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Tausend und ein Tag - Orientalische Erzählungen

Titel: Tausend und ein Tag - Orientalische Erzählungen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anonymer Verfasser
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sollte.
    Als Basem nun so dastand, kam ein Weib daher, das ihn, wie sie den stattlichen und handfesten Burschen mit seinem Turban um den Kopf so dastehen sah, für einen Makil oder Gerichtsdiener des Kadi hielt,und sprach zu ihm: »Sage mir bitte, o Herr, bist du ein Makil?« Basem antwortete, indem er die Augen im Kopfe umherrollte: »Ich bin, wenns dir beliebt, kraft der Bestallung und Ernennung durch den Kadi der Kadi ein mächtiger Makil; oder wenn dus lieber siehst, gar ein Richter, der hier Recht sprechen und Zwistigkeiten schlichten kann, und habe die Macht zu scheiden und zu bestätigen; kurz, ich vermag alles, was du immer verlangst; setze mir nur dein Anliegen auseinander!« »O Hadschi, das sind der Worte gar viele«, sagte das Weib; »ich habe eine gerechte Klage gegen meinen Schuldner!« Da sprach Basem: »Laß hören, wer dein Schuldner ist, auf daß ich ihn vor den Kadi führen kann, der in seinem Glänze zu Gerichte sitzt und seinesgleichen nicht auf Erden hat. Nimm mich zu deinem Makil an; für zwei Drittel eines Dinars will ich deine Sache gewinnen, wenn dein Gegner unrecht hat. Aber auch im Gegenteil will ich dein Unrecht zu Recht machen. Komm nur mit mir nach dem Makami oder Gerichtshause meines Viertels, und ich hafte dir dafür, dein Schuldner soll dir gerecht werden!« Da sprach das Weib: »Ich habe eine Klage wider meinen Mann; er ist mir seit fünf der Jahre die Gewänder schuldig und außerdem noch fünf Dinare und einen Asper für Ausgaben, wie es deutlich aus meinem Heiratsvertrage hervorgeht. Auch ist er sehr nachlässig in der Erfüllung seiner Pflichten gegen mich und schläft öfters außer dem Hause!« »Welches Gewerbe betreibt dein Mann?« fragte Basem. »Ei, er ist Schuhmacher«, erwiderte das Weib. »So, ein Lederrecker, na, bei Allah, dem will ich den Kopf zurechtrecken«, sagte Basem darauf. Die Frau antwortete: »Wär es nicht besser, o Hadschi, wenn wir in dem Makami meine Klage niederschreiben ließen und vom Kadi den Befehl zur Vorladung des Beklagten erlangten?«
    »Das ist unnötig, glaube es mir nur,« fuhr Basem fort, »zur schnelleren Erledigung der Geschäfte hat mich der Kadi ermächtigt, in seinem Namen zu unterzeichnen!«
    Darauf nahm er sie bei der Hand und führte sie nach dem Gerichtssaale; er ging aber allein hinein und kam nach einer Weile wieder heraus: »Wenn du dich mir gegenüber erkenntlich zeigst,« sprach er zu ihr, »so sollst du sehen, was ich für dich tun will; ehe noch eine Stunde herum ist, soll dein Mann in sicheren Gewahrsam gebracht sein!« Hierauf löste die Frau von ihrer Goldschnüre, die sie um den Kopf trug, zwei Dirhems los und reichte sie Basem. Der aber ergriff sie mit solcher Gier, wie ein Habicht auf eine Beute'stößt, und sagte dabei zu sich selbst: »Nun bin ich wieder Basem, Allah sorgt für mich!«
    Sie gingen jetzt zusammen nach der Kaisarijah, wo der Mann des Weibes war. Bevor Basem aber eintrat, zog er seinen Turban in die Höhe, rückte ihn sorgsam zurecht und entblößte seine Arme, um sich noch mehr das Aussehen des Beamten zu geben, den er vorstellen wollte. Das Weib bezeichnete ihm seinen Ehemann, und er sah ein hageres und bleiches und winziges Männchen, das gerade sein Freitagsgebet verrichten wollte. Ohne ein Wort verlauten zu lassen, nahm ihn Basem samt dem Teppiche, auf dem er kniete, auf den Arm und wollte ihn forttragen. Da rief das Männchen: »O Hadschi, o Hadschi, bei Allah, was soll das bedeuten!« Basem antwortete: »Du sollst nur den erhabenen Gesetzen Ehrfurcht und Gehorsam bezeigen!« »Schone meiner«, flehte der Schuhmacher, »und setze mich wieder auf die Erde, auf daß ich mein Obergewand und meine Pantoffeln anziehen kann. Bei meinem Kopf und meinen Augen, ich will mit dir gehen, aber trage mich nicht so dahin!« Jetzt setzte ihn Basem mit seinem Teppich auf den Boden, während sich alles Volk aus der Kaisarijah um sie her drängte. Der Gefangene fragte nun Basem, wer denn sein Kläger sei. Er antwortete: »Dein Weib ist dein Kläger, und ich bin der ihr zugeordnete Makil. Die Klage wider dich lautet auf fünfzig (wie er anstatt fünf sagte) Dinare und die ihr seit fünfzig Jahren zukommenden Kleidungsstücke!« Da rief der arme Schuhmacher aus: »Bei Allah, wir sind erst seit fünf Jahren verheiratet, sieh, wie kann sie da von mir Gewänder für fünfzig Jahre beanspruchen, sintemal ich selbst doch kaum vierzig Jahre alt bin.« »Nichts weiß ich von alledem; du und deine Frau, ihr mögt es vor dem

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