Tausend und ein Tag - Orientalische Erzählungen
aber sprach: »Sie hat des Guten zuviel getrunken«, ein andrer meinte: »Sie ist wahnwitzig«, während ein dritter sagte: »Sie treibt den Spaß gar zu weit!« Das arme Weib war ganz bestürzt, wußte nicht, was zu tun war, und ging nach Hause. Als Basem sich solcherart des alten Weibes entledigt hatte, sah er auf seine fünf Dirhems und rief aus: »Bei Allah, als Makil will ich leben und sterben! Was, für den Ausspruch zweier Worte erhalte ich zwei Dirhems, für das Fassen eines Schuldners drei Dirhems ? Dann erhalte ich gewiß für einen Falscheid zwanzig und für das Betrügen eines Gläubigen fünfzig Dirhems! Ja, als Makil will ich leben und sterben!« Eilends ging er nun in den Basar und kaufte seiner Gewohnheit nach seine Vorräte ein, dann erleuchtete er sein Gemach, aß und trank und sang und dankte Allah, daß er ihn instand gesetzt hatte, sein gewohntes Leben zu führen.
Während Basem nun also beschäftigt war, dachte der Kalif seiner oft und brannte darauf, zu erfahren, welchen Erfolg das Schließen der Bäder gehabt hatte. Er sprach zu Dscha'afar: »Mich soll wundern, was mit unserm Freunde Basem geschehen ist; es muß ihm jämmerlich ergehen, im dunklen Gemache muß er ohne Abendessen beim leeren Kruge sitzen. Ich bin willens, ihn aufzusuchen!« »Laß uns ums Himmels willen, o mein Gebieter, bleiben, wo wir sind,« sagte Dscha'afar darauf, »schon zweimal hat uns Allah den Fängen dieses reißenden Wolfes entrissen, der uns bei bester Laune gar so schrecklich bedrohte; was haben wir nun erst, da er wild ist, zu befürchten!« »Dennoch habe ich mich entschlossen, ihn diese Nacht aufzusuchen«, entgegnete der Kalif. Der Wesir erwiderte: »Ach, o Beherrscher der Gläubigen, der Krug geht so lange zu Wasser, bis er bricht!« »Schweig, ich fordere Gehorsam«, rief der Kalif aus.
Wiederum also verkleidet, gingen der Kalifund Dscha'afar mit Masrur durch die Geheimpforte des Palastes hinaus, fanden Basems Gemach wie immer erleuchtet und erblickten seinen Schatten mit dem Becher in der Faust an der gegenüberstehenden Wand, kurz, dem Anscheine nach alles wie bisher. Auf des Kalifen Geheiß klopfte Dscha'afar an die Haustüre. »Wer ist denn da!« rief Basem hinunter. Sie antworteten: »Deine Gäste, die Kaufleute aus Mosul!« »Weder Gruß noch Willkomm sage ich euch«, erwiderte Basem; »wenn ihr nicht eures Weges zieht, sollt ihr, bei Allah, die finsterste Nacht sehen, die ihr je erlebt habt!« Dscha'afar rief: »O Bruder, wir haben dir wahrlich nur zwei Worte zu sagen, laß uns doch nur ein!« Als Basem aus seinem Fenster blickte und sie an seiner Türe stehen sah, rief er hinunter : »He, was wollt ihr denn von mir? Geht, sage ich euch, nie habt ihr mir etwas Gutes gebracht; alle Grobschmiede und Badehalter Bagdads sind durch euch zugrunde gerichtet.« Dscha'afar aber tat, als wüßte er nicht um das Vorgefallene, bat nur um Einlaß und sagte: »Wir haben den ganzen Tag bis auf diesen Augenblick in unsrer Herberge in Geschäften zugebracht und wissen nichts von den Vorgängen in der Stadt!« »Habt ihr wirklich verschlafen, was heute geschehen ist?« »Wahrlich, wir wissen nichts und bitten dich um Allahs willen, erzähl es uns!« Basem erwiderte: »Nun, so bitte ich euch um Allahs willen, kommt die Treppe herauf spaziert, auf daß ich es euch kundtue und wissen lasse. Doch nur unter solcher Bedingung: erstens, daß ihr nicht treulos an mir handelt und Zaubereien gegen mich anstellt, denn alles, was ihr bisher ausgesprochen habt, hat sich ereignet, als wenn es in Stein gemeißelt wurde, und zweitens: niemand soll mich durch unzeitiges Reden unterbrechen oder aufregen!« Nach geschlossenem Pakte wurden sie die Treppe hinaufgelassen, fanden in der Stube alles wie gewöhnlich angeordnet und nahmen schweigend ihre Ecke ein. »Nun, o meine Gäste,« hob Basem zu reden an, »sagt mir, so wahr ihr auf Allahs Gnade hofft, wißt ihr gar nichts von dem, was heute vorgefallen ist und was der Querkopf, der Kalif, angezettelt hat?« Kaum konnten sich seine Zuhörer das Lachen verbeißen und baten ihn, weiterzusprechen. Da sagte Basem: »Aus seinem struppigen Barte und seinem dummen Gehirnkasten heraus hat er den königlichen Befehl ergehen lassen, daß alle Bäder Bagdads für drei Tage geschlossen sein sollen. Wie ich euch gestern erzählte, hatte ich den Beruf eines Badeknechts ergriffen; da hat mich solch verdammter Befehl wieder brotlos gemacht und in solche Not versetzt, wie niemals zuvor ein Menschenkind
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