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Tausend und ein Tag - Orientalische Erzählungen

Titel: Tausend und ein Tag - Orientalische Erzählungen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anonymer Verfasser
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Sogleich sagte der Jüngling aus dem Stegreif:
    Ich hatte eine lange Nacht – Schlaflos im Khane zugebracht.
Ich dacht über manches her und hin – Ich fand nicht Ruhe noch Gewinn.
Auf einmal öffnet sich das Tor – Ich horchte hin mit leisem Ohr;
Es war des Wärters Weib, sie sprach: – Bist du umsonst die Nacht durch wach,
So brich mir meinen Lohn nicht ab – Und gib mir, was noch jeder gab.
Du läßt die kleine Zelle leer – Die Zeiten leider, sind so schwer;
Drum zahle du auch mir den Lohn – Das übrige versteht sich schon.
    Der Kalif lachte, als ob er bersten wollte, und stampfte vor Vergnügen mit den Füßen auf die Erde. »Nun, ist dir kein weiteres Abenteuer begegnet ?« »Ja, o Herr! Kaum hatte ich den Khan verlassen, als ich auch den Weg verlor und mich in die Notwendigkeit versetzt sah, alle, die mir begegneten, um die rechte Straße zu fragen. Dies gab mir ein paar Verse ein, die ich vor mich hin in den Bart brummte:
    Beklagenswert ist wohl des Fremdlings Los – Der sich hinauswagt in die Welt, die weite;
Er fragt und fleht umsonst so klein und groß: – Daß jemand ihn die wahre Straße leite.
    Ein schönes Mädchen, das eben vorbeiging, antwortete sogleich aus dem Stegreife:
    Die Führerin, o Fremdling! will ich sein – Und gerne dich die wahre Straße leiten,
Doch wiss', der Weg ist eng, das Tor ist klein – Es brauchet festen Fuß, nicht auszugleiten.
    Zugleich warf sie mir in einem Papier zehn Dirhems zu, mit denen ich in den Stand gesetzt wurde, meine Schuld in dem Khane abzutragen und meine Reise weiter fortzusetzen!« Maamun war so zufrieden mit den gesellschaftlichen Gaben des Jünglings, daß er ihm hundert Dirhems auszahlen ließ und ihn unter die Zahl seiner vertrautesten Zechgenossen aufnahm. Er wurde berühmt unter dem Namen: Tofail Mutasim und verfertigte mehrere kleine Gedichte moralischen und ästhetischen Inhalts, deren eines Maamun auf den Vorhang des Harems sticken ließ.
    Maamun liebte vor vielen andern seiner Sklavinnen eine, Nesim oder Zephryne genannt. Sie war beständig in seinem Geleite, sowohl in der Stadt als auf dem Lande. Doch mußte sie zuletzt einer neuangekommenen griechischen Sklavin weichen, die den Kalifen für sich einnahm. Zephryne verzehrte sich in Kummer und Schmerz, aber sie klagte nicht. Am neuen Jahrestage, wo alles dem Kalifen Glück wünschte und Geschenke brachte, erschien auch sie mit einem Becher aus Kristall, der mit einem gestickten Tuche bedeckt war. Im Kristall aber war diese Inschrift eingegraben:
    Trinke, mein Freund, in langen Zügen den Becher der Liebe –
Lasse für mich darin nur ein Tröpflein zurück.
    Der Kalif war bezaubert vom schönen Gedanken und vom Gefühle, das ihn ausgesprochen hatte, und versprach der Geberin, noch diesen Abend den Becher in ihrer Gesellschaft zu leeren; und hielt Wort.
    Diese Inschrift wurde in der Folge berühmt und findet sich daher noch heute auf Bechern, Gläsern und anderen Trinkgeschirren eingegraben.
    Ahmed Ibn Mohammed Elrariri erzählt von Dschennet, der Tochter Abdorrahmans, des Haschemiten, daß sie das reichste und wohlerzogenste Mädchen gewesen sei aus dem Stamme der Söhne Haschims. Das Feuer hätte ihre Schätze nicht verheeren, die Steine ihrer Beredsamkeit nicht widerstehen können.
    Eines Tages ging sie zum Kalifen Maamun, den sie heimlich auf das heftigste liebte. Maamun saß in einem Saale, den er selbst hatte erbauen lassen, und der an Pracht und Herrlichkeit alle Bauwerke der vorigen Kalifen bei weitem übertraf. Alle Tiere des Meeres und der Erde waren da in Stein gehauen oder in Gold gegossen zu sehen. Die Wände waren gelber Damast und die Vorhänge chinesischer Seidenstoff. Vierhundert Sklavinnen, in die echtesten und reichsten Stoffe gekleidet, waren zum Dienst dieses Saales bestimmt. Gleicher Wuchs, gleiche Haare, gleiche Kleidung; alle schienen nach demselben Vorbilde geformt. Zweihundert standen zur rechten und zweihundert zur linken Seite.
    »O Dschennet,« redete Maamun die Tochter Abdorrahmans an, »hatte dein voriger Gemahl oder dein Vater oder irgendein anderer Kalif einen Saal, gleich diesem an Pracht und Schmuck und Dienerschaft?« »O Fürst der Rechtgläubigen,« antwortete sie, »der Himmel friste dir dein Leben und den Genuß dieser Herrlichkeit! Alles entspricht deiner Würde und Erhabenheit; doch, möchtest du dich eines Tages herablassen und deine Dienerin Dschennet eines Besuches würdigen, so würde sie dich in einer Gesellschaft empfangen, wie du noch keine

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