Tausend und ein Tag - Orientalische Erzählungen
Vögel von den Dieben Bagdads gekauft oder den Straßenkehrern weggeschnappt? Denn ich kenne euch gar zu gut, als daß ich glauben könnte, ihr hättet eurem Geize einen solchen Stoß gegeben und drittehalb Dirhems für jeden Vogel bezahlt!« Sie antworteten: »Wahrhaftig, o Hadschi Basem, die Vögel sowohl wie die andern Gerichte sind wahrlich aus des Kalifen Küche!« »Wie,« rief Basem erbost darauf, »genügt es nicht, daß ihr mir eine verdammte Lüge sagt, müßt ihr auch noch den Namen des Kalifen dareinmischen und eure Speisen mit seinen vergleichen! Obgleich ihr schon eure Gaben dargebracht habt, so geht doch eures Weges; und damit Allah befohlen!« »Wie können wir fortgehen, ohne eingelassen zu werden,« entgegnete Dscha'afar, »da wir doch lediglich deshalb gekommen sind, um Abschied von dir zu nehmen, bevor wir morgen nach unserer Heimat zurückreisen!« »Nimmer möge euch der Himmel glücklich heimkommen lassen,« erwiderte Basem, »ihr habt meine Antwort bereits vernommen, und wenn ihr euch nicht augenblicklich fortschert, so will ich ein Schauer auf euch hinabsenden, solches schwöre ich euch bei meinem Haupte!« Als Dscha'afar nun merkte, daß sich Basem anschickte, seine Drohung wahrzumachen, suchte er sie abzuwenden und sprach: »Sei versichert, o Hadschi, daß wir uns nach der heutigen Nacht nimmermehr bei dir eindrängen wollen, und daß wir nur gekommen sind, um, wie's sich gebührt, als Freunde von dir Abschied zu nehmen!« Basem sagte darauf: »Ich brauche euer Abschiednehmen gar nicht, noch weiß ich von irgendeiner Freundschaft zwischen uns; aber das weiß ich wohl, nicht eher soll euch meine Türe aufgemacht werden, als bis jeder von euch einen feierlichen Eid geleistet hat, daß ihr mich durch euer naseweises Einmischen in meine Angelegenheiten nicht ärgern und nach dieser Nacht die Ruhe meines Hauses nicht weiter stören wollt!«
Als alle drei solches geschworen hatten, wurde ihnen die Türe geöffnet, und sie folgten Basem die Treppe hinauf in sein Gemach, wo sie alles in größter Üppigkeit fanden; als sie hier ein Weilchen gesessen hatten, währenddem Basem allein einige Becher leerte, sprach der Kalif leise zu Dscha'afar: »Ich brenne darauf, zu erfahren, woher diese Fülle stammt; es muß heute wahrlich etwas Außergewöhnliches vor sich gegangen sein, suche ihn zu bestimmen, daß er es uns erzählt!« Dscha'afar erwiderte: »Besser wäre es, o Beherrscher der Gläubigen, wir warteten, bis ihm der Wein noch mehr zu Kopfe gestiegen ist; augenblicklich ist er noch nicht in der Laune, uns Antwort zu stehen!«
Basem fuhr fort mit Trinken, ohne sich um die Gäste zu bekümmern, bis ihn der Kalif ersuchte, er möchte sie doch mit einigen seiner lustigen Schwanke und muntern Lieder erfreuen, da es doch die letzte Nacht ihrer Zusammenkunft wäre. »Herzlich gerne,« entgegnete Basem und fuhr fort: »O meine Gäste, ihr müßt wissen, daß der Frühling, die Blüte der Jahreszeiten, und die Tage der Rosen die wonnevollsten aller Zeiten sind. Vor alters hat schon Hippokrates, der große Arzt, gesagt, daß jeder, der sich des Lenzes nicht freut und nicht den entzückenden Hauch der Frühlingslüfte empfindet, von krankhafter Leibesbeschaffenheit sein muß und des Arztes bedarf. Einige der persischen Weltweisen vergleichen den Frühling mit der Schönheit eines Antlitzes: ein Lächeln, das herrliche Zähne enthüllt; Hoheit und Ebenmaß der Gestalt, Anmut der Bewegung, Großmut des Herzens und Freundlichkeit des Gemüts!« Nach solcher ernsthaften Rede unterhielt Basem seine Gäste mit einer Menge lustiger Trinklieder und vergaß nicht zwischendurch seinen Becher zu leeren und an den Rosen zu riechen, mit denen sein Tisch bestreut war und auf die seine Lieder häufig anspielten.
Der Kalif aber unterhielt sich prächtig, und Basem war so gut gelaunt, daß es schon spät war, als Harun al-Raschid seinen Wesir wieder aufforderte, Basem nach den Ereignissen des Tages zu fragen. Dscha'afar tat sein möglichstes, um dem Kalifen auszureden, sich der Gefahr auszusetzen, daß Basem, der jetzt gerade so vergnügt und auf dem Höhepunkt der Lustigkeit war, plötzlich wütend würde; doch der Kalif war unbeugsam und Dscha'afar mußte gehorchen und fing an: »O Hadschi Basem, es ist heute das letztemal, daß es uns gestattet ist, dich zu belästigen, denn morgen verlassen wir Bagdad; aber ehe wir fortgehen, wünschen wir sehr gern zu wissen, was heute vorgegangen ist und diese ungewöhnliche
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