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Tausend und ein Tag - Orientalische Erzählungen

Titel: Tausend und ein Tag - Orientalische Erzählungen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anonymer Verfasser
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Unglück und Elend geraten wäre; doch konnte er nichts von ihr erfahren, außer daß sie sich auf Musik verstünde. Daher ließ sich der Kaufmann vom Wirte eine Laute geben und legte sie der Jungfrau in die Hand; als er aber die Lieblichkeit und Gewandtheit ihres Spieles und Gesanges hörte, wurde er ganz betroffen und von ihrer Kunst entzückt; und er nahm sie an Tochter Statt an und führte sie in sein Land.
    Behram-Gur aber war inzwischen in die Stadt zurückgekommen, und da die Liebe mehr Macht über ihn hatte als der Zorn, bereute er es, der Jungfrau so hart zugesetzt zu haben, und beschloß, sie mit all seiner Macht wiederzuerlangen; er rief daher seine Diener vor sich, die im Walde nach seinem Befehle gehandelt hatten, und hieß sie mit einer großen und wohlbewaffneten Schar, um sich vor den wilden Tieren zu schützen, aufsitzen und sogleich in den Wald zurückkehren und sich alle Mühe geben, die Jungfrau wiederzufinden; und sie sollten sie mit ihren Gewändern bekleiden und ihr die Hände losbinden und sie vor sein Angesicht führen. Dieser Auftrag wurde schnellstens von den Dienern ausgeführt; ohne Säumen stiegen sie zu Pferde und begaben sich in den Wald; doch wie sehr sie auch die ganze Nacht über alle Teile des Waldes durchstreiften, sie konnten Dilirama, die von dem Kaufmanne aufgelesen war, nicht wiederfinden. Als sie nun andern Tags zum Kaiser zurückkehrten, und er erfuhr, daß sie trotz der Sorgfalt, mit der sie den Wald nach allen Seiten hin durchsucht hatten, sie nicht hätten wiederfinden können, glaubte er, da das Land ziemlichen Überfluß an wilden Tieren hatte, das sie wahrlich von ihnen aufgefressen sei. Darüber wurde er trauriger, als je ein Mensch auf der Welt; und von einer heftigen Schwermut ergriffen, kam eine gar schwere Krankheit über ihn, die ihm vollends den Schlaf raubte, so daß man ihn durch die besten Heilmittel, die man ihm einflößte, nicht zu heilen vermochte. Da ihn der Gram verzehrte, so erwartete man tagtäglich sein Absterben. Hierüber trugen alle Großen seines Landes Kummer und waren über die Maßen betrübt; sie kamen zusammen und beratschlagten miteinander und beschlossen, da die Ärzte ihrem Herrn das Leben nicht retten konnten, ihn, wenn es möglich wäre, mit Speisen hinzuhalten, bis die drei Brüder aus Indien zurückkehrten, wohin sie gereist waren, um den Spiegel zurückzuholen; denn sie glaubten zuversichtlich, daß von ihnen, die an Verstand Überflußhatten, ein Mittel gegen Behram-Gurs Krankheit würde gefunden werden.
    Als nun diese drei Brüder in Indien angekommen waren, ließen sie einen Tag, ehe sie zusammen mit den Großen des Kaisers, die sich in ihrer Begleitung fanden, in die Hauptstadt einzogen, seine Königin wissen, wie gemäß der früher getroffenen Abmachung zwischen Behram-Gur und ihr von diesem einige Männer ausgewählt worden wären, die zuversichtlich hofften, ein Rettungsmittel vor der Hand zu finden, die solch großen Schaden in ihrem Lande anrichtete, und wenn sie dies ausgeführt hätten, sollte man ihnen den Spiegel ausliefern, auf daß sie ihn ihrem Gebieter wiederbringen könnten. Deshalb befänden sie sich in der Nachbarstadt; und sie sollte das, was ihr genehm sei, befehlen. Als die Königin diese Nachricht erhalten hatte, erfüllte sie große Freude, so daß sie deswegen ein großes Fest veranstaltete und befahl, man sollte den Jünglingen mit einem großen Gefolge der Vornehmsten ihres Landes etwa zehn Meilen entgegenziehen. Vor der Königin angelangt, wurden sie fröhlichen Angesichts von ihr empfangen, dann in einen sehr prächtigen Palast geleitet, wo ihrer ein königliches Mahl wartete; und nachdem ihnen ihr Reisegewand ausgezogen war, setzten sie sich mit den Ersten der Königin zu Tisch. Und als sie sich hier in weisen Gesprächen verschiedenen Inhaltes ergangen hatten, verließen sie, da es schon zu später Stunde war und sie durch den langen Weg ziemlich ermüdet waren, mit gutem Urlaub die Großen der Königin, um sich auszuruhen. Nachdem sie sich am folgenden Morgen zeitig erhoben hatten, wurden sie von den Wesiren der Königin in deren Namen aufgesucht und mit den köstlichsten Weinen und prächtigen Speisen bewirtet. Sie wurden nunvon ihnen über die lange Dauer des Schadens aufgeklärt, den die Hand ihrem Lande zufügte, und erwiderten ihnen folgendes:
    »Der Kaiser Behram-Gur, der begierig ist, seinen Spiegel wiederzuerlangen, der nach dem zwischen ihm und eurer Königin abgeschlossenen Vertrage in

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