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Tausend und ein Tag - Orientalische Erzählungen

Titel: Tausend und ein Tag - Orientalische Erzählungen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anonymer Verfasser
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Hoffnungen, welche mir die Erinnerungen des Vorabends für diesen Abend gewähren konnten; solche Gedanken flogen an meinem Geiste wechselvoll und schnell vorüber, wie die Gewässer des Baches, dessen Murmeln mich unterhielt, ohne mich zu beschäftigen. Bald wähnte mein Herz schier den Gipfel des Glückes zu erreichen, bald entfernte es sich von ihm und sah mit Furcht unüberwindliche Hindernisse voraus. ›O großer Allah,‹ sprach ich bei mir selbst, ›ich bin im Hafen der Glückseligkeit gelandet; mühelos habe ich einen großen Schatz gefunden. Aber ach, ich kann ihn nicht benutzen und habe vielleicht diesen Quell, der überreich des Weines ist, nur wie gemeines Wasser und ohne Geschmack gekostet‹; tausend Gedanken regten meinen Geist unaufhörlich auf. Nachdem ich die Augenblicke gezählt und mir eine Geduld auferlegt hatte, die sich durchaus nicht einstellte, sank endlich die Nacht herab, und ich sah die Fackeln erseheinen, deren strahlendes Licht die ganze Welt hell machen mußte. Ich war wie außer mir; als ich die Königin der Schönen, der ihr reizender Hofstaat vorausging, erscheinen sah, und beeilte mich, ihr sofort zu Füßen zu stürzen. Die göttliche Schöne erwies mir noch mehr Güte und Liebe als am Vorabend und wollte durchaus, daß ich mich auf ihrem Throne ihr zur Seite niedersetzen sollte, und ich sah mich genötigt, ihr zu gehorchen; Man richtete die Tafel her, man reichte die Becher dar, und die Königin der Schönen trank selbst auf meine Gesundheit. Diese neue Gunst ließ mich alsbald zu ihren Füßen niedersinken; ich konnte die Liebe, die mich verzehrte, nicht mehr zurückdrängen und beschwor sie, mir eine ihrer Hände zu reichen, um durch dieses Labsal die Glut zu löschen, die in meinem Herzen entbrannt war. Darauf aber warf mir die liebenswerte Prinzessin einen feurigen Blick zu, den ein reizendes Lächeln begleitete, und gab durch dieses beredte Schweigen zu erkennen, daß ich ihr nicht gleichgültig war. In derselben Zeit bot sie mir ihre Wange zum Kusse dar. Ich fand sie mit Rosen und Lilien besät, und meiner Gefühle nicht mehr Herr, riß ich sie an mich und küßte ihr nicht nur die Wangen, nein auch die Lippen, die röter waren denn Korallen. Ein so großes Glück brachte mich von Sinnen, ich sagte ihr ohne Scham und Rückhalt alles, was mir grenzenlose Liebe und Verlangen eingeben konnten. ›O Königin der Verliebten,‹ sprach ich zu ihr, ›wie wohltätig bist du zu einem Fremden, der deiner Güte nicht würdiger ist als ich! Aber was rede ich? Ich nenne dich wohltätig, während du doch die Wohltat selber bist. Vielleicht drücke ich mich noch zu schwach aus. Wer bist du denn, o Schöne der Schönen? Bist du ein Engel oder ein göttliches Wesen? Bist du die Sonne oder ein glitzernder Stern des Himmelszeltes? Befriedige eine so berechtigte Neugier, ich beschwöre dich!‹ Die Prinzessin erhob dann das Haupt mit allen Reizen und aller mögliehen Anmut und sprach zu mir: ›Mißbrauche meine Güte nicht, ich rate dir gut!‹ ›Nein, o schöne Königin; heißt es sie mißbrauchen, wenn man sie fühlt und ihrer wert sein will?‹ Dann gab sie mir ihre rechte Hand, und mich mit einem Gesichte voller Sanftmut und Huld anschauend, legte sie die Linke um meinen Hals und sagte zu mir: ›Du gefällst mir, mäßige dich aber immer mir gegenüber.‹ Dann brachte man köstliche Weine herzu und die ausgesuchtesten Speisen; die Kristallgläser glichen Narzissen; man ließ sie kreisen, und sie erregten Frohsinn in den Herzen aller dieser Sonnen der Schönheit. Sie bedeckten sich mit kostbaren Gewändern und führten Tänze und Sangeschöre auf, und die Spielerinnen ließen ebenso reizende wie mannigfaltige Weisen ertönen. Alle diese schönen Jungfrauen aber tranken beständig, erhitzten sich bald und verloren endlich Kraft und Vernunft und gingen beiseite, um sich etwas auszuruhen. Als die Königin der Schönen nun allein mit mir war, gab sie mir tausend Küsse. ›Nun ist eine schöne Gelegenheit da,‹ sagte ich zu mir selbst, ›ich wußte mich gestern zu beherrschen und habe gehorcht; jetzt will man meine Geduld belohnen.‹ Diese Hoffnung, die meinem Herzen schmeichelte, ließ mich meine Bitten wieder aufnehmen. Ich warf mich ihr noch einmal zu Füßen, umarmte sie innig und begleitete diese stummen Liebesbeteuerungen mit tausend heißen Seufzern; bald kannte ich mich selbst nicht mehr; doch brach ich endlich das grausame Schweigen. ›Ach, wenn es möglich wäre,‹ sprach

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