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Tausend und ein Tag - Orientalische Erzählungen

Titel: Tausend und ein Tag - Orientalische Erzählungen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anonymer Verfasser
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will ich deinem Wunsche nachkommen; aber ich habe wahrhaftig keinen Hunger, denn ich frühstückte schon mit meinen Gefährten im Palaste, bevor ich den Auftrag an dich erhielt. Die Speisen aber stammten aus des Kalifen Küche, und es waren zehn Tische hergerichtet, und auf jedem standen drei Geflügel, deren jedes auf andere Art zubereitet war. Ich bin noch ganz satt davon und kann kaum Atem holen!« Da entgegnete Othman: »O Erster aller Bildare, ich sehe ein; wenn du es tust, so geschieht es lediglich aus Gefälligkeit. Mache mich glücklich und koste etwas von dem vor dir Stehenden; wahrlich, du zeigtest dich bereits sehr nachgiebig!« »Nun denn, um dir zu Gefallen zu sein!« sprach Basem; und damit ergriff er das Gefäß, das mehrere Maß Scherbetts enthielt, mit einer Hand und trank es leer zum Erstaunen des Zuckerbäckers, der nicht ahnte, daß sein Gast seiner Gewohnheit nach jede Nacht das doppelte Maß Weines hinuntergoß. Als aber Basem ihm das leere Gefäß zurückgab, glaubte er bei sich, der Trinker müsse der leibhaftige Teufel in eigener Person sein.
    Der Kabab und zwei lange Semmeln machten nun ihre Aufwartung, und Basem schlang sie hinunter wie ein Heißhungriger, und blickte nicht eher auf, als bis er völlig reinen Tisch gemacht und auch das verschlungen hatte, das man ihm zuerst als eine Magenstärkung vorgesetzt hatte. Mehr und mehr erstaunte Meister Othman und sprach bei sich selbst: ›Dieser Mann hat schon im Palaste gefrühstückt, was hätte er erst bezwungen, wenn er nüchtern gekommen wäre, ich glaube gar, nicht ein ganzer, mit Gefüllsel versehener und so gebratener Esel würde ihn satt gemacht haben. Wollte der Himmel, daß ich mich seiner erst auf gute Art entledigen könnte!‹ Danach besorgte der Zuckerbäcker sein Geschäft und seine Kunden bis zum Nachmittagsgebete, als das in einer Garküche bestellte Mittagsmahl, das aus drei reichlich gefüllten Vögeln bestand, hereingebracht und dem Meister übergeben wurde, der es in gehöriger Ordnung dem Gaste vorsetzte und dabei sprach: »O Erster aller Bildare, wir haben dich heute wahrhaftig hungern lassen, aber ich hoffe, du wirst in deiner Güte unsere klägliche Bewirtung entschuldigen!« Basem erwiderte sogleich: »Das hat nichts zu sagen; aber ich wollte, daß wir uns beizeiten aufmachen, auf daß wir zum Palaste kommen, ehe die Schatzkammer geschlossen wird, denn ich muß meinem Gebieter Antwort bringen!« Darauf versetzte Meister Othman: »Du bist ungemein nachsichtig gegen mich gewesen und hast vom Morgen bis zum Nachmittagsgebete Geduld mit mir gehabt, gewähre mir noch die eine Bitte: sprich diesem ärmlichen Mahle, das vor dir steht, zu. Danach wird alles, mit Allahs Willen, gutgehen!« Ohne sich weiter nötigen zu lassen, verzehrte Basem nun die drei Vögel, trank noch ein Gefäß voll Scherbett dazu und wischte sich dann, ohne einen Ton zu sagen, seine Finger ab. ›Ich muß mir diesen Mann vom Halse schaffen,‹ sprach Meister Othman zu sich selbst, ›oder er frißt mich auch noch auf!‹ Er ging darauf in sein Hintergemach, füllte eine große Tüte aus festem Papier mit allerhand trockenem Zuckergebäck und wickelte in ein anderes Papier zwanzig Dirhems ein. Damit ging er wieder zu Basem und sprach zu ihm: »O Gebieter, flehentlich bitte ich dich, du wollest geruhen, dieses kleine Geschenk an Zuckerzeug, das ich hier vor dich lege, anzunehmen und mich deiner Gnade zu würdigen. Das Geschäft ist in den letzten Tagen schlecht gegangen, doch wird es bald wieder besser gehen, und dann werde ich die ganze Summe auf einmal überbringen können; und du weißt wohl, wenn ich sie nur teilweise ablieferte, würde ich ins Gefängnis kommen und Hiebe auf die Fußsohlen versetzt kriegen, deswegen muß ich deine Großmut und Güte abermals anflehen, auf daß du mir erlassest, an solch glückseligem Tage mit dir zu gehen. Nimm auch, bitte, diese Tüte voll Zuckerzeugs für deine kleinen Kinder mit und verschmähe dieses Papier nicht, das zwanzig Dirhems für ein Bad enthält!«
    Sobald das Klingen von zwanzig Dirhems in Basems Ohren tönte, fühlte er sich sehr geneigt, Othman zu willfahren, und war scharfsinnig genug, um aus den Worten des Obersten der Bildare bei der Übergabe des Befehls zu erkennen, daß die angebliche Schuldforderung ganz unbegründet und nur ein Vorwand war, um ihm einige Dirhems zu verschaffen.
    Auch fiel ihm bei, daß ihm der Oberste der Bildare befohlen hatte, dem Zuckerbäcker nicht weiter zuzusetzen, wenn

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