Tausend und ein Tag - Orientalische Erzählungen
gesehen, und dir einen Wein darbieten, wie du noch keinen getrunken hast!« »O Dschennet,« antwortete Maamun, »ich nehme deine Einladung an, doch unter der Bedingung, daß ich den Kasi Jahja, den Sohn Ektems (der eben gegenwärtig war) mitbringen darf, denn ohne ihn, wie du weißt, genieße ich kein gesellschaftliches Vergnügen.« »Schon recht, o Fürst der Rechtgläubigen.« Dann zog sie eine goldene Dose hervor, die mit dem reinsten Moschus gefüllt war, und reichte sie dem Sohne Ektems mit den Worten hin: »Nimm, o Jahja! dies sei dein Lohn zum voraus für die Mühe, den Fürsten der Rechtgläubigen morgen abend zu mir zu führen.« »Gerne, sehr gerne«, erwiderte Jahja, der Sohn Ektems, und Dschennet verließ den Saal des Kalifen.
Am folgenden Tage saß Maamun zu Gericht in feierlicher Versammlung. Als die Sonne sich zum Untergang neigte, trat Jahja vor den Thron und sprach: »Erinnere dich, o Fürst der Rechtgläubigen, des gestern gegebenen Versprechens!« Alsogleich hob Maamun die Versammlung auf.
Sie verkleideten sich beide als Kaufleute, bestiegen zwei große nd schöne ägyptische Esel und machten sich auf den Weg nach dem Hause Dschennets. Sie klopften leise an das Tor, und Dschennet, die sie sogleich an ihrem Klopfen erkannte, kam selbst, um ihnen das Tor zu öffnen.
Sie ging vor ihnen her und führte sie durch den Garten in ein Lusthaus, das von vier Säulen aus rotem Granit getragen wurde. Die Gesimse waren aus Gold. Über dem Eingange war die folgende Inschrift mit Perlen ausgelegt:
Mein Inneres erfüllet sich, mit reiner Lust – Mein freundliches Gespräch bewegt die süße Brust.
Das Gold der Söhne Haschims strahlt mir vom Gesicht; – Vielleicht gefällt es dir, vielleicht gefällt es nicht.
Wohlredenheit, o Fremdling, ist der Geist – Der in mir lebt und mich zu dir hinreißt.
»O Jahja,« sagte Maamun, »hast du irgendeines Kalifen Lusthaus gesehen, das sich mit diesem vergleichen könnte?« Die Fußteppiche waren mit Perlen gestickt, die Deckenwölbung aus einem Zelte von Goldstoff geformt. Auf dem Boden standen große japanische Gefäße, aus denen Moschus, Ambra, Kampfer, Safran und Sandelholz ihre Wohlgerüche sandten, so daß man keinen einzelnen Geruch zu unterscheiden vermochte, sondern in einem Meere von Blütengerüchen zu schwimmen glaubte. Dschennet führte sie hernach an eine Balustrade, wo alle wohlriechenden Blumen des Morgenlandes dufteten und blühten. Maamun wähnte sich in ein Zauberland versetzt. Bald hierauf brachte man den Tisch aus jemenischem Onyx. Jeder Fuß war aus einem einzigen Stück gearbeitet. Der Tisch wurde gedeckt mit Speisen der mannigfachsten Farben und des köstlichsten Geschmackes, zu gleicher Lust der Augen und des Gaumens. Sie aßen; und Maamun schwur, er habe nie so vortrefflich gespeist, und seine Küche vermöge nichts Ähnliches zu liefern.
Nun wurde das Wasser zum Händewaschen in goldenen Kannen und Waschbecken gebracht, und nach beendigtem Mahle erschien der Wein. Schöne Jünglinge aber kredenzten ihn in Gefäßen aus syrischem Kristall. Es war der köstlichste Rebensaft, leicht wie die Luft, rot wie Rubin, brennend wie Ingwer. Dschennet nahm die Becher aus den Händen der Jünglinge und setzte sie ihren Gästen vor, die gar nicht aus dem Taumel des Vergnügens kommen wollten. »Wahrlich,« sagte Maamun, »so hab ich noch nie getrunken!« Dann kamen zwei Sklavinnen, in Seidenzeug von Kufah gekleidet, mit goldenen Gürteln und ägyptischen Schleiern und persischen Kronen auf dem Haupte. In ihrem Schoße hielten sie zwei Lauten, denen sie die süßesten Töne entlockten, die sie mit noch süßeren Gesängen begleiteten. »O Dschennet,« rief Maamun, »wohl mit Recht trägst du deinen Namen, denn durch dich genießen wir der Freuden des Paradieses.«
»O Fürst der Rechtgläubigen,« sagte Jahja, »etwas fehlt uns doch noch zur Vollkommenheit der Paradiesfreuden.« »Was denn, o Jahja?« »Das Vergnügen der Jagd.« »Da hast du recht,« sagte Maamun, »Dschennet muß uns auch noch das Vergnügen der Jagd verschaffen.« Dschennet führte sie in den Garten, der im eigentlichsten Sinne ein Paradies genannt zu werden verdiente.
Pfauen, Rebhühner, Turteltauben, Gazellen, alles lebte hier in der größten Vertraulichkeit beisammen. Die Nachtigallen kosten in den Rosengebüschen, und die Quellen murmelten leise ins Flüstern der Winde. Hundert Sklavinnen erschienen, alle zwar gleich gekleidet, jedoch eine schöner als die andere. Goldene
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