Tausend und ein Tag - Orientalische Erzählungen
Inmitten dieses göttlichen Gefolges bemerkte ich eine kostbar gekleidete Prinzessin, deren Schönheit ihren Schmuck um vieles überragte, sie verbreitete weithin den strahlendsten Glanz. Die Himmelsgeister würden sich vor sich selbst geschämt haben, wenn sie sie gesehen hätten; ihre Augen ähnelten denen eines jungen Hirsches, sie hatte ebenso schwarze Haare wie eine Inderin und eine so weiße Hautfarbe wie eine Griechin. Sie schritt mit ebensoviel Anmut wie Hoheit einher und ließ sich auf dem goldenen Throne nieder. Alsbald band sie ihren Schleier los, der bis auf ihre Schultern wallte, und alle Jungfrauen, die ihr folgten, blieben, den Sternen vergleichbar, vor dem schimmernden Monde stehen und harrten einzig auf die Befehle, die ihnen die Rose der Schönheit geben konnte. Auf den ersten Wunsch, den sie äußerte, richteten sie Tische her, die sie mit Süßigkeiten bedeckten; goldene und silberne Schüsseln erschienen in diesem Augenblicke von allen Seiten, und ihr Glanz wurde durch das Kristall wettgemacht, das die Getränke barg und dessen Funkeln dem der Diamanten Mogolistans glich. Einige der schönen Jungfrauen bestrebten sich, der Prinzessin zu dienen, andere schienen sich um die Ehre zu streiten, ihre Ohren durch die sanfteste und wohllautendste Musik zu entzücken. Sie hatten verschiedene Geräte, die sie so vollkommen spielten, daß selbst die Engel im Himmel ihre Harfen aus Eifersucht zerbrochen hätten. Indessen sagte die Schöne der Schönen, die zarte Rose, kein Wort; erlesene Weine und der Klang der Musikgeräte waren während einiger Zeit ihre einzige Unterhaltung. Endlich hob sie ihre schönen Augen, und sich gegen eine ihrer Jungfrauen wendend, sagte sie zu ihr mit ihrer klingenden und herrlichen Stimme: ›Eile sogleich durch den Garten; wenn du dort einen Fremden siehst, führe ihn vor mich.‹ Nachdem die Jungfrau sich tief vor der Prinzessin verneigt hatte, verließ sie ihren Platz und eilte durch den Garten wie ein leichter Wind, der den Blumen und Früchten Leben gibt. Sie machte mehrere vergebliche Wege, aber endlich fand sie mich am Fuße der Pappel, die ich nicht verlassen hatte, und näherte sich mir, grüßte mich und sprach zu mir: ›Erhebe dich, o Fremdling, die Prinzessin verlangt nach dir!‹ Ich aber gehorchte auf der Stelle und folgte ihr und kam alsbald vor dem Throne der Prinzessin an. Ich versicherte ihr, ich würde mich glücklich schätzen, wenn ich der Letzte ihrer Sklaven sein dürfte; dann legte ich meine Arme kreuzweis vor die Brust, blieb vor der göttlichen Schönheit stehen und wagte sie nicht zu betrachten; das Erstaunen, das mir ihre Reize verursachten, brachte mich außer mir. Die Prinzessin unterließ es nicht, mich bald mit unendlicher Lieblichkeit anzureden und mir alle Beweise der Höflichkeit und Freundschaft zu geben. ›Nimm Platz auf dem Ruhebette; sei versichert, daß wir die Fremden nicht gering achten, die so viel Liebenswürdigkeit und Geist wie du zu haben scheinen!‹ Ihre Worte schienen so aufrichtig gemeint zu sein, daß ich ihr gehorchte. Dann ließ sie mir einen Becher voll eines so köstlichen Getränkes reichen, daß ich mich wie neugeboren fühlte, als ich ihn geleert hatte. Mühelos vergaß ich alle düsteren Vorstellungen, die man mir gemacht hatte, um mich daran zu hindern, solch einen schönen Ort zu sehen. Die Prinzessin ließ die Musik von neuem beginnen; die Lautenschlägerinnen scharten sich um sie herum; ihre Flöten und ihre Lauten zwangen mich, sie alle Augenblicke mit meinem Beifall zu unterbrechen; ihre Rebals flößten Liebe ein, und ihre Harfen schienen zu einer stummen Freundschaft einzuladen; während dieser Zeit ließen zwei junge Sklavinnen goldene Kelche voll erlesenen Weines umhergehen. Und bald hernach erhoben sich die Schönen und tanzten mit so viel Anmut und Kunstfertigkeit, wie sie sie in ihrer Musik gezeigt hatten. Bald unterbrachen sie sich, indem eine auf das Wohl der anderen trank, bald, indem sie sich tausend süße und üppige Küsse gaben. Der Wein verlieh ihnen bald eine angenehme Röte, die sie noch schöner machte und die Weiße ihres Busens hob. Der Kopf dieser schönen Jungfrauen war mit sanft über ihre Ohren geneigten Mützen geziert, und unaufhörlich gaben oder empfingen sie tausend zärtliche Küsse. Freude und Vergnügen schienen ständig in ihren Herzen zu wohnen; sie füllten die Luft mit allen Tönen an, die süße Freude und Zufriedenheit des Genusses ausdrücken können, und in all ihrem
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