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Tausend und ein Tag - Orientalische Erzählungen

Titel: Tausend und ein Tag - Orientalische Erzählungen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anonymer Verfasser
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Sohne zu verhelfen!« »O König,« antwortete der Abdal, »das ist Schuld deiner Erhabenheit. Sie ist Ursache, daß der dritte Prinz einer so elenden Gemütsart ist!« »Und wie das?« fragte der König. Der Derwisch antwortete: »O Herr, du hast für deinen ersten Sohn einen Widder gegeben, der ein edles und mutiges Tier ist, und für den zweiten ein Pferd, das ein Tier von einer sanften Gemütsart ist, welches dazu dient, die Menschen auf der Erde zu tragen; solche Geschenke waren Allah genehm, der dir zur Belohnung zwei tugendbegabte Kinder gegeben hat; du hast ihm aber für deinen dritten Sohn einen Maulesel gegeben, das gemeinste und lasterhafteste unter den Tieren, und um dich zu strafen, weil du ihm ein so verächtliches Opfer dargebracht hast, hat er dir einen, den andern so unähnlichen Prinzen geschickt. Wer Gerste sät, kann keinen Weizen ernten.« Solcherart war die Antwort, welche der Abdal dem Sultan gab, der sich mit seinen Leuten nicht eher darüber beruhigte, bis er seinen Sohn hatte töten lassen.

Die Geschichte vom Sperling und seinem Weibe
    ES ist überliefert worden, daß es am Hofe Sulaimans – Heil über ihn! – einen kleinen Sperling gab, dessen Rede dem Propheten und Könige wohl gefiel. Eines Tages war er verschwunden. Sulaiman schickte deshalb nach ihm einen andern Vogel aus. Der Grund seines Verschwindens aber war der, daß er seit langer Zeit nicht zu seinem Weibchen gekommen war. Darüber machte ihm nun dieses Vorwürfe, indem es sprach: »Es sind mehrere Tage, daß du mich nicht gesehen hast; jetzt verläßt du mich schon wieder und gehst zu Sulaiman: liebst du ihn denn mehr als mich, oder fürchtest du dich, wenn du nicht gehst?« Der Sperling sprach: »Bei Gott, ich gebe dich nicht um alles in der Welt! Und so bin ich auch der Welt zum Trotze hergekommen und gehe bloß meines Vergnügens halber wieder zu Sulaiman; wäre das nicht, was sollte ich mich vor ihm fürchten? Mit diesen Worten setzte er sich nieder und brüstete sich gewaltig. Der Vogel, welchen Sulaiman nach ihm ausgeschickt hatte, hörte, indem er zu ihm herantrat, das Prahlen und das eitle Gerede des Sperlings, kam und hinterbrachte es dem Propheten. Dieser gebot ihm in Ernst und Strenge, folgenden Befehl sogleich an jenen zu überbringen: »Komm schnell, Sulaiman befiehlt dirs hiermit!« Kaum aber hatte der Sperling diesen Befehl vernommen, als er in Eifer geriet und sprach: »Geh und packe dich, du und Sulaiman – oder ich werde sogleich kommen und mit einem Feuerbrande sein Schloß über ihn anzünden!« Er war bei diesen Worten so zornig geworden, daß jener Vogel verdutzt und betroffen zu Sulaiman zurückkehrte und ihm diesen Sachverhalt meldete. Sulaiman aber fragte: »Wer war bei ihm, als er diese Rede sprach?« Jener erwiderte: »O Prophet Gottes, es war sein Weibchen bei ihm.« Sulaiman sprach darauf: »Nun hat es nichts mehr zu sagen, ich mache mir darüber keine Angst und Besorgnis, da es nichts Tadelnswürdiges ist, sich vor seinem Weibchen und in seinem Hause zu brüsten und zu loben! Wie will er mir mein Schloß, zu dem mit größter Mühe und Anstrengung so viele Dämonen einen einzigen Stein kaum herbeischaffen konnten, mit einem Brande über mir entzünden?« Daß jener Vogel eine solche Rede geführt hatte, gefiel dem Propheten Sulaiman sehr wohl, und er wählte sich ihn zum Gesellschafter.

Die Geschichte von Harun al-Raschid und der Sklavin
    Zur Zeit, als der Kalif Harun al-Raschid den Thron bestieg und Kalif wurde, waren die Einwohner der Stadt Kairo zu spät gekommen, um dem Kalifen zu seiner Thronbesteigung Glück zu wünschen. Darüber geriet der Kalif so sehr in Zorn, daß er den Türhütern befahl, von jetzt an jeden, der noch kommen würde, gefangenzunehmen und in das Gefängnis zu werfen. Diesem Befehle gemäß nahmen sie jeden Großen der Stadt, der in dieser Absicht herbeikam, gefangen und warfen ihn in das Gefängnis. Der Kalif ging drei, vier Tage nicht aus, sprach zu niemandem ein Wort und blickte niemandem in das Gesicht, sondern setzte sich voller Wut und Zorn für sich hin. Eines Tages nun, da er sich noch nicht hatte beruhigen lassen, schüttete plötzlich eine Sklavin während des Essens ein Gericht auf den Kalifen. Hierüber wurde er so erzürnt, daß er die Sklavin in Stücke zerreißen wollte. Die Sklavin sprach: »O Kalif der Erde, Allah, der Erhabene, hat geruht zu sagen: Die ihren Jähzorn unterdrücken!« Sogleich beschwichtigte sich dadurch des Kalifen Zorn, und er

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