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Tausend und ein Tag - Orientalische Erzählungen

Titel: Tausend und ein Tag - Orientalische Erzählungen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anonymer Verfasser
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Elefanten zur Hand hätte. Dieser hatte wirklich noch einen und erschien anderen Tages auf ihm. Sigan aber hatte eine heimliche Kriegslist im Sinne, deren jener sich nicht versah: er hatte nämlich anstatt seines Streitrosses ein anderes Untier bestiegen, das von Natur der furchtbarste Feind des Elefanten ist, nämlich ein Nashorn. Dieser zweite Gang war eigentlich ein Kampf der beiden ungeheuren Tiere; das des Persers wußte nach manchen Wendungen dem des Tataren die Seite abzugewinnen, schlug dem Elefanten sein Horn gewaltig in den Bauch und brachte ihm eine so große und tiefe Wunde bei, daß seine Eingeweide alsogleich hervordrangen. Das Nashorn verdoppelte seine Angriffe, zerfleischte ihn vollends und versetzte ihm den Todesstoß. Der unglückliche Serddschan aber wurde von dem unter ihm zusammenstürzenden Untiere, das sich sterbend auf dem Boden wälzte, zermalmt.
    Doch das Tatarenheer war herbeigeeilt, Sigan wurde umringt, überwältigt und mit seinem Nashorn gefangengenommen. Folgenden Tages wurde er gegen Sirtak ausgewechselt, der dabei nun ausgemacht hatte, weder der eine noch der andere sollte fürder im Zweikampfe kämpfen, auf daß nicht beide Heere ihrer tapfersten Streiter beraubt würden.
    Als die Sachen also standen, ließ der furchtbare Bogakan durch zwölf Herolde mit ebensoviel Bläsern ausrufen, daß er selbst mit Siaûr den Zweikampf wagen wolle, auf daß der Krieg durch den Tod des einen oder des andern beendigt würde. Er fügte noch hinzu, wenn Siaûr den Zweikampf verweigere, würde er wahrlich seinem Perservolke damit beweisen, daß es einem Feigling gehorchte, der unwürdig wäre es zu beherrschen.
    Der Sultan aber erschrak ob dieser Herausforderung und begab sich voll lebhafter Besorgnis in seinen Palast; und er sprach davon zu der Sultanin, Hurschids Mutter; diese beeilte sich nun, ihre Tochter davon zu benachrichtigen.
    »Beruhige den Sultan, meinen Vater, «erwiderte die hochherzige Prinzessin, »und sage ihm, ich habe diese Nacht einen Traum oder vielmehr eine Offenbarung des Himmels gehabt, welche verkündigt, daß morgen abend Bogakans Kopf sicherlich vom Rumpfe getrennt im Staube rollen wird. Bitte nur den König, das Heer morgen in Schlachtordnung aufzustellen und ein von den übrigen abgesondertes Zelt errichten zu lassen; ein junger, furchtbarer Streiter wird aus ihm hervortreten und die den Persern zugefügten Unbilden an den Tataren rächem«
    Diese trostreiche Weissagung aus dem Munde einer jungen Prinzessin, die die ganze Freude und Hoffnung ihrer Eltern war, beruhigte ihre Mutter und wurde ihrem Vater, dem Sultan, gemeldet, der das Zelt alsogleich aufschlagen ließ.
    Während der Nacht wurde auf beiden Seiten alles vorbereitet.
    Hurschid teilte ihrem geliebten Ferahschad ihren Entschluß mit und sprach zu ihm: »Ich würde dir die Ehre der Besiegung Bogakans überlassen, hätte ich nicht ein Mittel, wodurch ich ihn unfehlbar zu Boden schlagen werde und das ich allein anwenden kann; du aber sollst die Ehre und den Vorteil dieses Sieges davontragen. Folge mir.«
    Nachdem sie ihrem getreuen Eunuchen um ihr Vorhaben hatte wissen lassen, gingen sie zu dritt durch den unterirdischen Gang, von dem schon die Rede gewesen ist, zu Asads Behausung neben dem Bethause des Propheten Elias. Dort nun legte das Liebespaar glänzende und vollkommen gleiche Rüstungen an; Asad und der Eunuche, ebenfalls gleich gekleidet, folgten ihnen als Waffenträger. Alle vier begaben sich zunächst in das aufgeschlagene Zelt; mit Tagesanbruch aber war es Hurschid, die, allen Bitten und Vorstellungen und Besorgnissen Ferahschads zum Trotze, in voller Rüstung zum Kampfe gegen Bogakan aus ihm hervortrat. Bald sah man auch ihn stolz auf dem Kampfplatze einhersprengen. Die Prinzessin von Persien ritt in nicht minder stolzer Haltung heran, ihre zarte und schlanke Gestalt zwar und ihre glänzende Rüstung, und ihr weiß und grün und rosenfarbener Federbusch, und ihr leichtes Pferd, das mehr das Ansehen eines gemächlichen und zierlichen Zelters denn eines Streitrosses hatte – alles dies war nicht gerade geeignet, dem Tataren Schrecken einzujagen; indessen konnte er sich der Verwunderung darob nicht erwehren. Sein schöner Feind zog das Schwert und ritt dicht heran, aber anstatt es zu schwingen, senkte er es und redete ihn mit folgenden Worten an:
    »O König Bogakan, du erkennst ohne Zweifel, daß es nicht Siaûr ist, mit dem du zu kämpfen hast, aber es ist sein anderes Selbst; wisse, seine Tochter ist es,

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