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Tausend und ein Tag - Orientalische Erzählungen

Titel: Tausend und ein Tag - Orientalische Erzählungen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anonymer Verfasser
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sterben!« Nun füllte er noch einmal seinen Becher und goß ihn nach seiner Gewohnheit hinunter, fing dabei zu rülpsen an und sagte: »Und dies dem Kalifen in den Bart.« Der Kalif sagte aber bei sich selbst: »Morgen will ich an diesem Trunkenbolde ein Beispiel aufstellen, daß alle Leute Bagdads zu reden haben sollen!«
    Als der Kalif andern Morgens, umgeben von seinen Emiren und Wesiren und seinem Hofstaate, auf dem Throne saß, trat sein Großwesir Dscha'afar in den Saal, warf sich vor dem Throne nieder und wünschte seinem Gebieter ein langes und frohes Leben. Der Kalif sprach zu ihm: »O Dscha'afar, sende unverzüglich in meinem Namen einen Befehl an den Makami, man soll eine genaue Musterung der Makils aufstellen, auf daß das Volk nicht von denen betrogen wird, die sich eigenmächtig in dies Amt eingedrängt haben. Alle schon länger angestellten sollen mit Erhöhung ihres Soldes bleiben; doch die, die erst seit kurzem im Dienste sind und sich ohne Empfehlung selber eingedrängt haben, sollen mit Hieben auf die Fußsohle bestraft und fortgejagt werden!« Sogleich wurde dem Befehle des Sultans nachgekommen.
    Unterdessen erwachte Basem auf derselben Stelle, an der ihn seine Gäste in der Nacht gelassen hatten, als bereits die Sonne aufgegangen war, aus dem Schlafe und sprach zu sich selbst: »Ich habe heute gar übel mein Morgengebet verschlafen!« Dann zog er sich an, wand sich seinen Turban sorgfältig um und rief beim Bartkämmen aus: »Gib, o gütiger Himmel, daß ich als Makil lebe und sterbe!« Er brach auf und verschloß seine Türe, ging nach dem Makami und gesellte sich dort den Makils zu, die bei der Sitzung des Kadis zugegen waren. Als dem Kadi des Kalifen Befehl überreicht wurde, erhob er sich von seinem Sitze, küßte das Papier zum Zeichen seiner Ehrfurcht und seines Gehorsams und legte es auf seinen Kopf; dann aber sagte er: »Laßt die Geräte zur Bastonade, den Filk (welcher dazu dient, die Hiebe von den Schenkeln abzuhalten) und die Ruten herbeibringen; alle Makils sollen vortreten, wenn sie aufgerufen werden!« Basem, der auf alle Vorgänge hier sehr achtgab, sprach bei sich selbst: »O Allah, was bedeutet alles solches, was soll hier vor sich gehen?« Der zuerst aufgerufene Makil machte eine Verbeugung und stand mit gekreuzten Armen und zum Boden gesenkten Augen vor dem Kadi. Der aber fragte ihn: »Wie heißest du, wie dein Vater und Großvater? Welchen Sold hast du, und auf wessen Empfehlung bekamst du dein Amt?« Trat der Makil zwei Schritte vorwärts und entgegnete: »Mein Name ist Magid, der meines Vaters Salem, und meines Großvaters Napha; mein Sold beträgt drei Dinare und jährlich ein Amtskleid. Ich erbte mein Amt von meinen Ahnen und wurde von dem und dem empfohlen!« Daraufhin bewilligte ihm der Kadi eine Aufbesserung und hieß ihn sich seitwärts stellen, um dem Nachfolgenden Platz zu machen.
    Basem sagte bei sich selbst: »Bis auf den heutigen Tag war eine solche Musterung der Makils ganz unerhört auf der Welt. Allein bei Allah, dem Allgütigen, ist Trost und Rettung! Was soll nun mit mir geschehen?«
    Aus diesen Erwägungen wurde Basem durch des Kadis Ruf aufgeschreckt, doch regte er sich nicht, bis er zum zweiten Male rief. »Wie heißest du?« fragte der Kadi. »Basem, der Grobschmied!« »Da du Grobschmied von Beruf bist, seit wann bist du denn da Makil geworden?« Da antwortete Basem: »Ehegestern bin ich eingetreten; aber o Kadi,« fügte er hinzu, »ich bin ein Mann von merkwürdigen Fähigkeiten; wenn es dir beliebt, kann ich Kadi oder Makil oder ein weiser andächtiger Mann mit einem geräumigen Bauche sein!« Bei solchen Worten konnten sich weder Kadi noch Zuhörer eines Gelächters enthalten. Doch Basems Schenkel wurden sogleich in den Filk geschlossen, und er empfing die vom Kalifen angeordneten Fußsohlenhiebe.
    Nach diesem Ungemache kehrte er nach Hause zurück und setzte sich zerschlagen und schwermütig nieder, um seine Lage zu bedenken. Bald aber wurde er wieder guten Mutes, stand auf und gürtete seine Lenden, nahm ein Stück von einem alten Palmbaum, das die Gestalt eines Schwertes hatte, und versah es mit einem Gehenk, rückte seinen Turban zurecht und sagte: »Ich habe weder Herrn noch Freund jetzt in der Stadt und muß deshalb meinen Lebensunterhalt anderswo suchen! Wie, soll ich heute nacht etwa ohne meine gewohnte Mahlzeit schlafen gehen? Nein, die ganze Welt steht mir offen.« Jetzt machte er sich auf, verließ seine Wohnung und wanderte aus einer

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