Tausend und ein Tag - Orientalische Erzählungen
habe.
Er nahm auf dem Wege und bis mitten in Persien hinein den Namen eines Königs von Numidien an; und diesen führte er mit Recht, weil das numidische Reich weit größer war als das mauritanische; übrigens wollte er sich nicht sogleich als jenen Prinzen von Mauritanien ankündigen und zu erkennen geben, dessen Echtheit man in Zweifel gezogen hatte. Und er brauchte nicht längere Zeit zu seiner Rückkehr nach Persien als zur Reise von Dschenabad nach Mauritanien, und doch fehlte nicht viel und er wäre zu spät gekommen. Um nun die neuen Widerwärtigkeiten, die ihn bedrohten, zu verstehen, ist nachzuholen, was sich in Persien seit seiner Abreise zugetragen hatte.
Ich habe schon erzählt, daß von den drei Hauptleuten der Leibwache Siaûrs, welche die niederstrahlende Wirkung von Hurschids Augen überlebt hatten, der erste nach Afrika, der zweite nach Karakatai an den Hof Bogakans, und der dritte, der gen Norden zog, in das chinesische Reich gelangt war. Noch immer von dem Bilde Hurschids erfüllt und bewegt, trat er hier in der Hauptstadt des Reiches in die Werkstatt eines Bildnismalers, der besonders als Frauenmaler einen Namen hatte. Und er sah hier mehrere Gemälde dieser Art, von denen einige nach dem Leben, andere nach der Einbildungskraft des Künstlers gemalt waren. Aber obwohl alle liebliche Gebilde darstellten, war doch kaum eines darunter, das einige entfernte Züge von den Reizen der Prinzessin von Persien aufwies. Kafur, so hieß dieser dritte irrende Hauptmann, stieß, als er sie betrachtete, tiefe Seufzer aus und vergoß einen Strom von Tränen. Der Maler fragte ihn um die Ursache seiner Betrübnis, und Kafur machte ihm eine so glänzende und zugleich so rührende Schilderung von der Schönheit Hurschids und ihren Wirkungen, daß der chinesische Maler nichts davon glauben wollte. Um ihn zu überzeugen, versicherte der Perser, wenn er nur malen könnte, wollte er ihm Zug für Zug diese wunderbare Schönheit vor Augen stellen, von der sein Kopf und sein Herz erfüllt war. Da erbot sich denn der Maler, ihn in die Geheimnisse seiner Kunst einzuweihen.
Kafur nahm dieses Erbieten mit großem Vergnügen an, und bald wurde er dank seiner angeborenen Anlagen und der Heftigkeit der Leidenschaft, die ihn begeisterte, derartig geschickt, daß er in der Tat Hurschids Bildnis in einer Weise anfertigte, die eine treffende Vorstellung von ihrer Schönheit gab. Der Maler war so entzückt ob des gelungenen Unternehmens seines Schülers, daß er dieses Meisterwerk am Hofe von Nanking, von dem er manchmal Aufträge erhielt, vorzeigen zu müssen glaubte.
Der Prinz Behram aber, des Kaisers Sohn, wurde von diesem Bildnisse besonders angezogen; er befragte den neuen Künstler über das Urbild, das er dargestellt hatte; und alles, was er hörte, entflammte ihn für das göttliche Wesen. Und er vernahm, daß es die Tochter des Königs Siaûr von Persien war, und bat seinen Vater, den Kaiser von China, für ihn um sie zu werben.
Die Mandarine und die Schüler des Konfuzius wurden zur Beratung dieser Angelegenheit versammelt; da unter ihnen nun sehr unterrichtete Männer waren, so sagten die dem Beherrscher von China, die Schönheit der Prinzessin von Persien sei allerdings weltberühmt; aber man wisse, daß sie sich nicht vermählen wolle; sie habe schon Bogakan, den König von Karakatai, ausgeschlagen, und das habe dem Tatarenfürsten das Leben gekostet, weil er hartnäckig darauf bestanden habe, sie zu besitzen.
Der Kaiser fürchtete demnach auch für seinen Sohn und wollte ihm eine so bedenkliche Brautwerbung ausreden; der verliebte Prinz aber ließ sich nicht abschrecken. Er erwiderte, daß zweifelsohne das plumpe Wesen und die scheußliche Gestalt Bogakans seine Abweisung verursacht habe; er dagegen hoffe, durch ein ganz anderes Benehmen einen besseren Erfolg zu haben, und erklärte, er wolle selbst nach Persien reisen als Erbe eines Reichs, dessen Beherrscher der Freund und Verbündete des Sultans zu werden wünsche; weit entfernt, mit Heereskraft oder mit Drohungen zu kommen, wolle er Geschenke darbringen und Feste geben, die, unterstützt von seiner Jugend und Gestalt, ihm die Gunst Siaûrs und seiner Tochter selbst erwerben könnten; und obwohl die Perser insgemein blaue Augen und schwarze Haare, eine bräunliche Gesichtsfarbe und Adlernasen hätten, so dürfte ein junger chinesischer Prinz mit kleinen aufgeschlitzten und blinzelnden Augen und kurzer Stumpfnase und breiter und flacher Stirne und weißer Haut
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