Tausend und ein Tag - Orientalische Erzählungen
wohlgefälliges Weib zu, finden. Er rief seinen Wesir vor sich und verkündete ihm das Verlangen des Jünglings; nachdem unter ihnen im geheimen die Ehe abgemacht worden war, verschoben sie ihre Bekanntgabe auf eine gelegenere Zeit. Den Jüngling nun, der das Mädchen heftig liebte, erfüllte darüber eine erstaunliche Freude, und nichts wünschte er sehnlicher, als bald die Hochzeit zu feiern. Da es Allah gefiel, wurde der König kurze Zeit danach von einer heftigen Krankheit ergriffen und starb für dieses Leben. Nach seinem Tode nun folgte ihm sein Sohn in der Herrschaft; als der alles vorgesehen hatte, was zur Ruhe der Stadt und seiner Untertanen nötig war, wurde die Vermählung mit einem Feste bekanntgegeben, und er führte die junge Braut in den Königspalast; und nachdem hier die Hochzeit feierlich gefeiert worden war, wollte er bei seinem Weibe liegen. »O Herr,« sagte dieses, »obschon ich weiß, daß ich dir zu gehorchen habe, und es billig ist, dir beizustimmen, will ich dir trotzdem, ehe ich zugebe, daß dudich zu mir legst, einen ehrbaren Wunsch vortragen. Und der besteht darin, du wollest zulassen, weil du mich zum Weibe genommen hast, neben deinen Namen den meinigen auf das Geld prägen zu lassen!« Diesem Begehren, das seiner Ehre schaden konnte, glaubte der König nicht nachkommen zu dürfen, und sprach zu ihr: »O Weib, wenn es einer der Könige, die meine Vorgänger im Reiche gewesen sind, getan hat, kannst du sicher sein, daß ich wegen meiner großen Liebe zu dir nicht allein solches, sondern noch viel größere Dinge tun werde; und kannst dich gar leicht davon durch Proben überzeugen. Weil das aber meines Wissens weder in diesem noch in einem andern Reiche Brauch gewesen ist, so gib dich zufrieden und entschuldige mich; denn da ich mehr auf die Ehre als auf irgendeine andere wichtige Sache achtzugeben habe, so kann ich dir deine Bitte nicht erfüllen!« Auf solche Worte aber antwortete sie: »O Gebieter, ich hätte wahrlich nicht geglaubt, daß du meine erste Bitte, die ich an dich getan habe, abschlagen würdest; weil ich aber daraus ersehe, wie wenig teuer ich dir bin, zumal du meinen ehrenwerten Wunsch nicht erfüllt hast, so wisse, ich will eher den Tod erleiden, als zugeben, daß du bei mir liegst. Denn wenn du, wie du gesagt hast, ein Auge auf deine Ehre haben mußt, so ist es billig, daß ich ebenso auf meine achte!« Diese Erklärung der Königin versetzte den König in sehr große Betrübnis, und er beschloß zu versuchen, ob er mit List bewerkstelligen könnte, daß sie von ihrem Begehren abstünde. Als er sich nun mit ihr eines Tages lange über seine Liebe zu ihr unterhalten hatte, sagte er: »O Weib, da du in Wahrheit mein Weib bist, aber nicht willst, daß ich Beilager mit dir halte, wenn ich nicht neben meinen auch deinen Namen auf die Münzen prägen lasse, so tust du mir damit großes Unrecht;damit du aber siehst, wie ich dir in allen Dingen gern zu Gefallen sein möchte, so will ich ihn wahrlich auf die Münzen prägen lassen,wenn du mit dem Bogen und Pfeil in der Hand die Probe nachtust, die du mich ablegen siehst!< Weil sie sich hinreichend auf das Bogenschießen verstand, da sie diese Kunst von Jugend an unablässig geübt hatte, war sie damit einverstanden und sagte es zum König. Er führte sie nun eines Abends nach dem Essen in ein geräumiges Gemach, an dessen Ende er ein nicht sehr großes Becken aufzustellen befahl, das er sie erst sehen ließ; hierauf sagte er, daß er drei Pfeile hineinschießen wollte, und ging mit ihr an das andere Ende des Gemaches. Und nachdem er Befehl gegeben hatte, daß die Lichter entfernt werden sollten, nahm er den Bogen zur Hand und schoß drei Pfeile hinein, und wenn sie das Becken trafen, hörte man deutlich den Klang. Als er solches getan hatte, nahm die Königin den Bogen zur Hand und schoß auch drei Pfeile ab, den Klang des ersten aber vernahm man, den zweiten und dritten Pfeil hörte man jedoch nicht auftreffen. Der König war über die Maßen zufrieden und fröhlich und meinte, daß der zweite und dritte Pfeil das Becken nicht getroffen hätten, und sprach zu sich selbst: >Nun bin ich ledig des Wunsches meiner Frau und werde hiernach nicht mehr von ihr belästigt werden, und sie kann sich nicht länger weigern, bei mir zu liegen!> Und er ließ die Lichter herbeibringen und sah seine drei Pfeile, die er hatte aufschlagen hören, an drei Stellen des Beckens haften, und den ersten, den die Königin geschossen, mitten zwischen
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