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Tausend und ein Tag - Orientalische Erzählungen

Titel: Tausend und ein Tag - Orientalische Erzählungen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anonymer Verfasser
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Subaidah zu sprechen sträubte, desto zudringlicher wurde der Kalif.
    »Ich spielte«, fing Subaidah endlich an, »eines Tages mit deinem Vater, dem Kalifen, Schach, wir zankten uns, wer es besser spiele. Er schlug mir vor, daß, wer die erste Partie verlöre, sich zu allem, was ihm der Sieger auflegen würde, bequemen sollte. Ich ging darauf ein. Der Kalif, dein Vater, gewann. Er befahl mir, mich nackt auszuziehen und dreimal die Runde des inneren Palasthofes zu machen. Ich mußte mirs gefallen lassen, so hart die Buße auch war. Wir erneuerten dieselbe Verabredung für die zweite Partie. Dein Vater verlor. Ich befahl ihm, der häßlichsten Küchenmagd für eine Nacht meinen Platz auf seinem Lager einzuräumen. Er sträubte sich aus allen Kräften und bot mir den Tribut von Syrien und Ägypten an, um sich von der Strafe loszukaufen. Es half nichts, ich blieb taub gegen alle seine Vorstellungen, und je mehr er sich wehrte, desto zudringlicher wurde ich. Er mußte mir in die Küche folgen, und ich selbst wählte die letzte und verworfenste Küchenmagd aus, um sie ihm in sein Schlafgemach zu führen. Bald hernach wurde sie Mutter, und du, o Fürst der Rechtgläubigen, bist die Frucht dieser Umarmungen. Wäre ich minder zudringlich gewesen, so hätte dein Vater nicht Schach gespielt, und du wärest nicht zur Welt gekommen und hättest deinen Bruder und rechtmäßigen Thronerben nicht aus dem Wege geräumt. Von der Zudringlichkeit alles Unglück! Allah verdamme die Zudringlichen!« »Allah verdamme die Zudringlichen«, rief der Kalif und begab sich fluchend und mit Schande bedeckt von hinnen.
    Ibrahim, der Sohn Al-Mahdis, lebte nach erhaltener Verzeihung Maamuns beständig im Palaste des Kalifen. Eines Tages, als er in den Straßen von Bagdad allein herumstrich, erblickte er an einem halbaufgemachten Fenster eine kleine, weiße und runde, allerliebste Hand, in die er auf der Stelle verliebt wurde. Nun sann er auf eine List, sich ins Haus hineinzustehlen. Er fragte beim Nachbarn nach dem Namen des Hausherrn und auch nach dem Namen zweier
    Gäste, die eben ankamen, um an einem Feste, zu dem sie geladen waren, teilzunehmen.
    Ibrahim grüßte sie ganz unbefangen, und indem er sie nach ihrem Befinden fragte, ging er mit ihnen ins Haus. Der Gastgeber glaubte, der Fremde sei ein Freund seiner Freunde, und grüßte ihn als solchen, wies ihm einen Ehrenplatz an und überhäufte ihn mit Aufmerksamkeitsbezeigungen sowohl beim Mahle als im Gesellschaftssaale, wohin man sich nach beendigtem Mahle begab.
    Eine Sklavin, die schön war wie der volle Mond, kam mit einer Laute in der Hand und sang:
    Liebend hangen meine Augen – An dem schönsten Ideal.
Ach! ich fürchte, daß sie saugen – Blut aus ihrem Schönheitsmal.
    Ohne sie zu sehn und kennen – Geb ich ihr mein Herz als Pfand.
Ach! um ewig zu entbrennen – Ist genug die schöne Hand.
    Ibrahim, dem diese Worte aus der Seele gesungen waren, konnte sein Entzücken nicht bergen. Indessen war die Sängerin keineswegs die Schönheit, deren kleine, weiße und runde, allerliebste Hand einen so tiefen Eindruck auf sein Herz gemacht hatte. Er dachte, daß die Sängerin ihn vermutlich beobachtet haben müsse, als er auf der Straße, in Liebe zur kleinen, weißen und runden, allerliebsten Hand versunken, unbeweglich nach dem Fenster hinstarrte, und daß sie diesen Umstand glücklich benutzte, um die schönen Verse aus dem Stegreif zu dichten, die, durch den Zauber ihrer Stimme und der Laute gehoben, alle Zuhörer zur einstimmigen Bewunderung hinrissen. Ibrahim, der selbst ein sehr guter Tonkünstler war, nahm die Laute und entlockte ihr melodische Töne, welche Seele und Verstand bezwangen. Den Hausherrn entzückte die Begabung seines neuen Bekannten, und er bat ihn, allein zurückzubleiben, nachdem sich die Gäste nach Hause begeben hätten. Als sie nun allein waren, fragte ihn der Hausherr um seinen Namen und hörte nicht auf, in ihn zu dringen, bis er sich ihm zu erkennen gegeben hatte. »Träume ich, oder wache ich«, rief der Hausherr; »welches unerwartete Glück für mich, o mein Prinz! Wenn du mich würdigst, den Rest der Nacht mit mir zuzubringen, so will ich wahrlich alles aufbieten, sie dir so angenehm zu machen, als es in meinen Kräften steht!« Ibrahim dankte ihm für seine Güte; und in der Folge der Unterredung erzählte er ihm die Begebenheit mit der kleinen, weißen und runden, allerliebsten Hand. Der Hausherr klatschte dreimal in die Hände und wandte sich dann gegen

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