Tausend und ein Tag - Orientalische Erzählungen
Prinz,« fuhr Siaûr fort, »wir sind überzeugt, daß dein Vater sich nicht weigern wird, dir seinen Karfunkel anzuvertrauen und dich mit diesem Wunderkleinode wieder herkommen zu lassen; wir wollen die erfreuliche Wirkung desselben bewundern und werden dann nicht mehr an deiner Herkunft zweifeln, und du sollst mit Übereinstimmung von ganz Persien meine Tochter erhalten.«
Ferahschad wagte nicht, die ihm gestellten Bedingungen abzulehnen. Da er indessen den Beweis, daß er des Besitzes der Prinzessin von Persien würdig sei, so weit herholen sollte und dabei fürchtete, sein Vater würde etwa Schwierigkeiten machen, diesen wunderbaren Karfunkel aus seinem Reiche zu geben, ging er abends durch den geheimen Gang zu seiner Prinzessin und teilte ihr seine Besorgnis und die Verzweiflung mit, daß er genötigt wäre, von ihr zu scheiden. Die Tränen beider Liebenden vermischten sich miteinander; sie aber besprachen sich über alles und sahen endlich ein, daß sie sich trennen mußten. Der Prinz rechnete aus, daß die Reise höchstens drei Monate dauern könnte, da er nur einen brauchte, um nach Mauritanien zu gelangen, einen, um dort zu verweilen, und einen zur Rückkehr, worauf ihr beider Glück gesichert wäre.
In dieser Hoffnung trafen die beiden Liebenden ihre Verabredungen. Mit großer Zärtlichkeit schieden sie voneinander. Nach einigen Tagen machte sich der Prinz auf den Weg und gelangte wirklich im Verlaufe eines Monats in seine Heimat. Ereignisse aber, derer er sich nicht versah, verzögerten einige Zeit seine Rückkehr nach Persien.
Er fand seinen Vater in einen grausamen Krieg mit dem Könige von Numidien verwickelt. Die Numidier, ein wildes, wanderndes Volk, dabei aber streitbar und zahlreich und über ein sehr weites Land verbreitet, hatten unter einem nichtigen Vorwande die Mauritanier angegriffen. Vergebens hatte der König ihnen seine Scharen entgegengestellt, sie waren in mehreren Treffen geschlagen worden; die Numidier hatten alle Grenzfestungen eingenommen und waren bis in das Herz des Reiches vorgedrungen. Die Hauptstadt selbst war bedroht, und der Prinz Ferahschad kam gerade zur rechten Zeit, um den Mut der väterlichen Untertanen aufs neue zu beleben. Nachdem er seinen alten Vater herzlich umarmt hatte, kam er ihm sogleich zu Hilfe, stellte sich an die Spitze seines Heeres und bekämpfte die wilden Feinde erfolgreich und zwang sie allmählich, alles von den Untertanen seines Vaters eroberte Land wieder zu räumen; nachdem er so sein Vaterland wieder befreit hatte, stand ihm nunmehr des Feindes Land offen. Er fiel ein und verfolgte die Numidier so nachdrücklich und erfolgreich und so weit, daß er am Ende gar das Königreich Numidien eroberte, das von großem Umfange und sehr volkreich war, wennschon sich in seiner Mitte viele Wüsten befanden. Siegreicher dem Könige von Numidien gegenüber, als dieser es dem von Mauritanien gegenüber gewesen war, belagerte er dessen Hauptstadt und nahm sie im Sturme; der Numidierfürst aber verlor hierbei das Leben. Hierauf unterwarf sich sein ganzes Reich dem Sieger; er sicherte dem Könige, seinem Vater, den neuen Besitz so schleunig wie möglich und kehrte heim, um ihm die Huldigung dieser neuen Krone darzubringen: er fand ihn jedoch in den letzten Zügen liegend. Er tat alles mögliche für ihn, erwies ihm die letzten Ehren und ordnete die Angelegenheiten seines weitläufigen Reiches. Erst nachdem er alle diese unerläßlichen Geschäfte besorgt hatte, konnte er an die schöne Prinzessin Hurschid und an den Karfunkel denken, den er zum Beweise seiner Herkunft nach Persien bringen sollte.
Ein volles Jahr war seit seiner Abreise aus Dschenabad verlaufen; diese Zeit war jedoch für die Menge der Begebenheiten, die sich seit seiner Heimkehr in Afrika zugetragen hatten, keineswegs zu lang. Endlich nahm er den berühmten Karfunkel, nachdem er ihn recht erkannt und selbst noch einen Versuch mit ihm angestellt hatte, barg ihn in ein reiches Kästchen, erwählte eine Schar von zweitausend Reitern, halb Mohren und halb Numidier, und in seinem Gefolge mit allem ausgerüstet, um am Hofe zu Dschenabad ein prächtiges Fest veranstalten zu können, wenn er es angemessen fände, sich zu erkennen zu geben, reiste er ab, nachdem er die Reichsverwaltung klugen Staatsmännern und erfahrenen Feldherrn übertragen und seinen Völkern erklärt hatte, daß er bald wiederkehren und die schönste Königin heimführen werde, die jemals auf den Thronen von Asien und Afrika geglänzt
Weitere Kostenlose Bücher