Tausend und ein Tag - Orientalische Erzählungen
nicht das geringste, das nur einen Asper wert ist, mitbrachten!« »Ihn füttern«, unterbrach Masrur Dscha'afars Rede; »möge Iblis ihn mit einem Dolche füttern! Wie hat sich der filzige Schlucker gegen uns benommen? Jede Nacht trank er seinen Wein und verschlang seine Speisen und schwatzte dazwischen mit uns, aber nie bot er uns auch nur einen Bissen an!« Der Kalif aber achtete Masrurs Worte nicht, sondern wandte sich gegen Dscha'afar und sprach: »Ich billige deinen Rat sehr; der arme Schelm muß in Ermanglung jeder Speise gar hungrig sein; nimm also alles mit, was dir gut dünkt!«
Dscha'afar bestellte alsbald fünf frisch gebratene Geflügel und eine große Schüssel mit mancherlei Speisen; und als alles fertig war, verließen die drei Kaufleute aus Mosul wieder durch die Geheimpforte den Palast. Wie sie aber Basems Behausung von weitem sahen, erstaunten sie im höchsten Staunen ob des Lichterglanzes, der heller denn je von seinen Fenstern herabstrahlte; und als sie nahe herankamen, fanden sie ihren Freund in seiner gewöhnlichen Verfassung, und die ersten Worte, die ihnen von ihm ins Ohr klangen, waren: ›Ich bin wieder Basem, Allah sorgt für mich!‹ Der Kalif stellte sich unter das kleine Fenster über der Türe und sagte zu Dscha'afar: »Der Trunkenbold foppt mich gar trefflich; all unsere Vorkehrungen macht er zunichte und ermüdet meine Anstrengung, denn wir waren nicht fähig, ihm auch nur eine einzige Nacht seine Schwelgerei zu verwehren. Doch brenne ich vor allem darauf, zu erfahren, wodurch er sich instand gesetzt hat, diese Nacht noch mehr Glanz denn jemals zu zeigen. Laßt uns lauschen, ob wir etwas von dem hören können, was er in seiner Trunkenheit ausplaudert!« Und in diesem Augenblicke begann Basem ein langes und fröhliches Lied, das er zur großen Freude des Kalifen gar trefflich sang. Sobald er das Lied beendigt hatte, pochte Dscha'afar auf seines Gebieters Geheiß an die Tür. Da rief Basem mit lauter Stimme: »Wer ist denn da? Schon wieder eine Störung; haben mich denn jene Schufte aus Mosul noch nicht genug geplagt? Niemals möge ihnen Allah gnädig sein!« »Nicht doch, o Hadschi Basem,« sagte Dscha'afar in begütigendem Tone darauf, »o du Perle der Männer, o du Sohn der Großmut!« Basem erhob sich von seinem Sitze und trat an das Fenster, erkannte alsbald seinen gewöhnlichen Besuch und rief ihnen zu: »Weder erwünscht noch willkommen seid ihr mir; eure Gegenwart ist mir verhaßt. Geht mit eurem verwünschten Einmischen in andrer Leute Angelegenheiten. Trollt euch, sage ich, und wenn ihr mit euren unheilverkündenden Gesichtern nicht alsbald abzieht, komme ich, bei Allah, die Treppe hinunter und breche euch Arme und Beine. Was wollt ihr denn von mir, daß ihr mich keine Nacht in Frieden laßt?« Dscha'afar versetzte: »O Hadschi Basem, wir schwören dir bei Allah, dem Allmächtigen, wir haben ein kleines Mahl mitgebracht und bitten dich freundlich, uns deine Tür öffnen und es annehmen zu wollen!« »Es ist euch nötiger als mir,« fuhr Basem fort, »ich sitze hier mitten im Überflusse und habe gutes Fleisch und Geflügel und Zuckerwerk und Früchte und alles übrige in größerer Fülle denn je, weil ich heute mehr Geld eingenommen habe, als ich sonst nur in fünf Tagen zu verdienen pflegte. Aber geht und haltet euch ferne von mir und seht mir nicht in die Augen, denn fiele es euch einmal bei, den großen Nil zu besprechen, würde sein Lauf stillestehen, so neidisch seid ihr auf die Glückseligkeit der Menschen. Zwar sagt ihr, ihr habt etwas mitgebracht, aber, bei Allah, solches widerspräche ganz eurer Art, und eure engherzigen Seelen sind dessen nicht fähig; ihr sagt nur so, um mich zu versuchen, auf daß ich meine Türe öffne und ihr euch hier über meine Lebensweise aufhalten könnt. Ich habe euch weiter nichts zu sagen; ziehet also hin in Frieden!« Die sagten darauf: »Wenn du uns keinen Glauben schenkst, o Hadschi Basem, und uns deine Türe nicht öffnen willst, so laß doch einen Korb aus dem Fenster herab, in den wir alles legen können, das wir mitgebracht haben!« Das ließ er sich gefallen, und nachdem er die Speisen heraufgezogen hatte, trug er sie hinein, um sie bei Lichte zu besehen. Als er nun die fünf Geflügel und all die andern Gerichte erblickte, brach er in ein schallendes Gelächter aus und sprach laut zu sich selbst: ›Das ist ja herrlich!‹ Danach trat er wieder ans Fenster und rief hinunter: »Heda, o ihr Leute aus Mosul, habt ihr diese
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