Tausend und ein Tag - Orientalische Erzählungen
Gürtel hielten ihre schwellenden Busen zusammen, und Perlenschnüre, in die schwarzen Flechten des langen Haares geflochten, schleppten ihnen auf dem Boden nach. »Seht hier,« sprach sie zu ihnen, indem sie auf Maamun und Jahja wies, »seht hier die Jäger.«
Die Sklavinnen verstanden den Wink und verstreuten sich ins Gebüsch, wie schüchterne Gazellen sich vor den beiden Gästen flüchtend, die sie aber umsonst verfolgten. »Siehst du, o Jahja, das Wildbret,« sagte Maamun, »ich wollte es wohl erjagen, aber ich müßte einen guten Spürhund haben.« »Den Spürhund«, sagte Jahja, »hast du schon in mir gefunden, bleibe nur am Anstand stehen, so will ich die Fährte des Wildes schon verfolgen.« Jahja lief und erjagte ein Mädchen, das er dem Kalifen als Wildbret zuführte.
»Ei,« sagte Dschennet, »wenigstens mußt du bekennen, o Fürst der Rechtgläubigen, daß ich nicht eifersüchtig bin.« Maamun verstand den Wink und sagte zu seinem Gefährten: »Nun bleibe du als Jäger am Anstand, und ich will als Hund das Wild aufjagen.« Jahja lachte laut und gehorchte. »Wir wollen sehen,« sagte Dschennet, »was du erjagen wirst, o Jahja; was es immer sei, mich wird wenigstens die Eifersucht nicht plagen!« Sprachs und sprang davon wie ein flüchtiges Reh; Maamun hinter ihr her, und gar bald hatte er sie ergriffen.
»O Fürst der Rechtgläubigen,« sprach Jahja, »das Fest würde nicht vollkommen sein, wenn du seine Geberin nicht zur Frau nehmen wolltest. Keinen schicklicheren Begleiter hättest du mitnehmen können als mich, der alsogleich den Heiratsvertrag aufsetzen und ausfertigen kann.« »Beim Propheten«, schwur Maamun, »und bei meinen erlauchten Ahnen aus der Familie Abbas, ich verlasse den Garten nicht eher, bis ich sie zum Weib genommen habe. Setze nur gleich den Vertrag auf; ich gebe ihr als Morgengabe eine Million Dinare und hundert Ortschaften obendrein als Nadelgeld!«
Jahja, der Sohn Ektems, setzte als Oberkasi den Vertrag auf der Stelle auf und erhielt dafür von Dschennet zur Belohnung zehntausend Dinare. Die Vermählung wurde noch selbigen Abends vollzogen, und die Frucht der Hochzeitsnacht war Abbas, nicht unwert des Namens seines Geschlechts und seiner Eltern.
Isaak, der Sohn Ibrahims, der bekannte Lautenspieler des Kalifen, erzählt: »Beständig an die Gesellschaft des Kalifen gekettet, fing ich an, sie lästig zu finden, und suchte mich eines Tages aufs Feld hinaus zu retten, um wenigstens einige freie Augenblicke zu genießen.
Meinen Dienern befahl ich, daß, wenn ein Bote vom Kalifen oder jemand anderem käme, sie antworten sollten: sie wüßten nicht, wo ich hingegangen wäre. Der Tag war heiß, und ich legte mich bald unter eine Laube, um auszuruhen. Es kam ein Sklave, der einen Esel führte, auf dem ein schönes Mädchen saß. Schön gewachsen, schön angezogen; ich dachte, es müsse eine Sängerin sein. Sie ritt an mir vorbei in ein benachbartes Haus; ich stand auf und ging vor dem Tore auf und nieder. Zwei schöne junge Leute kamen und grüßten mich; ich gab ihnen den Gruß zurück; sie gingen ins Haus und ich mit ihnen, sie in der Meinung lassend, als sei ich wie sie geladen worden, während der Hausherr glaubte, sie hätten mich mitgebracht. Man setzte uns zu trinken und zu essen vor, und das schöne Mädchen, das ich gesehen hatte, trat mit einer Laute in der Hand aus dem Harem heraus. Sie sang und begleitete ihr Lied mit zauberischen Akkorden. Der Hausherr fragte seine beiden Freunde, wer ich wäre, sie ihn. Es fand sich, daß ich ein ungebetener Gast war; nichtsdestoweniger behandelte man mich sehr freundlich aus
Rücksicht auf die geistvolle Art, mit der ich die Gesellschaft zu unterhalten versuchte. Der Becher ging im Kreise herum, und die Sängerin sang:
Deiner denk ich, Ommi Schasi – Seh dich nah vorüberziehn,
Während die Kamele trinken – An dem Brunnen in der Wüste.
Deine glatten Zähne glänzen – Wie des Sandes Spiegelkörner;
Und von deinem Angesichte – Strahlt des Mittags Flammenhitze.
Hierauf zerstreute sich die Gesellschaft, um das Gebet zu verrichten, dessen Stunde eben ausgerufen worden war. Während sie sich entfernt hatte, nahm ich die Laute und stimmte sie auf eine ganz andere Weise nach sonst ungewöhnlichen Tonverhältnissen. Als die Sklavin zurückkam und das Instrument in die Hand nahm, fragte sie sogleich: ›Wer hat es gestimmt?‹ ›Nicht, daß ich wüßte‹, antwortete ich. ›Ei wohl,‹ sagte sie, ›ein Meister der Kunst hat die
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