Tausend und ein Tag - Orientalische Erzählungen
ging und tat also.
Das Gerücht von diesem Unfälle, der den Kaufmann betroffen hatte, verbreitete sich alsobald in der Stadt Kairo indem es hieß, man habe vergangene Nacht den Laden des und des Kaufmanns erbrochen und alles, was er darin gehabt, genommen; an seinen eignen Waren sei ihm wenig gelegen, darunter aber sei ein kostbares Kleid, von einer Frau zum Unterpfande dagelassen, bei dem Einbruche auch mit fortgenommen worden. Das schmerze ihn mehr! Endlich gelangte denn auch die Nachricht von diesem Unfälle des Kaufmanns zu den Ohren jener verschmitzten Frau. Sie wurde heiter und froh nahm die einmalhunderttausend Asper und sprach zu ihren Sklavinnen: »Macht euch auf, wir wollen gehen, ihm das Geld wiedergeben und dafür das Kleid verlangen. Wenn es gestohlen ist, so wird er sagen: »Ich will den Preis dafür geben!« Da wollen wir nun behaupten, daß es für eine Million Asper gekauft worden ist. Ist es aber nicht gestohlen, so wollen wir vier, fünfmalhunderttausend Asper als Preis dafür verlangen!«
Als die Frau wieder zum Kaufmann kam, grüßte sie ihn, winkte den Sklavinnen, ließ das Geld herbeibringen und legte es vor den Kaufmann hin. Und sprach: »O Kaufmann, siehe, hier ist das Geld, bringe du mir mein Kleid!« Der Kaufmann sprach: »Das Kleid ist mir gestohlen!« Da sagte die Frau: »Das geht mich nichts an; du mußt mir mein Kleid wiedergeben!« Darauf kamen die Kaufleute zusammen und sprachen: »O Kaufmann, bezahle den Preis dafür!« Sie fragten nun die Frau: »Wie hoch ist der Preis des Kleides gewesen?« Sie erwiderte: »Eine Million Asper!« Da fuhren sie fort: »Nimm die eine Hälfte davon und die andere schenke ihm!« Da sprach die Frau: »Ich muß das Kleid haben, sonst lasse ich wenigstens nichts von seinem Preise herunter!« Wie sehr auch jene sie darum bitten mochten, so verstand sie sich doch nicht dazu. Da sprach der Kaufmann: »Was kann ich dagegen tun, ich will sie bezahlen. Wohlan, mache dich auf, wir wollen zum Kadi gehen und ihm unsere Sache vorlegen, vielleicht kann er den Dieb ausfindig machen!« Hierauf kamen sie zum Kadi. Der Kaufmann trat freudig zu ihm herein und sprach: »Mein Herr, siehe, die Frau steht an der Türe, was befiehlst du?« Antwortete der Kadi: »Sie mag hereintreten! Wenn ich dir nun einen Wink gebe, so hole jenes Kleid herbei und lege es vor uns beide hin, indem du sprichst: ›O Frau, freue dich, ich bringe dir eine frohe Botschaft: dein Kleid hat sich wiedergefunden!‹« Hierauf erhielt die Frau Erlaubnis hereinzutreten, und sie kam herein. Der Kadi empfing sie in achtungsvoller Haltung, setzte sich neben sie und sprach: »O Frau, betrachte doch die Lage dieses armen Mannes und sei menschlich gegen ihn!« Die Frau kehrte sich jedoch nicht an die Rede des Kadi; da gab der dem Kaufmann einen Wink, er ging hinaus, holte das Kleid und kam damit wieder herein und sprach: »O Frau, freue dich, ich bringe dir frohe Botschaft: dein Kleid hat sich wiedergefunden!« Mit diesen Worten legte er das Kleid vor beide hin. Der Kadi breitete das Kleid aus und sah, daß es ein aus Flecken zusammengesetztes Kleid war. Als die Frau solches sah, wurde sie verdutzt und verblüfft. Der Kadi aber sprach zu ihr diese Worte: »So treibst du es, o Buhlerin, immer hier in der Stadt Kairo!« Dann ließ er sie entkleiden, an ihren Hals einen Stein binden und sie als einen den Fischen erwünschten Fraß in dem Nilstrome ersäufen. Ihr ganzes Geld und Gut zog er ein; und so gelangte denn der Kaufmann wieder zu seinem Gelde.
Die Geschichte des Webers und des Königs
Einmal gab es im Weltenschlosse einen großen König. Zu dem kam eines Tages ein Mann und sprach: »Bei Gott, o König, ich will eine Kopfbinde weben, welche dem rechtmäßigen Sohne sichtbar, dem unrechtmäßigen aber nicht sichtbar sein soll!« Der König wunderte sich sehr ob dieser Rede und ließ sich von ihm eine Kopfbinde weben. Der junge Mann bezog nun vom Könige zur Bestreitung der Kosten das nötige Geld, ging in einen Laden und hielt sich da einige Zeit auf. Eines Tages faltete er die eine und die andere Seite eines Papiers zusammen, nahm es und brachte es vor den König und sprach: »O König, siehe, ich habe dir hiermit die Kopfbinde gewebt!« Mit diesen Worten legte er es vor den König hin. Der König machte es auf und sah, daß nichts darin war. Alle Wesire und Fürsten, welche zugegen waren, erblickten ebenfalls in dem Papiere nichts. Da sprach der König zu sich: ›Siehst du, ich bin ein Bastard!‹
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