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Tausend und ein Tag - Orientalische Erzählungen

Titel: Tausend und ein Tag - Orientalische Erzählungen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anonymer Verfasser
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anbietest?« O Gebieter,« entgegnete ihm der Abdal, »ehe ich ihn dir sage, mußt du Befehl geben, daß man mir diese Summe zahlt.« Der König ließ sie ihm reichen und wartete darauf, für sein Geld irgend etwas Außergewöhnliches zu hören, als der Derwisch zu ihm sagte: »Dies, o Gebieter, ist mein Rat: beginne niemals etwas, dessen Ende du nicht bedacht hast!«
    Alle Beis und die anderen Leute, welche in der Gefolgschaft des Königs waren, stimmten bei solchen Worten ein Gelächter an; und es höhnte einer, daß der Abdal sehr neue Lebensregeln auftische. »Er tat recht daran,« sagte ein anderer, »sie sich vorher bezahlen zu lassen.« Als der König sah, wie sich alle Welt über den Derwisch lustig machte, nahm er das Wort: »Ihr habt keine Ursache,« sprach er, »über den Rat zu lachen, den mir der gute Abdal eben gegeben hat; niemals sollten wir es versäumen, wenn wir ein Unternehmen vor uns haben, zu erwägen und wohl zu überlegen, wie es ausgehen kann; nichtsdestoweniger verwickelt man sich alle Tage, statt solches zu beherzigen, in schlechte Händel. Ich für meine Person will den Rat des Derwischs sehr beherzigen, will mich seiner unaufhörlich erinnern; und um ihn täglich vor Augen zu haben, befehle ich, daß man ihn in goldenen Lettern über alle Tore meines Palastes anbringt, auf allen Mauern und auf meinem Hausrat, und daß man ihn in mein Tafelgeschirr einprägt.« Solches wurde alsogleich vollzogen.
    Wenige Zeit nach diesem Abenteuer beschloß ein Großherr des Hofes – mehr durch Ehrsucht angestachelt als durch einen Grund, den er hatte, sich über den König zu beklagen –, seinen Fürsten der Krone und des Lebens zu berauben. Um dies anzubahnen, setzte er sich in den Besitz einer vergifteten Lanzette, und sich an den Leibarzt des Königs wendend, sprach er zu ihm: »Wenn du dem Könige mit dieser Lanzette zur Ader lassen willst, so nimm hier zehntausend Golddinare, die ich dir jetzt geben will. Sowie du den Stich getan hast, ist der Thron mein, und ich weiß, mit welchem Mittel ich ihn besteigen kann, und verspreche dir, wenn ich erst herrsche, will ich dich zu meinem Großwesir machen, und du sollst die königliche Macht mit mir teilen!« Den Arzt verblendete der Vorschlag des großen Herrn, und er willigte ohne Bedenken darein, empfing die Goldstücke und steckte die Lanzette in seinen Turban, um sich ihrer bei der nächsten Gelegenheit zu bedienen.
    Sie bot sich ihm bald. Der König hatte einen Aderlaß nötig. Man ruft den Arzt. Er kommt und beginnt den Arm des Königs zu verbinden, als man ihm ein Gefäß bringt, um das Blut aufzufangen. Der Arzt nimmt die unheilvolle Lanzette aus seinem Turban, aber in der Zeit, als er sich vorbereitet, den König zu stechen, wirft er zufällig einen Blick auf das Gefäß und liest dort diese Worte, welche oben eingegraben waren: ›Beginne niemals etwas, dessen Ende du nicht bedacht hast.‹ Er fällt alsobald in tiefes Nachdenken und spricht zu sich selbst: ›Wenn ich den König mit dieser Lanzette steche, muß er sterben. Wenn er stirbt, wird man nicht zögern, mich festzusetzen und unter schrecklichen Martern zu Tode zu bringen; wozu könnten mir dann die Goldstücke nützen, welche ich empfangen habe?‹ Durch diese Erwägungen bestürzt geworden, bringt er die vergiftete Lanzette wieder in seinen Turban zurück und zieht eine andere aus seiner Tasche. Der König, welcher ihn beobachtet, fragt, weshalb er die Lanzette wechsele. »O Gebieter,« antwortet ihm der Arzt, »solches geschieht, weil die Spitze der ersten nicht gut ist!« »Zeige sie mir,« begehrt der Fürst, »ich will sie sehen!« Der Arzt stand betreten und zitternd da. »Was bedeutet dein Zittern?« rief der König. »Deine Verwirrung verbirgt ein Geheimnis, eröffne mir ihre Ursache, oder du stirbst zur Stunde!« Der durch diese Drohungen eingeschüchterte Arzt warf sich dem Könige zu Füßen, indem er ausrief: »O Gebieter, wenn deine Erhabenheit mir Gnade werden lassen will, gestehe ich die Wahrheit!« »Nun wohl, sprich,« erwiderte der König, »ich verzeihe dir alles, wenn du mir nichts verheimlichst.« Und der Arzt erzählte ihm alles, was sich zwischen dem Großherrn und ihm zugetragen hatte, und gestand, daß der König den Worten, welche in das Becken eingegraben waren, das Leben verdankte.
    Der König befahl auf der Stelle seinen Wachen, den Großherrn festzunehmen, und wandte sich dann zu seinen Beis und sagte: »Nun, findet ihr jetzt noch, daß ihr recht hattet,

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