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Tausend und ein Tag - Orientalische Erzählungen

Titel: Tausend und ein Tag - Orientalische Erzählungen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anonymer Verfasser
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hatte, fühlte ich gegen die Gewohnheit einen Salzgeschmack im Munde und fand ihn voll des Schaumes; daraus schloß ich, daß das Lamm mit keiner andern Milch als mit der einer Hündin ernährt, worden sein könnte!« »Und da es mich deucht, o Herr,« hub der dritte an, »daß du mit lebhaftem Verlangen von mir zu hören erwartest, wie ich habe merken können, daß deines Wesirs Gemüt voll des Hasses gegen deine kaiserliche Person ist, so wisse denn: als du gestern wegen der Züchtigung der Missetäter einen Rat hieltest, befanden wir uns bei dir, und ich sah, wie dich dein Wesir mit vom Zorn verzerrten Antlitze und mit bösem Auge ansah und, vom Durste gepeinigt, Wasser zum Trinken verlangte, das seine Leber erfrischen sollte; daraus ersah ich, daß du ihm keine geringere Beleidigung zugefügt hattest, als den Tod seines Sohnes!«
    Da der Kaiser nun erfahren hatte, daß die Jünglinge in jeder Sache wahr gesprochen hatten, wurde er darüber über die Maßen beunruhigt und antwortete ihm: »Ich bin fest überzeugt, daß die Sache gerade so ist, wie du sie mir erzählt hast, und daß mein Wesir keinen andern Gedanken mit sich herumträgt, als wie er mich töten kann, um seinen Sohn zu rächen, den ich billigerweise seiner Vergehen halber zum Tode verurteilte; aber was kann ich ihm antun, um aus seinem Munde ein Bekenntnis zu erlangen? Denn ich glaube, daß er mir niemals etwas eingestehen wird, so großen Martern ich ihn auch aussetze. Wenn ich aber kein Geständnis aus seinem Munde habe, werde ich ihn gerechterweise auch nicht verurteilen können. Da ich dich jedoch mit dem besten Verstande begabt weiß, meine ich, daß du hierzu ein Mittel finden kannst.« »Das Mittel«, sagte der Jüngling darauf, »ist, zur Hand, o Gebieter, wenn du meinem Rate folgen willst.
    Wie ich habe sagen hören, hat dein Wesir eine Bettgenossin, die er sehr liebhat und der er auch jedes seiner Geheimnisse anvertraut. Du mußt Mittel und Wege finden, dieses Mädchen wissen zu lassen, du seiest derartig in Liebe zu ihr entbrannt, daß du zu sterben vermeintest, und es gäbe nichts, was du ihretwegen nicht tun wolltest, um ihr einzig deine Liebe zu versichern; weil nun der größere Teil der Weiber lange Haare und kurzen Sinn zu haben pflegt, wird die Schöne, wenn sie dies erfahren hat, sich leicht überzeugen lassen, daß du den Wunsch habest, sie möchte dir ihre Liebe zum Geschenke machen. Da du ihr Fürst und ihr Herr bist, glaube ich, daß sie sofort in deinen Machtbereich kommt; und auf solche Weise wirst du sicherlich jeden Anschlag, den dein Wesir gegen deine Person im Schilde führt, aus ihrem eigenen Munde erfahren.«
    Außerordentlich gefiel dem Kaiser der Rat des Jünglings; und nachdem er eine kluge und weise Botin gefunden hatte, heuchelte er ihr gegenüber, die Bettgenossin seines Wesirs auf das feurigste zu lieben, und schüttete ihr sein ganzes Herz aus und befahl ihr, daß sie ihm unverzüglich solchen Dienst leisten solle. Die kam nun seinem Auftrage schnell nach und fand Gelegenheit, mit dem Weibe zusammenzukommen, offenbarte ihr die Gefühle ihres Herrschers und sagte, daß er sie leicht in seine Gewalt bekommen könnte, indem er entweder den Wesir tötete oder veranlaßte, daß sie eines Tages von seinen Dienern geraubt würde; da solches aber die Tat eines Tyrannen und die keines gerechten und menschlichen Fürsten wäre, wolle er keine Gewalt anwenden und bäte sie auf das freundlichste, es möge ihr gefallen, ihm zuzustimmen. Als das Weib des Wesirs die Worte der Botin gehört hatte, bat sie sie unzählige Male, sie möchte in ihrem Namen dem Kaiser der Liebe wegen, die er zu ihr trüge, unendlichen Dank darbringen und zu ihm sagen, daß sie, da sie ein Weib von geringer Herkunft wäre, sich höchlichst erstaune, weil er sich mit seinem Begehren so tief herabließe; nichtsdestoweniger aber wäre sie zu jeder seiner Freuden bereit; da sie jedoch scharf von dem Wesir bewacht würde, wüßte sie kein einziges Mittel, solches ins Werk zu setzen, das nicht von ih m entdeckt werden könnte. Nun solle sie ihr zuerst schwören, keinem andern als dem Kaiser zu offenbaren, was sie ihr jetzt anvertrauen wolle. Und es schwur ihr nun die Botin hoch und heilig, schweigsam zu sein, und sie begann solcherart zu reden: »Du mußt wissen, daß der Wesir, in dessen Gewalt ich bin, gegen den Kaiser, unsern Herrn, einen bösen und grausamen Anschlag unternehmen will; und er gibt sich mit keinem anderen Gedanken ab, als wie er ihn

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