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Tausend und ein Tag - Orientalische Erzählungen

Titel: Tausend und ein Tag - Orientalische Erzählungen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anonymer Verfasser
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ihnen; die andern beiden aber sah er an seinem Schafte haften. Hierüber geriet er in große Verwunderung und stand ganz verwirrt und schmerzerfüllt da. Aber obwohl er es gesehen hatte, daß die Königin einen so guten Schuß gemachthatte, wollte er trotzdem ihrem Wunsche keinesfalls willfahren; und da er einsah, daß es seiner Ehre nicht anstünde, etwas Versprochenes unerfüllt zu lassen, gab er anderen Tages vor, von einer gewissen Krankheit ergriffen zu sein. Da nun die Königin, die weise und verständig war, ihn nicht belästigen wollte, verlangte sie von Stund an nicht von ihm, ihren Namen auf den Münzen zu sehen, sondern war ganz besorgt um seine Gesundheit. Nun ereignete es sich in jenen Tagen, daß aus einer Nachbarstadt des Reiches die Nachricht kam, eine große Anzahl Einhörner richte dort vielen Schaden an; da glaubte denn der König, der listig war, auf solche Weise könne er sich der Schuld, in der er bei seiner Gemahlin stand, entledigen. Und indem er sich ein wenig wohler zu fühlen vorgab, sagte er zur Königin, daß er, wenn er erst ganz gesundet sei, mit ihr dorthin reisen wollte, wo die Einhörner sich aufhielten, um zu sehen, auf welche Weise er die Gegend von ihnen befreien könnte. So ließ er denn nicht lange danach vernehmen, daß er seine frühere Gesundheit wiedererlangt habe, und folgenden Tages, als er nach seiner geheuchelten Krankheit aufgestanden war, ließ er seinen Großen verkünden, daß sich jeder in drei Tagen aus seinem Hause zu einem Befehle einzufinden habe, weil er nach der von den Einhörnern heimgesuchten Stadt verreisen wolle. Als nun zur angesagten Frist jedermann bereit war, machte er sich mit der Königin und seinem ganzen Gefolge auf den Weg, und die Beschwerden des Weges mit schönen und heitern Gesprächen vertreibend, kamen sie nach gar nicht langer Zeit in die Gegend, wo die Einhörner hausten. Nachdem man sich hier in einer der Städte zwei Tage lang niedergelassen hatte, um sich von den Mühen der Reise zu erholen, gab der König allen seinen Leuten, welche die benachbartenGefilde bewohnten, Befehl, Zelte aufzuschlagen, da er nicht mehr in der Stadt, sondern außerhalb verweilen wollte, um die Einhörner dieser Gegend zu jagen. Diesem Gebote kam jedermann sogleich nach; alle lagerten sich im Felde und ritten gemäß dem königlichen Befehle nach verschiedenen Seiten und töteten eine große Anzahl Einhörner mit Pfeilen. Eines Tages nun, als er sich mit der Königin im Felde aufhielt, sah er ein Männchen und ein Weibchen dieser Tiergattung; und weil der junge König sehr listig war, glaubte er, sich zur Stunde von der Verpflichtung, die er seinem Weibe gegenüber hatte, ihren Namen auf die Münzen zu prägen, befreien zu können. Und sich zu ihr wendend, sagte er: »O Weib, ich weiß, daß ich die Wette verloren habe, als wir mit Pfeilen nach dem Becken schossen, und daß ich deinen Namen auf die Münzen prägen lassen muß, aber der Krankheit, die mich damals überkam, und unserer plötzlichen Abreise in diese Gegend wegen habe ich meine Schuld bis jetzt nicht bezahlen können. Ich verspreche dir aber, wenn du es mit deiner Kunst derart einzurichten verstehst, daß das Männchen dieser Tiere, die wir da sehen, weiblich, das Weibchen aber männlich wird, dann will ich, sobald wir in unsere Königsstadt zurückgekehrt sind, keine andere Sache eher tun als die, wegen der ich wahrlich dein Schuldner bin!« Auf diese Worte antwortete die Königin, wenn er zu tun vermöchte, was er ihr zumutete, würde auch sie das von den Einhörnern Verlangte ausführen; und wenn das nicht geschähe, so wollte sie ihn seines Versprechens ihr gegenüber entbinden. Nun war der König über die Maßen erfreut und fröhlich und antwortete, er sei mit den festgesetzten Bedingungen einverstanden, nahm den Bogen zur Hand und schoß mit einem Pfeile das Tier, das nichtmännlich war, auf den Schwanz, und als es des schmerzenden Schusses wegen mit den Beinen in die Luft ausschlug, durchbohrte er ihm sogleich den Nabel mit einem zweiten Pfeile, der bis in die Mitte des Körpers eindrang, und das zurückbleibende Ende, das man von außen sehen konnte, glich dem männlichen Gliede eines solchen Tieres. Darauf schoß er unverzüglich mit einem Pfeile das Männchen an den Ort, an dem sich die weibliche Natur befinden würde, und der Öffnung der Wunde wegen ließ es sich mit einem Weibchen vergleichen. Und sich gegen die Königin wendend, sprach er: ›Nun ist es an dir, o Weib, den Beweis zu

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