Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Tausend und ein Tag - Orientalische Erzählungen

Titel: Tausend und ein Tag - Orientalische Erzählungen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anonymer Verfasser
Vom Netzwerk:
ein, so gehe ich, wenn das Abendgebet beendet ist, und ich nicht mehr hoffen darf, daß jemand kommt, in die Moschee; wähle den mir am meisten Zusagenden aus, lade ihn ein, mir zu folgen und nehme ihn, so gut es mir eben möglich ist, auf. Nicht allein ist heute niemand zu mir gekommen, auch alle, die ich in der Moschee aufforderte, haben mir Gründe angegeben, die ihnen verboten, meiner Bitte nachzukommen. In meiner Hoffnungslosigkeit habe ich mich an den lieben Allah gewandt, er hat mich erhört, indem er mir, meinem Wunsche entsprechend, einen so angenehmen Gast wie dich sandte. Aber‹, fuhr er fort, ›es ist nicht recht, dich deines Verdienstes, das du damit erworben hast, einen so schwierigen Auftrag zu übernehmen, verlustig gehen zu lassen; ich will dich hier erwarten, du bittest deine Freunde um die Erlaubnis, sie verlassen zu dürfen, und kannst ihnen sagen, du fürchtetest, der Wein könne dir schlecht bekommen, und habest bereits zuviel getrunken. Und kommst dann zu mir zurück; du sollst das Vergnügen, das du mir bereitest, nicht bereuen! Ich schwöre dir beim hohen Allah, daß ich hier bis zu deiner Rückkehr warten will. Und ich baue auf dein Wort; in deiner Hand liegt es, ob ich hier die Nacht zubringen soll!‹ Dann ließ er sich auf einem Steine nieder: ›An ebendiesem Platze sollst du mich finden‹, wiederholte er ihm noch einmal und gab ihm ein Zeichen mit der Hand, daß er sich entfernen solle. Jahia hatte mehr und mehr Vertrauen gefaßt und konnte nicht umhin, zu sich selbst zu sagen: ›Ich muß Allah danken, einen so gütigen Menschen gefunden zu haben, der sich meiner so freundlich anzunehmen scheint!‹ Also nahm er Abschied von dem Scheich und sprach zu ihm: ›Sobald ich kann, werde ich zu dir zurückkommen, solches verspreche ich dir; auch will ich meinen Freunden nichts von der glücklichen Begegnung, die ich gehabt habe, erzählen, und gedenke, dich nicht mehr zu verlassen, dir den Rest meines Lebens zu widmen und deine Hände zu küssen, mich besser als bislang aufzuführen und mich für mein ganzes Leben deinem Dienste zu weihen, um würdig mit den Muselmännern ins Paradies einzugehen!‹ Nachdem er solche Worte ausgesprochen, verließ er ihn.
    Und er war bald bei seinen Freunden; seine erste Sorge nach seiner Ankunft war, ihre Gläser frisch zu füllen und die Krüge auf den Tisch zu stellen. Die Freude ob seiner Rückkehr war um so größer, als sie jede Hoffnung, ihn wiederzusehen, aufgegeben hatten. Sein Freund Mohammed, der von allen am unruhigsten gewesen war, war nicht der letzte, der ihn in die Arme schloß; man überschüttete ihn mit Lobreden und stellte ihn den größten Männern gleich. Welche Mittel sie jedoch anwandten, um ihn zum Platznehmen zu veranlassen, sie konnten ihn nicht dazu bewegen. ›Der ganze Lohn‹, sprach er zu ihnen, ›für den kleinen Dienst, den ich euch geleistet habe, sei die Erlaubnis, mich entfernen zu dürfen. Erstens bin ich etwas ermüdet, und zweitens waren einige meiner Freunde in der Schenke, in der ich war, und veranlaßten mich mit solcher Hast zu trinken, daß mein Kopf ein wenig schwer davon wurde; daher möchte ich mit eurer Erlaubnis gehen und mich bei meinem Freunde Mohammed ausruhen!‹ Nach langem Hin und Her stimmten sie seinem Fortgehen zu und sprachen um so viel weniger auf ihn ein, weil er vorgab, vom Weine benebelt zu sein; nicht so leicht freilich wurde es ihm, den Eifer seines Freundes zu beschwichtigen, der ihn begleiten wollte. Nachdem er sie verlassen hatte, begab er sich eiligst nach dem Platze, wo der Scheich zurückgeblieben war, der ihn auch seinem Versprechen gemäß dort noch erwartete. Von seiner Güte ganz benommen und entschlossen, sein Schüler zu werden, kniete er vor ihm nieder und küßte seine Füße. Der Scheich aber hob ihn auf und zog ihn mit solchen Worten an seine Brust: ›O mein Sohn, was tust du da?‹ Dann pries er seine Pünktlichkeit und nahm ihn bei der Hand. ›Laß uns alsogleich zum Kloster gehn!‹ sprach er zu ihm in unendlich liebevollem Tone. Sie gingen aus Skutari hinaus, und das Krankenhaus der Aussätzigen hinter sich lassend, kamen sie an einen von erstaunlich hohen Mauern eingefriedigten Garten, dessen Pforte der eines Königspalastes ähnlich war. ›Wir sind endlich im Kloster angekommen‹, sagte der Alte zu ihm, ›und haben nur noch Vergnügen zu erwarten!‹ Dann pochte er ans Tor; ein Mädchen fragte, wer klopfe, und öffnete auf die Stimme des Scheichs. Jahia war vor

Weitere Kostenlose Bücher