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Tausend und ein Tag - Orientalische Erzählungen

Titel: Tausend und ein Tag - Orientalische Erzählungen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anonymer Verfasser
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euch über den Derwisch lustig zu machen? Ich befehle, man soll ihn überall suchen und vor mich führen. Ein Rat, der Königen das Leben rettet, kann nicht teuer genug bezahlt werden!«

Die Geschichte dreier vom Himmel erhaltener Prinzen
    ES gab einst in dem Palaste des Mogul einen Sultan, der eine sehr schöne Frau hatte. Beide liebten sich sehr zärtlich, und es fehlten ihnen nur noch Kinder zu einem vollkommenen Glücke; aber obwohl sie jung waren, der eine und die andere, konnten sie doch keine bekommen. Der Sultan war hierüber sehr betrübt und ließ einen Derwisch holen, der für einen heiligen Mann im Lande galt und dessen Bitten in der Tat auch immer erhört wurden. »O Derwisch,« sprach er zu ihm, »ich bin trostlos, keine Kinder zu haben. Bete zu Allah, dem Allmächtigen, daß er mir in seiner Güte einen Prinzen schenkt!« »O König,« sagte der Derwisch dawider, »dazu ist es notwendig, daß deine Erhabenheit dem Kloster meiner Ordensbrüder ein Geschenk schickt, auf daß wir zu Allah zur Vollendung deiner Wünsche Gebete schicken. Allah ist ein freigebiger König, der dir einen Sohn gewähren wird!«
    Der Sultan aber hatte einen fetten Widder, den er über die Maßen liebhatte, zumal er immer siegreich aus den Kämpfen der Widder hervorging, die oft das Vergnügen seiner Hoheit ausmachten. Er ließ dieses Tier mit mehreren Lasten Reis und Butter zum Kloster der Derwische bringen. Die frommen Abdals töteten den Widder, zerlegten ihn in Stücke und kochten ihn in dem Reis und der Butter. Als das Gericht so weit war, daß es aufgetragen werden konnte, schickten sie dem Sultan eine Schüssel voll davon, indem sie ihm anempfahlen, von der Zukost der Derwische zu essen, mit dem Wunsche, einen Sohn zu bekommen. Darauf begannen sie, wie um die Wette, alle über das zubereitete Essen herzufallen. Nach dem Mahle tanzten sie den verzückten Tanz, welcher Semaa heißt; und in ihrer Verzückung beteten sie zu Gott um einen Prinzen für den Sultan und sagten zu diesem Zweck ein Gebet auf; und durch die göttliche Allmacht wurde die Sultanin in dieser Nacht schwanger. Sie gebar neun Monate später einen Sohn, welcher die Schönheit der Sonne verdunkelte. Der König veranstaltete außergewöhnliche Lustbarkeiten wegen der Geburt dieses Sohnes und versammelte seine Völker und erwies ihnen zahllose Freigebigkeiten. Er nahm den kleinen Prinzen und hüllte ihn, um ihn mit Segen zu überschütten, in das Gewand des Obersten der Derwische ein, dessen Kloster er viele Wohltaten erwies.
    Als sich einige Jahre hernach aber der Sultan mit diesem ehrwürdigen Manne unterhielt, sprach er zu ihm: »O Derwisch, ich wünschte, daß du dieselbe Bitte an Gott richtetest und ihn für mich um noch einen kleinen Prinzen batest!« »O Gebieter,« sprach der Abdal, »die Gnade des Allerhöchsten ist unerschöpflich, es steht bei dir, sie zu erbitten, und bei ihm, sie uns zu gewähren, wenn es ihm für seinen Ruhm gut dünkt; jedoch mußt du den armen Derwischen ein neues Geschenk geben.« Der Sultan schickte ihnen das schönste Pferd seines Marstalls. Sie verzehrten es, tanzten und beteten wie das erstemal; die Königin wurde schwanger, und am Ende des neunten Monats gebar sie einen Prinzen, der dem Monde ähnlich war. Der König hatte nicht weniger Freude über diesen Sohn als über den ersten, noch gab er weniger Almosen für die Abdals.
    In der Folge bat der Sultan den Derwisch, zu Gott um einen dritten Sohn zu beten. »O Gebieter,« entgegnete der Abdal, »unsere Sache ist es, zum Herrn zu beten, die seine, uns zu geben, worum wir ihn bitten; aber es bedarf noch eines Geschenkes für die armen Derwische.« Der Sultan schickte ihnen einen schönen Maulesel, sie verkauften ihn; von dem Gelde aber, das sie für ihn lösten, handelten sie Vorräte ein. Ihre Bitte wurde erhört, die Sultanin wurde guter Hoffnung und brachte neun Monate später einen Prinzen zur Welt, welcher den andern an Schönheit nicht nachstand.
    Als die drei Prinzen herangewachsen waren, erwiesen sich die beiden ältesten als sehr tugendreich; der jüngste jedoch zeigte tausend schlechte Eigenschaften und beging jeden Tag seines Lebens ein neues Verbrechen. Er schlug die Ermahnungen seiner Lehrer und auch die Drohungen seines Vaters, welcher lebhaft betrübt war, einen solchen Sohn zu haben, in den Wind.
    Eines Tages sprach nun der Sultan zum Derwisch: »Möchte es doch Allah gefallen haben, daß ihr nicht zu ihm gefleht hättet, um mir zu einem so schlechten

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