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Tausend und ein Tag - Orientalische Erzählungen

Titel: Tausend und ein Tag - Orientalische Erzählungen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anonymer Verfasser
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seine Beredsamkeit auf, die schöne Sklavin zu beruhigen; besonders habe; es heute keine Gefahr mit Subaidah, denn sie sei in der Frühe auf ein nahegelegenes Lusthaus verreist. In diesem Augenblicke schlug ich mit einem großen Knotenstocke an die Tür. Die Sklavin fuhr erschrocken auf: ›Um Allahs willen, das ist die Fürstin!‹ Der Kalif suchte sie erst zu beruhigen und fragte dann: ›Wer da?‹
    ›Es ist‹, antwortete ich, ›Ibad, der allergetreueste Sklave deiner Erhabenheit. Ich hatte heute früh auf die Frage, ob mein Esel alle Zähne habe, geantwortet, er habe sie vollzählig; nun aber, bei ganz genauer Untersuchung seines Maules, fand ich wirklich, o Fürst der Rechtgläubigen, daß ihm noch zwei fehlen.‹ ›Verdammt sei dein Esel, und du,‹ rief der Kalif, ›laß mich in Frieden!‹
    Die schöne Sklavin war äußerst furchtsamer Natur und wollte lange nichts von des Kalifen Anträgen hören. Endlich ließ sie sich doch nach und nach herbei. Das Gespräch würde lebhafter, dann einsilbig, und sie waren auf gutem Wege, als ich wieder und weit stärker als das erstemal an der Türe klopfte. ‹O Subaidah! Subaidah!‹ rief die schöne Sklavin und sprang erschrocken auf. Der Kalif hielt sie beim Saum des Gewandes zurück, zog sie zu sich aufs Lager nieder, und nachdem er sie ein wenig beruhigt hatte, fragte er: ›Wer da?‹
    ›Dein allergetreuester Diener Ibad, o Beherrscher der Rechtgläubigen. Du fragtest mich, ob mein Esel arabischer oder ägyptischer Abkunft sei? Ich sagte nun, er sei aus Jemen; aber nach den genauest eingezogenen Erkundigungen ist er aus Oberägypten gebürtig!‹ ›Verflucht sei der Esel‹, schalt der Kalif, ›scher dich fort!‹
    Die schöne Sklavin zitterte noch lange, und es brauchte vieler Mühe und Zeit, bis sie sich wieder den Liebkosungen Haruns hingab. Endlich wich die Furcht der Begier, und der Augenblick war da, wo Harun glücklich werden sollte; da schlug ich zum drittenmal mit Gewalt an die Türe. Die Sklavin konnte sich nicht fassen vor Schrecken. Mit Mühe hielt sie der Kalif in seinen Armen zurück. ›Das ist die Fürstin, ganz sicher‹, rief sie; und der Kalif fragte: ›Wer da?‹
    ›Dein allergetreuester Diener Ibad‹, antwortete ich. ›Ich hatte gesagt, mein Esel koste acht Dinare; nun habe ich: mich gar sehr geirrt, denn ich finde soeben in meinem Ausgabenbuche, er kostet nur sieben und einen halben.‹ ›Geh zur Hölle, du und dein Esel‹, fluchte der Kalif; ›daß weder du noch sein Verkäufer jemals hätte leben mögen!‹
    Nun wollte die schöne Sklavin von nichts mehr hören. Harun al-Raschid verschwendete lange seine Beredsamkeit, bis er sie wieder in Fassung brachte. Endlich gab sie seinen Worten Gehör und war daran, seine Wünsche zu erfüllen. Da ertönte mit der ersten Morgendämmerung von dem Türme der Moschee des Serails der Gebetsruf. Dies war das Zeichen für den Kalifen, den Harem zu verlassen und das Morgengebet zu verrichten. So begab er sich denn unverrichteterdinge von der schönen Sklavin hinweg und bezahlte mir auf solche Weise die drei in Honig gesottenen Datteln.
    Wer da suchet, der findet; und wer anklopft, dem wird aufgetan, sagt ein arabisches Sprichwort. »Das will ich versuchen«, sagte ein junger Mensch, der es oft genug von seinem Lehrer wiederholen gehört hatte, und machte sich auf nach Bagdad und stellte sich dem Wesir vor. »O Herr!« sprach er, »ich habe lange genug ein stilles und abgeschiedenes Leben geführt, dessen ich nun überdrüssig bin, und habe stets meinen Willen bekämpft und mir nie etwas ernstlich zu wollen erlaubt. Weil mein Lehrer mir aber gar zu oft wiederholt hat: ›Wer da suchet, der findet; und wer da anklopft, dem wird aufgetan‹; so habe ich mir in den Kopf gesetzt, etwas recht ernstlich zu wollen, und zwar nichts Geringeres, als die Tochter des Kalifen zum Weibe.«
    Der Wesir glaubte, der arme Mensch sei verrückt, und hieß ihn ein andermal wiederkommen. Er kam alle Tage, ohne sich abweisen zu lassen. Einmal traf es sich, daß sich der Kalif selbst unbekannterweise beim Wesir befand, als der junge Mensch wiederkam. Er hörte nun sein sonderbares Begehren mit Erstaunen an; weil aber seine Erhabenheit eben nicht in der Laune war, ihm den Kopf abschlagen zu lassen, so sprachen Höchstdieselben: Eine Prinzessin sei keine Kleinigkeit, wer sie nun verdienen wolle, müsse sich ihrer auch durch irgendeine außerordentliche Gabe oder Unternehmung würdig zeigen. Vor undenklichen Jahren sei

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