbar seien. Er verließ also mit Asad das Zelt, wurde von dem ganzen Heere, das die Ähnlichkeit der Eüstung und Kleidung täuschte, als der Sieger Bogakans erkannt und im Triumphe nach Dschenabad in den Palast Siaurs geleitet.
Man kann sich wohl denken, daß er hier als des Reiches Retter empfangen wurde; man erklärte ihm, daß für den geleisteten Dienst keine Belohnung zu groß wäre. Er aber verlangte keinen andern Lohn als die Hand der Prinzessin, und man antwortete ihm, daß er ihrer wahrhaft würdig sei.
Man machte ihm gleichwohl bemerklich, daß er den ersten niederstrahlenden Anblick Hurschids zu fürchten habe. Er hütete sich nun wohl, zu sagen, daß er schon längst die Wirkung ihrer Augen erfahren, vielmehr äußerte er sich mit soviel Ehrfurcht und Zartgefühl über die schöne Hurschid, als wenn er immer nur von ihr hätte reden hören, und zeigte sich völlig entschlossen, die Gefahr ihres Anblicks zu bestehen. Man gab ihm daher zuletzt die größte Hoffnung, mit der Erbin des Reiches vermählt zu werden.
Doch bald beschlossen die Wesire und Großen des persischen Reiches, die eifersüchtig auf den hohen Rang waren, zu dem dieser Fremdling erhoben werden sollte, über seinen Stand und Herkunft Verdacht zu erregen. Ferahschad hatte nicht verschwiegen, daß er der Königssohn von Mauritanien sei, aber er hatte niemanden aus seinem Lande bei sich. Vergebens erzählte er, durch welchen Zufall er von Hurschids Schönheit gehört hatte; vergebens berief er sich auf seinen Gewährsmann den Hauptmann von Siaûrs Leibwache, den der König selbst wiedererkannte; vergebens zeigte er einige Kleinode und kostbare Steine vor, die er aus seinem Lande mitgebracht hatte; man überzeugte sich dadurch nicht oder wollte sich vielleicht nicht überzeugen lassen.
Endlich ließ der König von Persien den Prinzen Ferahschad rufen und ihn neben sich auf den Thron sitzen; dann aber sprach er zu ihm: »O Prinz, dein edles Wesen und die Tapferkeit, die du bezeigt hast, haben mich selbst hinlänglich von deiner hohen Geburt überzeugt, aber die Völker, die ich beherrsche, verlangen, daß du noch augenscheinlichere Beweise dessen bringst, bevor sie es gutheißen, daß ich dir meine Tochter zusage. Meiner Wesire einer, der ein sehr kundiger und weitgereister Mann ist, sagt, im Schatze des Königs von Mauretanien befinde sich ein ganz einziges Kleinod, nämlich ein Karfunkel, der ein so starkes Licht verbreite, daß man auf tausend Schritte um ihn her den hellsten Tag oder doch den schönsten Mondschein zu sehen wähne.«
Ferahschad bestätigte nun, daß dieser köstliche Stein sich in dem Schatze seines Vaters befände.
»Wohlan, o
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