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Tausend und ein Tag - Orientalische Erzählungen

Titel: Tausend und ein Tag - Orientalische Erzählungen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anonymer Verfasser
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Wesire übertragen hatte; dieser Jungfrau nun wurde der Spiegel von meinem Oheim überreicht und ihr dabei ausführlich seine Wunderkraft mitgeteilt, die er aber außer in unserm Reiche anderswo nicht zu zeigen vermochte. Es ließ sich aber seit einigen Tagen in der Hauptstadt dieses Landes, die am Meere gelegen ist, bei Sonnenaufgang eine große und geöffnete rechte Hand auf dem Meere blicken, die sich erst bei Sonnenuntergang von dem Platze, an dem sie herausgekommen war, fortbewegte, sich mit herniedersinkender Nacht der Küste näherte und einen Menschen ergriff und ihn mit sich ins Meer nahm; und dies tat sie unablässig. Nun war seit der Zeit eine große Zahl Menschen in diesem Lande auf diese Weise verlorengegangen. Deswegen beschloß das traurige und sehr betrübte Volk, der Hand den Spiegel an der Meeresküste entgegenzustellen, da man glaubte, man könnte sie hierdurch vielleicht besänftigen. Und als man ihn der Hand entgegengetragen hatte, stellte sich folgende Wohltat ein: hatte die Hand anfangs täglich einen Menschen mit sich genommen, so nahm sie nunmehr keinen Menschen mehr, sondern ein Pferd oder ein Rind.
    Mit dem Verluste dieses Spiegels aber verlor unser Land seine frühere Glückseligkeit; und da mein Vater unablässig darauf bedacht war, ihn wiederzubekommen, schickte er seinen Gesandten an die Königin und ließ ihr einen großen Schatz anbieten, wenn sie willens wäre, ihn zurückzugeben. Und er versuchte, sie dazu auf die mannigfaltigste Weise zu überreden, und bewies ihr, daß der Spiegel ihrem Lande wahrlich keinen Nutzen bringen könnte, wohingegen er unser Reich in seinen früheren Zustand und seine Ruhe zurückversetzen würde.
    Als jedoch der Gesandte mit seiner Rede nichts Günstiges erreichte, kehrte er zurück und sagte, daß um der Wohltat willen, die das Reich von Stund an durch den Spiegel empfangen hätte, weil seit einigen Tagen die Hand statt eines Menschen ein Pferd oder ein Rind mit sich forttrüge, seine Königin ihn nur dann wieder ausliefern wollte, wenn von meinem Vater irgendein Heilmittel für den Schaden, den die Hand anrichtete, gefunden würde; sollte er ihr Reich aber von solchem Unheil befreien können, wollte sie ihm den Spiegel willigen Herzens zurückgeben, weil ihre Vorväter doch lange mit unseren Vorfahren befreundet gewesen wären. Da nun mein Vater kein Mittel dagegen zu finden vermochte, stellte sich auch die frühere Ruhe nicht wieder ein.
    Da ich euch nun als Männer kenne, die mit hohem und edlem Verstände begabt sind, so glaube ich wahrlich, daß ihr, wenn ihr euch in dieser Angelegenheit bemühen wolltet, jenes Land von dem Übel der Hand befreien und mir den Spiegel und damit die Euhe und Glückseligkeit meines Reiches wieder verschaffen könntet; und wenn ihr dies tut, verspreche ich euch zu Besitzern eines großen Schatzes zu machen!«
    Als die Jünglinge die Erzählung und das Anliegen des Gebieters vernommen hatten, versprachen sie ihm sogleich der vielen Höflichkeiten und Ehren wegen, die er ihnen erwiesen hatte, nach Indien zu reisen und sich nicht eher wieder vor seinem Angesichte einzufinden, wenn sie ihm nicht zugleich den Spiegel mitbrächten.
    Der Kaiser war darüber über die Maßen erfreut und gab ihnen einige seiner vornehmsten Großen zur Begleitung und sandte sie nach Indien.
    Nach ihrer Abreise führte er, da er hoffte, den Spiegel auf jeden Fall dank der scharfsinnigen Urteile der Jünglinge zurückzubekommen, ein äußerst heiteres Leben; und Musik und Gesang ergötzten ihn sehr, und aus allen Teilen seines Reiches ließ er die besten Sänger und Lautenspieler kommen, die er auf das reichste beschenkte, und vertrieb sich mit ihnen all die Zeit in den Gärten und auf den Jagden, indem er mit grenzenlosem Verlangen der Jünglinge Rückkehr erwartete. Es ereignete sich nun eines Tages, daß ein Kaufmann, der mit seinen Waren dorthin gekommen war und hörte, wie sehr sich der Fürst an Sang und Spiel ergötzte, und auch von den großen Geschenken vernahm, die er deswegen zu machen pflegte, eine Sklavin von so einziger Schönheit besaß, die in jeder Art von Musik derartig ausgezeichnet war, daß sie zu der Zeit jeden in dieser Kunst übertraf. Dies ließ er ihn wissen und wurde sogleich vor ihn gerufen; er befahl ihm aber, er sollte das Mädchen, das Dilirama mit Namen hieß, vor sein Angesicht führen, auf daß er den hohen Wert ihrer musikalischen Kunst zu prüfen vermöchte. Seinem Befehle wurde nun von dem Kaufmanne ohne eine

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