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Tausend und ein Tag - Orientalische Erzählungen

Titel: Tausend und ein Tag - Orientalische Erzählungen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anonymer Verfasser
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den Possen, die der Bauer fortwährend in seiner Gegenwart mit dem Affen treiben mußte, ein heiteres Leben geführt hatte, erholten sich seine schwachen Kräfte völlig wieder, und er beschloß, in die Stadt zurückzukehren. Und er rief den Landmann vor sich und fragte ihn, wer ihm das Geheimmittel, mit dem er seine Gesundheit wiederhergestellt habe, gelehrt habe. Der antwortete, er kenne es seit langer Zeit; der König wollte es jedoch nicht glauben, da er ihm ein einfältiger Mensch von schlichtem Gemüt zu sein schien, und zwang ihn, die Wahrheit zu bekennen. Da gestand er ein, daß ihn dies eine Jungfrau, die in seinem Orte einen Herrn gesucht und zufällig in sein Haus gekommen sei, gelehrt habe. Nun befahl der König, der eine so große Wohltat empfangen hatte, dem Landmann sogleich, er sollte sie andern Tages nach der Stadt, wohin er zurückkehren würde, vor sein Angesicht bringen, auf daß er sie alle beide zufrieden und froh von sich in ihre Heimat zurückschicken könnte. Der Landmann kam dem Befehle des Königs nach, kehrte in sein Haus zurück und erzählte der Königin alles und ließ sie die besten Gewänder, die er auftreiben konnte, anziehen und führte sie andern Tags in das Gemach vor den König, ihren Gatten. Der aber betrachtete sie genau; und es schien ihm, daß sie der Königin,seiner Gattin, gänzlich gleiche. Er sprach zu ihr: »Sage mir aufs Wort, o kluge Jungfrau, wer und wessen Tochter du bist!« Hierauf antwortete sie: »Ich, o Gebieter, bin dein unglückliches Weib, das du den grimmigen Hunden, die nachts deinen Palast bewachen, hast vorwerfen lassen; du hast stets geglaubt, daß ich von denen aufgefressen wäre; die aber haben mich nicht angegriffen, sondern mich gar sehr umschmeichelt, weil ich ihnen seit der Stunde, wo ich dein Gemahl geworden war, Fressen zu geben und freundlich mit ihnen umzugehen pflegte. Dann bin ich durch eine Öffnung in dem Graben des Palastes aus der Stadt geflohen und habe mich in das Haus zu diesem guten Landmann begeben, der mich – ihm sei Dank dafür – an Tochter Statt annahm. Als ich hier nun kurze Zeit verweilte, kam die Nachricht von deiner Krankheit; und wie ich ernstlich darüber nachdachte, ihre Ursache zu ergründen, begann ich zu glauben, du hättest vielleicht deinen grausamen Spruch bereut, den du über mich verhingst, und wärest deswegen einer so schweren und gefährlichen Krankheit verfallen. Da ich nun erkannte, daß es keine andere Rettung für dein Leben gab, als dich froh zu machen, beschloß ich, die du zu einem grausamen Tode verurteiltest, dich aus der sichern Lebensgefahr zu befreien; und ich habe das Mittel, durch das du das verlorene Heil wiedergewännest, durch diesen guten Mann in Anwendung gebracht!«
    Bei diesen Worten der guten Königin konnte sich der König nicht der Tränen erwehren und umarmte die Jungfrau und bat sie um seines großen Fehlers willen um Verzeihung. Und da er von ihr sein Leben zurückerhalten hatte, nahm er sie als sein Weib an und ließ nicht nur ihres hohen und vornehmen Verstandes halber nach seinem Worte ihren Namenauf die Münzen prägen, sondern hörte auch in allen Geschäften des Reiches auf ihren Rat. Nachdem er ein herrliches Fest angeordnet hatte, weil er mit seinem Leben zugleich auch sein Weib wiedererlangt hatte, machte er dem Landmann den ganzen Ort, in dem er wohnte, zum Geschenk. Dieser aber sagte der Königin schönen Dank und kehrte, aus einem armen Landmann ein reicher Herr geworden, in großer Freude in sein Dorf zurück.«
    Große Freude und zugleich Verwunderung über die seltsamen Zwischenfälle erregte die von dem Geschichtenerzähler vorgebrachte Erzählung in Behram-Gur, und als er die List des Affen und das Mißgeschick der Gabelweih erfuhr, konnte er sich eines Gelächters nicht erwehren; und darüber waren seine Großen über die Maßen froh; und als sie sahen, daß ihr Fürst mit jedem Tage an Gesundheit zunahm, befahlen sie in seinem Namen, daß jeder am folgenden Tag, nämlich am Mittwoch, in den dritten Palast, der mit mancherlei Farben ausgeschmückt war, kommen sollte. Als nun das ganze Gefolge dem Befehle nachgekommen war, ließ sich der Kaiser, sobald es Tag geworden war, mit Kleidern angetan, die der Farbe des Palastes entsprachen, dorthin bringen. Und hier unterhielt sich Behram-Gur in ergötzlichen Gesprächen mit der Jungfrau, die er da vorfand. Wie er nun gespeist und ein wenig der Ruhe gepflogen hatte, hieß er den dritten Geschichtenerzähler vor sein

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